Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1

Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1

Titel: Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
Vom Netzwerk:
nichts.«
    Die vier sahen einander nur an und nickten. Sie waren die vier einzigen Kinder unter fast zweihundert Erwachsenen. Das überstand man nur, wenn man zusammenhielt und Geheimnisse für sich behalten konnte.
    Im Treibhaus war es feucht-warm und ein wenig stickig. Außerdem stank es nach Hühnermist. Die Hühner, die es gewohnt waren, sich ungestört in dem Gras zwischen den Apfelbäumen zu bewegen und nach Futter zu picken, scharten sich jetzt ärgerlich gurrend um ihren Stall und äugten ungehalten hinüber zu den beiden Eindringlingen, die ihre beschauliche Ruhe störten.
    Einer der Eindringlinge war Carl, angetan mit einem Schurz und bewaffnet mit einer Baumschere. Er hing im Geäst eines Baums und zwickte die Äste ab, auf die Mrs Dumelle deutete.
    Mrs Dumelle war Mitte fünfzig und hatte einen überaus strengen Blick, und obwohl sie im Allgemeinen sehr umgänglich war, konnte sie auch überaus unangenehm werden, wenn man nicht tat, was sie wollte. Auf der Erde war sie einmal Professorin für internationales Recht und Weltraumrecht an einer kanadischen Universität gewesen, hatte dann einen Raumfahrttechniker geheiratet und war mit ihm auf den Mars übergesiedelt. Seither pflanzte sie Bäume, Sträucher und, in einem Winkel eines Treibhauses, das Mister Pigrato noch nie zu Gesicht bekommen hatte, Blumen. Sie war so etwas wie die Hüterin aller Treibhauszelte.
    »Nein, nein, nicht den! Den daneben. Ja, genau. Weg damit.«
    Carl schnitt den Zweig ab, und Mrs Dumelle fing ihn auf. Die kleinen Äste, die vom Beschneiden übrig blieben, wanderten meistens in die Papiermaschine. »Mrs Dumelle? Kann ich Sie mal was fragen?«
    »Wenn du den kleinen Ast da vorne noch abschneidest, von mir aus.«
    »Das Recht auf Freizügigkeit« – dafür, dass der Ast so klein war, leistete er reichlich Widerstand –, »ist doch ein Grundrecht des Menschen, oder?«
    »Ganz recht. Ja, den da meine ich. Und – weißt du auch, was Freizügigkeit bedeutet?«
    »Das Recht, seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.« Auweia, diese Definition war ihm ums Haar nicht mehr eingefallen. Dabei würde das in der Prüfung sicher drankommen.
    »Gut. Ich glaube, du kannst jetzt herunterkommen, mit dem Baum sind wir fertig. Der hier drüben sieht noch schlimm aus.«
    Carl kletterte zurück auf den Boden. »Gilt das auch für den Mars?«, fragte er. »Ich meine – könnte die Regierung theoretisch verlangen, dass wir auf die Erde zurückkehren?«
    Mrs Dumelle wischte sich die Haare mit dem Handrücken aus dem Gesicht und sah zu den Wipfeln hoch. »Weißt du, ab und zu muss ich immer noch staunen, wie groß Bäume hier auf dem Mars werden, in dieser geringen Schwerkraft. In unserem Garten in Quebec hatten wir Apfelbäume, die waren kaum größer als wir selbst.«
    Sie sah ihn an. »Hast du einen bestimmten Grund, dass du mich das fragst?«
    Carl zögerte. Er wagte es nicht, etwas zu sagen, was bei eingehender Nachfrage zu dem Geständnis führen musste, dass er eine interne Besprechung von Mister Pigratos Stab belauscht hatte. »Ich würd’s einfach nur gerne wissen«, sagte er.
    »Einfach so. Aha«, entgegnete Mrs Dumelle mit einem rätselhaften Gesichtsausdruck und nickte. »Nun, das ist nicht so einfach. Um die erste Frage zuerst zu beantworten – ja, auch wir genießen das Recht auf Freizügigkeit. Wir leben zwar auf dem Mars, aber wir sind Bürger der Erde – der Föderation der Staaten der Erde, um genau zu sein – mit allen Rechten und Pflichten. Das heißt zum Beispiel, dass wir auf die Erde zurückkehren dürfen, wenn wir das wollen. Beziehungsweise in deinem Fall, dass du dort hinreisen darfst – du warst ja noch nie dort.«
    Carl sah zu den Hühnern hinüber, die den Blick grimmig erwiderten. Hinter dem Hühnerstall begann gleich die endlose, rotbraune Marswüste, über dem eine mild leuchtende Sonne hoch an einem Himmel von zartem Hellgelb stand. Alles, was sie von der unwirtlichen Umgebung trennte, war eine klare, leicht spiegelnde Folie, dünner als ein Blatt Papier und in Form gehalten nur von dem Überdruck, der im Treibhaus herrschte.
    »Ja, das habe ich verstanden«, nickte er. »Aber was ich wissen wollte, ist, ob man mich zwingen könnte.«
    Sie sah schräg in die Luft. Es schien ihr zu gefallen, wieder einmal nach derlei Dingen gefragt zu werden. »Grundsätzlich kann das Recht auf Freizügigkeit durch Gesetze eingeschränkt werden wie alle Freiheitsrechte. Erlaubte Gründe wären unzureichende Lebensgrundlagen, Schutz

Weitere Kostenlose Bücher