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Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1

Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1

Titel: Das ferne Leuchten - das Marsprojekt ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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durch den Gang, der am Fuß des Ringwalls ins Freie führte.
    Phobos und Deimos standen am Himmel, dicht beieinander über dem Horizont, kleine, helle Lichtpunkte, von denen einer sich so rasch bewegte, dass man beinahe zusehen konnte. Der Himmel war strichweise klar wie so oft in den Frühlingsnächten und die Sterne der Milchstrasse leuchteten auf sie herab, wie sie schweigend dahinstapften, einer hinter dem anderen, vorbei an Steinbrocken, deren Umrisse kaum zu erahnen waren, und durch einen Sand, der jetzt aussah wie schwarze Asche.
    Jeder von ihnen hörte nur seinen eigenen Atem, der im Inneren des Helms widerhallte. Zwei Kilometer? Bei Nacht schienen es zehnmal so viele zu sein. Andauernd stolperte man über kleine Steine, die in der Dunkelheit nicht zu sehen waren, und niemand hörte einen, wenn man aufschrie.
    Bei Nacht war noch keiner von ihnen jemals draußen gewesen. Es machte Angst, nichts zu sehen oder jedenfalls nicht viel. Und natürlich dachte jeder darüber nach, ob man sie erwischen würde, ob es gut gehen würde, was sie taten. Sie marschierten in dem Bereich, der außerhalb der Sensoren von AI-20 lag. Aber sicher konnte man sich nicht sein, wenn man nichts sah. Vielleicht gab die Künstliche Intelligenz inzwischen schon Alarm. Vielleicht würden im nächsten Augenblick die Flugboote mit grell lodernden Triebwerken über dem Ringwall auftauchen.
    Doch je länger sie marschierten, desto mehr ließ diese Angst nach. Sie waren noch nie bei Nacht draußen gewesen – und was hatten sie dadurch verpasst! Der Ascraeus Mons erhob sich zu ihrer Rechten und schimmerte im Licht der Sterne wie ein kostbarer dunkler Edelstein. Zart leuchtende Staubbänder umschlangen die Sterne am Himmel, umloderten den Gipfel des vor Jahrmillionen erloschenen Vulkans, wehten unendlich langsam dahin wie stolze, endlos große Fahnen. Ein perlmuttfarbener Schimmer lag über der weiten Wüste, ein Hauch nur, aber er verzauberte alles, ließ den vertrauten Mars aussehen wie eine fremde, geheimnisvolle Welt.
    Ob in der alten Station Licht eingeschaltet war oder nicht, machte sich in der Energiebilanz der Siedlung nicht bemerkbar, auch nicht bei Nacht, wenn der Energieverbrauch niedriger und vor allem sehr gleichmäßig war. Anders war das bei den fünf Minuten, die die Atmosphärenpumpe gebraucht hatte, um die Kammer der alten Schleuse leer zu pumpen. Die hierfür verbrauchte Energie zeichnete sich in dem entsprechenden Diagramm auf einem der Monitore im Maschinenleitstand als deutliche Zacke ab.
    Diese Zacke wanderte langsam von links nach rechts über die ansonsten flache Linie. Die Monitoranlage war so beschaffen, dass man jeden angezeigten Wert in seine Detailwerte zerlegen konnte. Ein Befehl an das Leitsystem, und auf dem Monitor erschien eine schematische Darstellung der Siedlung mitsamt der großen Hauptversorgungsleitungen, deren Farbe anzeigte, wie viel Energie durch sie floss, und ein weiterer Befehl brachte Aufschluss darüber, wo diese Energie im Einzelnen verbraucht wurde. Wenn man diesen Befehl gegeben hätte, hätte man im Handumdrehen gemerkt, dass in der alten Station irgendetwas los war. Man hätte die Handbücher hervorgeholt – oder die Künstliche Intelligenz befragt – und erfahren, dass dort noch eine alte, manuell gesteuerte Schleuse existierte.
    Aber der Befehl wurde nicht erteilt. Die Künstliche Intelligenz wurde nicht befragt. Denn Graham Dipple, der im Maschinenleitstand Wache hatte, bemerkte die Zacke nicht. Das lag daran, dass er die Monitore überhaupt nicht beachtete. Er hatte seinen Stuhl nach hinten gegen eines der Aggregate gekippt, lag mehr als er saß in einer nahezu selbstmörderischen Haltung, eine Flasche Whisky angeblich schottischer Herkunft auf dem Schoß, und dachte mit benebeltem Hirn darüber nach, wieso er nur immer so ein Pech mit Frauen hatte.
    Der Rover tauchte endlich als dunkler Schatten vor ihnen auf, ein schwarzer Koloss, der sich noch gegen die Dunkelheit der Nacht abhob. Carl war es, der seine Helmlampe einschaltete und ihren Strahl über den Leib der riesigen Maschine wandern ließ, ihre zerkratzte, in zahllosen Stürmen wie von einer Behandlung mit einem Sandstrahlgebläse stumpf gewordene metallene Hülle. Bei Nacht sah der Rover aus, als sei er doppelt so groß wie sonst.
    Sie gingen an Bord und waren froh, ihre Helme abnehmen zu können. »Eklig«, schimpfte Ronny, und Ariana hustete, als müsse sie Schleim aus der Lunge loswerden.
    Die Armaturen erwachten zum Leben,

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