Das Fest der Köpfe
worden sind. Es war ein übler Trick.«
»Ja, das war er wohl…«
»Bitte, John, was wollen Sie unternehmen? Wollen Sie wirklich gegen Stepanic und seine beiden Helfer kämpfen?«
»Natürlich.«
Sie hob die Schultern, sagte nichts mehr und schaute zu, wie ich aufstand. Ich nahm sie bei der Hand. Gemeinsam verließen wir das Zimmer, ohne der Leiche noch einen Blick zuzuwerfen. Sie gehörte bereits der Vergangenheit an.
Hinter der Tür lag ein schmaler Gang, der abermals vor einer Tür endete, die halb offenstand. Jenseits davon befand sich die Wohnung des Doktors. Sie war verlassen, aber nichts deutete auf eine Flucht hin. An der schlichten Haustür wartete ich auf Angela, die noch ihren dünnen Mantel übergestreift hatte.
»Wohnen Sie hier im Ort?«
»Ja, bei einer Tante.«
»Kennt die sich aus? Nolan Quint muß…«
»Den kannte jeder. Hier kennt man sich eben.« Sie hob die Schultern.
»Der übliche Klatsch und Tratsch, nichts Besonderes, John. Es ist überall so.«
»Das kann ich mir denken.« Ich öffnete die Haustür. Es war eine Wohltat, die frische Luft einzuatmen. Nach dem widerlichen Leichengestank konnte es nichts Besseres geben. Sie war so herrlich klar, zwar leicht feucht, aber das machte mir nichts. Eine Treppe aus drei Stufen schloß sich an. Ich ging sie hinab, blieb stehen und schaute dann nach links.
Hinter den Bäumen lag Kimberly. Ein Ort, der aussah, als läge er auf einem anderen Planeten. Keine normalen Lichter, nur das Spiel zwischen Licht und Schatten, das Tanzen, das Zucken, das sich Abwechseln zwischen rötlichem Licht und der tiefen Schwärze. Die Schwester war an mich herangetreten. »Es sieht zwar weit aus, aber hinter den Bäumen beginnt der Weg, der nach Kimberly hineinführt.«
Ich lächelte ihr zu. »Dann gehen wir ihn doch, Angela.«
Sie nickte und schritt schweigend neben mir her. Kurz darauf fragte sie:
»Wissen Sie, John, welch ein Gefühl ich habe?«
»Nein, woher denn?«
»Daß wir geradewegs in die Hölle hineingehen…«
***
An einer alten Mauer war der Küster stehengeblieben. Von ihr führte ein schmaler Weg über den Hang hinweg direkt in den Ort hinein. Der Überblick war ausgezeichnet.
Neill deutete mit der ausgestreckten Hand gegen die Dächer der Häuser und bewegte dann seinen Zeigefinger, als wollte er in jede der kleinen Gassen und Straßen hineindeuten, die Kimberly aufteilten. »Das ist er, Suko, das ist der Vorhof zur Hölle. Dort wird die Apokalypse beginnen. Drama, nimm deinen Lauf.«
»Warum so theatralisch?«
Er schüttelte den Kopf. »Davon komme ich nicht los. Früher einmal, da habe ich mich für das Theater interessiert. Kimberly sieht aus wie eine Bühnenkulisse, auf der sich keine normalen Menschen, sondern Schauspieler bewegen. Alles ist nicht mehr wahr und trotzdem real. Ich habe den Eindruck, als hätte der Teufel einen durchsichtigen Vorhang zwischen uns und die Welt dort unten gezogen. Ein seltsamer Vergleich, nicht?«
»Nein, nein, da hast du schon recht. Verstehe mich bitte nicht falsch, Neill. So sehr es mich reizt, durch den Ort zu gehen, wichtiger wäre es wohl, den Quints einen Besuch abzustatten. Ich möchte von dir wissen…«
»Moment, es gibt nur eine Quint. Mary nämlich.«
»Gut. Können wir denn auf einem Schleichweg ungesehen an das Haus herankommen?«
»Ich denke schon.«
»Dann laß es uns versuchen.«
Neill wollte noch etwas sagen. »Du bist ein ungewöhnlicher Mensch, Suko. Angst scheinst du nicht zu haben.«
»Zumindest zeige ich sie nicht«, erwiderte Suko lächelnd.
»Danke für das Eingeständnis, das tut gut. Aber du hast recht. Wir können ungesehen an das Haus der Quints herankommen, wenn wir auf dieser Höhe bleiben. Wir biegen dann später ab.«
»Ich verlasse mich auf dich.«
Es war nicht still. Vom Ort her drangen zahlreiche Geräusche zu ihnen hoch. Eine bleibende Kulisse, mal lauter, mal leiser, ja nachdem, welche Hindernisse sich zwischen ihnen und Kimberly aufbauten. Oft hörten sieden alten Gesang der keltischen Lieder. Von ungewöhnlichen Flötentönen begleitet, so daß Suko an den roten Ryan erinnert wurde, eine märchenhafte Gestalt aus dem Lande Aibon, der Welt zwischen Himmel und Erde.
Der Klang heller Stimmen machte ihnen klar, daß es Kinder oder Frauen waren, die dort sangen. Dazwischen riß des öfteren ein hartes Lachen den Gesang auf.
»Manche sind schon betrunken«, erklärte Neill. »Sie ziehen nicht nur durch den Ort, sie stoppen auch an Pubs und kippen hinein, was
Weitere Kostenlose Bücher