Das Ferienhaus der Liebe
Nach Begleichen der Rechnung hatte er sie, Polly, unsanft zum Auto geführt und ihre Sammlung Tragetaschen auf dem Rücksitz verstaut, wobei er bissige Bemerkungen darüber machte, wie viel Krempel sie mit sich herumschleppte.
Chantal oder Helena hätte er niemals so grob behandelt, dachte Polly pikiert. Nein, denen hätte er höflich beim Einsteigen geholfen und dafür gesorgt, dass sie es bequem hatten, und ihnen das -
vermutlich spärliche - Gepäck getragen. Bestimmt hätte er ihnen nicht gesagt, endlich einzusteigen und aufzuhören, sich zu beklagen.
“Wie findest du es?” Simon führte sie in ein geräumiges Wohnzimmer, das mit schlichter Eleganz eingerichtet war, wie Polly sie bisher nur in Wohnzeitschriften gesehen hatte. Alles war tadellos, jedes Bild hing am idealen Platz, alle Stoffe waren sorgfältig ausgesucht und aufeinander abgestimmt, um die beste Wirkung zu erzielen.
Kritisch sah Polly sich um. “Ich bevorzuge Räume, die bewohnt ausgehen”, verkündete sie. “Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, hier auf dem Sofa zu liegen, Eis zu essen und fernzusehen.”
“Das liegt daran, dass es als Zimmer geplant ist, in dem man intelligente Gespräche führt”, erwiderte er, verstimmt über ihren Mangel an Anerkennung.
“Man muss es doch nicht ungemütlich haben, um sich zu unterhalten.” Polly setzte sich auf eins der großen, mit cremefarbenem Leinen bezogenen Sofas und zog die Beine hoch. “Wo suhlt ihr euch denn herum, wenn euch danach zu Mute ist?”
Sie streckte sich genüsslich aus, und Simon erinnerte sich unwillkürlich daran, wie weich und warm sich ihr Körper anfühlte.
Rasch verdrängte er den Gedanken und schob ihre Füße nachdrücklich vom Sofa. “Helena und ich haben Besseres zu tun, als uns
,herumzusuhlen’, wie du es nennst”, sagte er scharf und rückte eins der Kissen zurecht.
“Zum Beispiel dafür zu sorgen, dass die Sofakissen habt Acht stehen?”
Er presste kurz die Lippen zusammen. “Helena und ich könnten uns in dem Tohuwabohu, das deinen natürlichen Lebensraum darstellt, nicht entspannen.”
“Na schön, ich bin nicht der ordentlichste Mensch der Welt”, gab Polly sorglos zu. “Ich lebe lieber gemütlich im Durcheinander, als mich dauernd angespannt zu fragen, ob ich wohl die Füße hochlegen darf.”
Sie stand auf und ging zur verglasten Tür. “Was ist da draußen?”
“Die Terrasse.” Simon schloss die Tür auf und öffnete sie, dann gingen sie hinaus in den Schatten einer üppig mit Wein bewachsenen Pergola. Im Gegensatz zu drinnen herrschten hier leuchtende Farben vor, denn in unzähligen Töpfen standen üppig blühende und sich rankende Pflanzen.
“Ach, du liebes bisschen!” sagte Polly gespielt besorgt. “Du musst unbedingt ein ernstes Wort mit dem Gärtner reden, Simon. Während du nicht hier warst, hat er alles vernachlässigt. Sieh mal, die Blumen wachsen, wie sie wollen! Sollen wir die Töpfe nicht schön akkurat in eine Reihe rücken und die Pflanzen stutzen, damit sie ordentlich und adrett aussehen?”
“Sehr witzig!” sagte Simon kühl.
Lächelnd ging sie einige ausgetretene Stufen hinunter und gelangte in einen sonnendurchfluteten Garten, den knorrige Olivenbäume mit silbergrünem Laub umgaben. Zikaden zirpten, und es duftete nach Mimosen. Sie schloss die Augen, wandte das Gesicht der Sonne zu und seufzte glücklich.
“Ja, das ist genau die Umgebung, in der ich mich wohl fühle”, meinte Polly.
Von der Terrasse aus beobachtete Simon sie missmutig. Wie hatte er nur vergessen könne, wie entnervend Polly war? Er hatte das ungute Gefühl, seine brillante Idee, Polly Helenas Stelle einnehmen zu lassen, könnte sich als schwere Fehlentscheidung herausstellen. Wenn er sich nach einem Vormittag in ihrer Gesellschaft schon so gereizt fühlte, wie würde es ihm dann erst nach zwei Wochen gehen?
Sie pflückte einen kleinen Zweig Lavendel und atmete genießerisch den Duft ein. Gerade als Simon sich dachte, sie würde von Minute zu Minute unerträglicher, sah sie zu ihm auf und lächelte entschuldigend, weil sie ihn vorher aufgezogen hatte.
“Es ist wirklich zauberhaft schön hier”, sagte sie.
Ihr Haar glänzte in der Sonne, und ihre nackten Schultern schimmerten. Sie trug Jeans und ein ärmelloses Top, und plötzlich stellte Simon sich lebhaft vor, wie es sich anfühlen würde, ihr die Hände über die warme Haut gleiten zu lassen.
“Komm mit, und sieh dir das obere Stockwerk an”, sagte er schroff.
Von einem hellen
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