Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1
»Ich nehme an, für den Augenblick ist damit alles gesagt. Kommt, Kinder.«
»Wer hat denn nun Recht?«, fragte Ariana. »Du oder die Ärzte, die Pigrato gefragt hat?«
Sie saßen alle in der Wohnung der Faggans um den Tisch herum, tranken Kaffba, knabberten Kekse und hielten Kriegsrat.
»Das weiß ich nicht«, sagte ihr Vater. »Die Namen sagen mir nichts. Ich weiß nicht einmal, ob diese Leute sich überhaupt mit Weltraummedizin auskennen.« Er nahm dankend eine Tasse Kaffba entgegen. »Ich werde mich natürlich erkundigen, das ist klar.«
»Aber Pigrato kann Elinn doch nicht zwingen, zur Erde zu gehen, nur auf Grund von dem, was irgendwelche Ärzte sagen, die sie nie im Leben gesehen haben?«, fragte Carl.
»Elinn ist ihm im Grunde egal«, sagte seine Mutter. »Aber wenn sie bleibt, müssen wir mehr oder weniger alle bleiben. Dann kann die Marssiedlung nicht aufgelöst werden.«
»Was mir Sorgen macht, ist, dass es hier um Geld geht«, sagte Dr. DeJones. »Um sehr, sehr viel Geld.« Er rührte nachdenklich in seiner Tasse. »Man weiß nie, was Leute tun, wenn es um viel Geld geht.«
Weitere zwei Tage später saßen sie wieder im Kartenraum, wieder in der gleichen Runde, nur dass diesmal Dr. DeJones um das Treffen gebeten hatte. Pigrato hatte seinen ganzen Stab dabei, Dipple, Farukh und die Frau, Cory MacGee, die mit verschränkten Armen im Hintergrund stand und zusah, als habe ihr jemand befohlen, den Mund zu halten.
»Nun?«, eröffnete Pigrato die Besprechung in bissigem Ton. »Was haben Sie vorzuweisen?«
Dr. DeJones holte Luft. »Sagt Ihnen der Name Hung Huang-Fu etwas?«
Pigrato grinste dünn. »Nur, dass es vermutlich ein Chinese ist.« Seine Begleiter grinsten ebenfalls, bis auf die Frau.
»Richtig. Professor Hung leitet die Universitätsklinik von T’ainan. Er hat den Nobelpreis in Medizin 2079 erhalten. Übrigens für seine Forschungen über den Zusammenhang zwischen der Atmung und dem Alterungsprozess. Wenn es auf der Welt einen Fachmann für Lungenerkrankungen gibt, dann ist er es.«
Es war fast amüsant, zu sehen, wie die Farbe aus Pigratos Gesicht wich. »Einen Nobelpreisträger?« Er krächzte fast. »Sie haben einen Nobelpreisträger um ein Gutachten gebeten?«
»Ja«, sagte Dr. DeJones einfach. »Und nun passen Sie mal gut auf.«
Er stand auf, ging zum Bildschirm, rief seine E-Mails auf, wählte eines davon an und rief es auf. Es war ein Videomail. Ein schmaler, alter Chinese mit ungewöhnlich buschigen Augenbrauen erschien auf dem Schirm, und in dem Augenblick, als die Erdlinge ihn sahen, erkannte jeder von ihnen das Gesicht wieder. Gesehen hatten sie ihn alle schon. Pigratos erschrockenes Einatmen war zu hören.
»Ich grüße Sie, Dr. DeJones«, begann der alte Mann ohne Umschweife. Ganz offensichtlich war er jemand, der es gewohnt war, rasch und zielstrebig zu handeln und keine unnötigen Worte zu verlieren. »Ihrer Bitte komme ich gern nach, und ich denke, es wird Ihnen helfen, diese Aufnahme den zuständigen Stellen vorzuspielen, was ich Ihnen hiermit ausdrücklich erlaube.« Er griff zur Seite und nahm einen Stapel Unterlagen auf den Schoß. »Nehmen wir zuerst einmal die Gutachten, die Sie mir geschickt haben. Es tut mir Leid, dass ich sie zum Lesen ausgedruckt habe, denn sie sind das Papier nicht wert. Egal, was ich herausgreife, ich finde nur hanebüchenen Blödsinn. Zum Beispiel Dr. Kenyon Brant hier. Soweit ich mich erinnere, verdankt er seinen Posten im medizinischen Dienst des Marsprojekts der Fürsprache seines Bruders, Senator Grayson Brant, nachdem er sich vergeblich um eine Professorenstelle an der Raumfahrtakademie von Houston beworben hat. Falls er sich überhaupt mit etwas auskennt, dann mit Knochenbrüchen und Verrenkungen. In diesem Traktat hier beweist er jedenfalls, dass er nicht einmal die Grundlagen der Lungenfunktion begriffen hat. Der dümmste meiner Studenten versteht mehr davon. Also, weg damit.« Er ließ die Blätter achtlos zu Boden fallen, wo sie sich in alle Himmelsrichtungen zerstreuten, nahm das nächste Gutachten zur Hand und schaute darauf. »Ah, Dr. Felix Kossuth. Tiefstes zwanzigstes Jahrhundert, kein weiteres Wort wert.« Der nächste Stapel Blätter segelte davon. »Hier haben wir Dr. Li Ho, der sich damit blamiert, die verschiedenen Gruppen atemaktiver Moleküle zu verwechseln. Abgesehen davon, dass ihm der Unterschied zwischen Schwerkraft und Luftdruck nicht ganz klar zu sein scheint. Und so weiter, und so weiter. Von den sieben
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