Das Fest der Köpfe
Fluß. Das Wasser strömte schnell über die Steine. Es sprang, schnellte vor und glitzerte, als wollte es mir einen Gruß entgegenschicken.
Ich verstand den Sinn der Köpfe nicht so recht, blieb dann dabei, daß sie als Warnung gedacht waren.
Die übrige Umgebung lag in tiefer Dunkelheit. Wer mich aus ihr hervor beobachtete, hatte es leicht, denn als Ziel zeichnete ich mich auf der Brücke sehr gut ab.
Ich schaute gegen das Wasser. Ein Teil des Lichts hatte sich darauf gelegt und floß als Schein immer weiter. Ohne Unterlaß dem Meer entgegen. Der Wind bewegte die Kerzen flammen. Mich umsäuselte er mit seinem weichen Gesang.
Nur ich war da. Kein Tier ließ sich blicken, ein Mensch oder ein Fahrzeug erst recht nicht.
Ich setzte mich in den Wagen und schaute noch einmal auf der Karte nach. Die Brücke hatte ich schnell gefunden, der Ort Kimberly lag höchstens vier Meilen entfernt.
Wieder streifte mein Blick die aufgestellten Köpfe. Sie standen nicht grundlos auf den Mauern, strahlten eine Botschaft ab, die niemand übersehen konnte.
Ich fuhr wieder an.
Sehr langsam lenkte ich den Rover auf die Brücke zu, die breit genug war, um ein Auto durchzulassen. Die Köpfe glitten vorbei. Es kam mir vor, als hätten sich ihre bösen Gesichterzu einem gewissen Triumph verzogen, weil jemand gekommen war, der die Grenze überschritten hatte.
Die Fahrbahn bildete einen kleinen Hügel, auf meiner Seite hoch, dann wieder nach unten.
Die letzten beiden Schädel ›grinsten‹ mich an. Der auf der linken Seite war etwas kleiner. Die Kerze in ihm flackerte. Sie rußte stark. Das schwarze Zeug war durch die schrägen Augenhöhlen geglitten und hatte sich auf der Stirn als lange Schatten verteilt.
Dann lag die Brücke hinter mir. Die vier Köpfe schimmerten noch in den Rückspiegeln.
Vor mir lag die nicht asphaltierte Straße in ihrer typischen Ruhe. Man hatte nicht den Eindruck, als würde hier jemals ein Mensch vorbeikommen, um die Stille zu stören.
Ich ließ das Radio aus.
Die innere Spannung war geblieben. Sie verstärkte sich noch. Ich wollte eine Zigarette rauchen, stoppte und zündete sie an. Der Glutpunkt wirkte im Wagen wie ein Zeichen, das anderen Menschen den Weg zu mir weisen konnte.
Aber welchen Menschen?
Freunde — Feinde? Oder Personen aus Kimberly, die mir neutral gegenüberstanden?
Es war alles so unklar, so schwammig, nicht greifbar. Die Gefahr versteckte sich in der Dunkelheit, hinter den Bäumen, an den Rändern der Abhänge, auch in den Wolken.
Es war die normale Welt, durch die ich langsam fuhr, und trotzdem kam sie mir anders vor.
Der Rauch kitzelte in meiner Nase. Ich quetschte die Zigarette im Ascher aus, ärgerte mich darüber, daß ich dem Verlangen nachgegeben hatte. Das war nicht gut gewesen.
Ich brauchte beide Hände frei.
Aber wofür?
Ich wußte es selbst nicht. Vielleicht sollte man mich nicht mit einer Zigarette überraschen, wer immer es auch sein mochte. Ich dachte wieder an die Köpfe, an Halloween. An einen schrecklichen Fall, der einige Jahre zurücklag. [1] Da hatte es Grauen und Terror in einer Schule gegeben, und Kinder waren mit hineingezogen worden. Damals hatte ich mit lebenden Toten nichts im Sinn gehabt, es war viel Psycho-Terror dabei gewesen, heute aber wollten mir die Zombies einfach nicht aus dem Kopf. Das Lenkrad rutschte durch meine Hände. Wegen des Schweißes war es glatt geworden. Ich fuhr hinein in das dunkle Loch, das kein Ende nehmen wollte.
Rechts schäumte der Fluß. Am anderen Ufer wuch das Gestrüpp dicht und sehr hoch. Dabei zitterten die Spitzen der Büsche im Wind, als wollten sie mir einen Gruß zuschicken.
Der Himmel blieb ruhig. Kein Jagen der Wolken, dafür klebten sie mächtig uns schwer an der Schwärze.
Was war nur los mit mir? Weshalb fühlte ich mich so nervös? Die Furcht drang wie ein Knüppel in meinen Magen, Schweiß lief mir aus allen Poren.
Zusammen mit dem Fluß führte auch der Weg in eine Linkskurve. An sie heran wuchs von der linken Seite der Wald. Ein dichter Wirrwarr aus Bäumen und Unterholz.
Ich fuhr etwas schneller. Einmal mußte die Fahrt ja beendet sein, da war es nicht möglich, daß…
Im nächsten Augenblick war alles anders. Ich fuhr hinein in eine andere Welt, in das Blendlicht und in die tanzenden Schatten, die das Licht umgaben.
Ich sah Köpfe, ich sah Masken, die sich grell vor mir aufbauten, mich auslachten, das Grauen verströmten.
Wo war die Bremse?
Ich drückte das Pedal.
Der Wagen rutschte weg. Mein
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