Das Fest der Köpfe
Monster?«
»Kommen Sie.« Ich wollte einfach nicht zu lange an einem Ort stehenbleiben. Ohne Masken fielen wir schon genug auf. Das konnte auch ein Vorteil sein. Vielleicht würde Stepanic dann schneller erscheinen.
Ich schaute mir die Bewegungen der Menschen genau an. Auch wenn ihre Gesichter nicht immer zu erkennen waren, so hatten sie doch nicht den Gang der lebenden Leichen. Den erkannte ein Fachmann sofort. Die Betrunkenen schloß ich einmal aus. Aber bei ihnen roch man, daß sie keine lebenden Toten waren. Die Fahnen flatterten ihnen voran.
»Wir müssen die Straße durch und dann rechts den Hang hoch«, erklärte Angela. »Das Haus der Quints liegt etwas höher.«
»Steht es einsam?«
»Nicht direkt.«
Es war keine Hauptstraße, wie man sie aus amerikanischen Filmen kennt. Auch nicht schnurgerade. Die Häuser standen in Kurven und waren unterschiedlich weit vorgebaut.
Hinter uns lag eine Tankstelle. In ihrem blauweißen Licht schaukelten ebenfalls Masken. Es waren Ballons, auf die jemand Fratzen gemalt hatte.
Die Köpfe standen in den Fenstern. Unterschiedlich groß, unterschiedlich bunt und auch unterschiedlich schaurig. Manche von ihnen sahen direkt lustig aus mit ihren breiten Mäulern, deren Umrisse mit dicken Farbstreifen nachgezogen worden waren. Dennoch traute Angela keiner Maske. Jede wurde von ihr mit einem skeptischen Blick bedacht, besonders die Halbmasken, hinter denen sich Menschen verbargen. Einige von ihnen hatten sich zu Gruppen zusammengeschlossen. Ineinandergehakt gingen sie über die Straße. Sie waren unterschiedlich laut. Manche sangen oder schrien, andere waren stumm und bewegten sich vorsichtig wie Geister. Uns kam eine Gruppe entgegen. Sie bestand aus fünf Personen. Vor den Gesichtern trugen sie die verschie denartigsten Masken. Die Kette nahm die gesamte Breite der Straße ein. Sie trafen auch keinerlei Anstalten, uns auszuweichen.
Der Klügere gibt nach, dachte ich und drückte meine Begleiterin nach rechts in einen Hauseingang. Angela ging aber nicht hinein, schob sich daran vorbei und löste sich von mir.
Der Außenmann trug eine Maske, die das blutverschmierte Gesicht eines Tigers zeigte.
Und ergriff zu.
Bevor ich noch eingreifen konnte, hatte er Angela am Arm erwischt und zu sich herangezogen.
Sie schrie für einen Moment auf. In den Schrei mischte sich das Lachen.
»Ha, Süße, ich habe dich. Erkennst du mich? Dich wollte ich schon immerhaben, kleine Karbolmaus. Heute ist Samhain, da bin ich frei, da werde ich dich…«
»Laß mich los, Flynn, verdammt!«
»Nein, du bist…«
Seine Stimme erstickte, weil Angela mit beiden Fäusten gegen seine Maske getrommelt hatte.
Er hatte sich aus der Gruppe gelöst. Die anderen vier waren stehengeblieben und amüsierten sich köstlich.
Ich fand es nicht vergnüglich.
Der Typ, der was von Angela wollte, brüllte sie an. »Los, Karbolmaus, küß mich! Küß den Tiger!«
Die Krankenschwester war durcheinander. Unter normalen Umständen hätte sie sich schon gewehrt, doch hinter ihr lagen schlimme Belastungen, da spielten die Nerven nicht mit. Angst, Furcht und oft falsche Reaktionen überwogen.
Er bekam seinen Kuß. Nur anders, als er ihn sich vorgestellt hatte. Ich verteilte ihn.
Die anderen schauten zu, wie ich ausholte. Ich mußte genau zielen, um nicht die falsche Person zu erwischen.
Meine Faust zischte haarscharf an Angelas Kopf vorbei, und sie traf mitten in die verdammte Tigermaske.
Das Zeug war weich. Es bestand möglicherweise aus Vinyl. Der Mann flog zurück. Er wirbelte über die Straße, landete am Boden, und ich zerrte Angela hinter mich, weg aus der Gefahrenzone. Seine Kumpane glotzten mich an. Zwei von ihnen schüttelten die Köpfe. Sie waren wohl von der Rolle, während der Tiger seine Maske abriß und anfing zu greinen, als er das Blut sah. Ich hatte seine Nase erwischt.
»Reicht das?« fragte ich.
Die anderen zerrten ihre Masken ab. Verschwitzte Gesichter schauten uns an.
Angela hatte sich wieder gefangen. »Seid ihr eigentlich noch normal?« fuhr sie die jungen Männer an. »Was ist eigentlich in euch gefahren? Ihr habt zuviel getrunken, was?«
Sie gaben ihr keine Antwort und kümmerten sich um ihren Kumpel, dem sie auf die Beine halfen.
Ich holte mir einen heran. Er hob abwehrend die Hände, weil er Furcht hatte, von mir geschlagen zu werden. »Nein, nein, Freundchen. Mir geht es um etwas anderes. Ich will von dir wissen, ob du Dr. Stepanic gesehen hast.«
»Den Arzt?«
»Ja. Oder gibt es
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