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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornell Woolrich
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brauchst du dir
keine Sorgen zu machen, Dave, ich kenne ihn zu gut. Und so wie jetzt können wir
doch nicht weitermachen. Es ist besser, wenn er es von uns erfährt, als wenn er
es selber herausfindet. Er wird wahrscheinlich was ganz anderes vermuten, wird
es für sich behalten, darüber brüten und es mir übelnehmen, wenn wir es ihm
nicht erklären. Ich weiß genau, daß er mir an dem Abend, als ich dir bei der
Zimmersuche geholfen habe, nicht geglaubt hat, daß ich im Kino war. Und wenn er
abends nach Hause kommt, bin ich immer so durcheinander und aufgeregt — es ist
schon ein Wunder, daß er bis jetzt noch nichts gemerkt hat. Ich fühle mich
schuldig, als wäre ich — eine untreue Ehefrau oder sowas .« Sie lachte verlegen, als wolle sie sich bei ihm für diesen Vergleich entschuldigen.
    Was meinte sie damit?
    »Hast du ihm überhaupt schon von mir
erzählt ?«
    »Du meinst, ganz am Anfang? Ja, ich hab
ihm erzählt, daß du ein paar Unannehmlichkeiten hattest, aber dann hab ich
Idiot so getan, als hätte ich dich aus den Augen verloren und wüßte nicht, wo
du dich aufhältst.«
    Es war doch ihr Bruder gewesen, von dem
sie das erzählt hatte!
    Der Mann, der zusammen mit ihr dort
droben saß, bestätigte diesen Gedanken von Stapp sofort. »Ich weiß, es ist hart
für dich, Schwesterchen. Du bist schließlich glücklich verheiratet. Ich hab
kein Recht, hier aufzutauchen und dir alles kaputtzumachen. Niemand ist stolz
darauf, einen Knastbruder, einen entlaufenen Zuchthäusler zum Bruder zu haben...«
    »David«, hörte er nun wieder sie, und
selbst durch den Fußboden klang so viel Ernst in ihrer Stimme mit, daß er
beinahe vor sich sah, wie sie sich über den Küchentisch zu ihm vorbeugte und
ihre Hand beruhigend auf seine legte. »Ich würde alles für dich tun, das
solltest du mittlerweile gemerkt haben. Du hast Pech gehabt, weiter nichts.
Natürlich hättest du nicht tun dürfen, was du nun mal getan hast, aber
verschüttete Milch läßt sich nicht wieder aufsammeln .«
    »Ich denke, ich muß wohl doch zurück
und den Rest absitzen. Sieben Jahre, Fran, noch sieben Jahre meines Lebens...«
    »Aber so hast du überhaupt kein Leben !«
    Würden sie jetzt solange über das Leben
reden, bis es zu spät war? Neunzehn vor drei. Noch eine Viertelstunde und vier
Minuten!
    »Bevor du irgendwas unternimmst, gehen
wir in die Stadt und reden mit Paul darüber .« Ein
Stuhl wurde zurückgeschoben, dann der andere. Er hörte Geschirr klappern, als
türmten sie alles aufeinander. »Ich wasche ab, wenn ich zurückkomme«, meinte
sie.
    Wollten sie etwa wieder gehen? Würden
sie ihn hier zurücklassen, allein, jetzt, wo ihm nur noch ein paar Minuten
blieben?
    Ihre Schritte waren nun in der Diele zu
hören, hielten einen Augenblick inne. »Ich möchte nicht, daß du am hellichten
Tag mit mir auf der Straße gesehen wirst. Du könntest Schwierigkeiten kriegen.
Ruf ihn an und sag ihm, er soll herkommen !«
    Ja, ja, jammerte Stapp. Bleib bei mir!
Bleib!
    »Ich hab keine Angst«, erklärte sie
tapfer. »Ich möchte nicht, daß er jetzt den Laden verlassen muß, und am Telefon
kann ich ihm das nicht erzählen. Einen Moment, ich hol nur schnell meinen Hut .« Ihre Schritte entfernten sich kurz von seinen, schlossen
sich ihnen dann wieder an.
    In panischer Angst tat Stapp das
einzige, was ihm noch einfiel. Er schlug fest mit dem Kopf gegen das dicke
Rohr, an das er angebunden war.
    Ein blaues Flammenmeer flackerte vor
seinen Augen auf. Er mußte eine Stelle erwischt haben, an der ihn schon die
Einbrecher getroffen hatten. Der Schmerz war so fürchterlich, daß er wußte,
diesen Versuch konnte er nicht wiederholen. Aber irgend etwas mußten sie gehört
haben, ein dumpfer Laut oder ein Widerhall mußte durch das Rohr nach oben
gedrungen sein. Er hörte, wie sie einen Moment innehielt und fragte: »Was war
das ?«
    Und der Mann, der offenbar weniger
hellhörig war als sie und, ohne es zu wissen, drauf und dran war, ihn zu töten,
erwiderte: »Was? Ich hab nichts gehört .«
    Sie verließ sich auf ihn und ging zur
Garderobe, um sich ihren Mantel zu holen. Dann zogen sich ihre Schritte ins
Wohnzimmer zurück und schließlich bis in die Küche. »Warte mal eben, ich will
nur nachsehen, ob die Hintertür zu ist. Auch wenn es eh schon zu spät ist.«
    Sie kam noch einmal, ein letztes Mal,
nach vorn, die Haustür wurde geöffnet, sie ging hinaus, der Mann folgte ihr,
die Tür fiel ins Schloß, und sie waren weg. Draußen ertönte das leise

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