Das Fest der Köpfe
nur geht. Zumeist Bier und Schnäpse, die nach eigenem Rezept gebraut worden sind. Und die haben es in sich. Einen nennen sie Kelten-Nektar.«
Innerhalb des Ortes wanderten Gruppen umher, die Fackeln oder Masken auf Stöcken trugen. Sie bewegten sich wie Inseln in der Dunkelheit und schwammen wie feurige Schlieren zwischen den Häusern.
Neill ging vor. Manchmal sah es aus, als würde er humpeln. Er war nicht mehr der Jüngste und hatte seine Schwierigkeiten mit dem schmalen Weg, der von dichtem Buschwerk gesäumt wurde. Es ging jetzt steiler bergab, sogar durch ein kleines Waldstück mit sehr hohen Buschgruppen, aber wenigen Bäumen.
Danach sahen sie die ersten Gärten. Zu erkennen an den Zäunen, die das Gelände umgaben. Die Rückseiten der Häuser bildeten auf der anderen Seite die Grenzen, und Neill deutete nach rechts.
»Ist es noch weit?« fragte Suko.
»Nein, sie lebt in einem der Häuser hier am Hang. Komm mit. Ich will es hinter mich bringen.«
Das Gras raschelte, wenn sie es zusammentraten. Der Wind war schwach, aber kühl.
Suko schaute zum Himmel, wo der Mond stand, der seine große Fülle verloren hatte. Er war dabei, abzunehmen. Noch immer wehte ihnen der Gesang zahlreicher Stimmen entgegen. Er schien von den Flammen getragen zu werden.
An einem alten, halb zusammengebrochenen Zaun blieb der Küster stehen. Dahinter lag ein Garten. Selbst in der Dunkelheit war zu sehen, daß er gepflegt war. Der Gärtner hatte dem Unkraut keine Chance gegeben, sich auszubreiten.
»Nolans Hobby war der Garten«, erklärte Neill. »Wir müssen durch. Das Haus ist es.«
»Hatte ich mir schon gedacht.« Suko schaute auf die Rückfront des nicht sehr hohen Gebäudes. Kompaktes Mauerwerk, ein Dach, das aus Reet und Gras bestand. Eine helle Fachwerkfassade mit dunklen Balken, die ein Muster bildeten.
»Lebt sie allein?« fragte Suko.
»Ja, Mary hat keine Angehörigen mehr. Der Tod ihres Mannes war ein Schock für sie. Plötzlich lag er als Leiche neben ihr.« Neill schüttelte sich. »Wenn ich daran denke, schüttelt es mich vor Angst.«
Etwas knackte vor ihnen. Suko hatte zu hart gegen eine Zaunlatte gedrückt.
»Nolan hat ihn immer ausbessern wollen«, meinte der Küster. »Jetzt ist es zu spät.« Er folgte dem Inspektor, der den Zaun bereits überstiegen hatte.
Im Garten blieb er stehen und schaute sich um. Niemand hielt sich zwischen den Büschen versteckt, soweit er dies beurteilen konnte. Die gepflegten Beete, die schmalen Wege, die Buschgruppen und einige Obstbäume verteilten sich auf der Fläche.
Erst beim Näherkommen entdeckte er die Fenster in der rückwärtigen Fassade. Hinter ihnen brannte kein Licht. Sie sahen aus wie blasse Lücken in der Fassade.
Er ging weiter. Vor einer Tür blieb er stehen. In der Nähe lehnten Gartengeräte an der Wand. Suko drehte dem Küster sein Gesicht zu.
»Ob niemand zu Hause ist?«
Neill schüttelte den Kopf. »Das ist so eine Sache«, sagte er. »Eigentlich müßte sie unterwegs sein, denn beim Fest der Köpfe sind alle Bewohner von Kimberly draußen.«
»Aber?«
»Nolan ist tot. Ich glaube nicht, daß Mary jetzt noch Lust verspürt, ihr Haus zu verlassen.«
»Das wäre verständlich.«
Suko hatte die Lampe hervorgeholt und leuchtete das Schloß der Hintertür ab. Falls die Tür verschlossen war, würde es ihm keine Probleme bereiten, denn ins Haus mußte er. Von vorn wollte er es nicht versuchen. Dort führte eine Straße entlang, die nicht leer war. Beide hörten deutlich die Stimmen und den Eingang der Maskierten. Er hatte Glück, die Hintertür ließ sich normal öffnen. In Kimberly vertraute jeder jedem.
Bevor Suko im Haus verschwand, sah er den Küster an. »Willst du mit hinein?«
Der strich über seinen Stoppelbart. »Im Prinzip nicht, aber es wird wohl besser sein, denn Mary kennt mich. Wenn plötzlich ein Fremder vor ihr steht, dreht sie noch durch.«
»Da hast du recht.« Suko ließ den Mann vorgehen, denn er kannte sich aus.
Sie betraten eine muffige Höhle. So jedenfalls kam Suko die Luft in diesem Haus vor. Es roch alt, die Wände hatten den Geruch in Jahrzehnten angenommen und gaben ihn nun ab. Der Boden war düster und etwas glatt. Eine schmale Treppe führte bis unter das Dach. Neben der Treppe blieb Suko stehen. Er schaute seinen Begleiter fragend an. »Weiß du, wo sich die gute Mary aufhält?«
»Seit dem Tod ihres Mannes kränkelt sie. Es kann durchaus sein, daß sie im Schlafzimmer liegt. Auf die Straße traut sie sich sowieso
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