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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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denken.«
    »Beschreibungen sind im ganzen Land unterwegs. Die kleine Summers war uns keine Hilfe.« Woody entschied, Dr. Fuller nichts von dem Mann mit dem Totenkopfgesicht zu erzählen, doch er nahm an, dass sie bereits davon wusste. »Sie sagt, sie hat keine Ahnung, wer der Vater sein könnte. Und wie steht es mit Ihnen? Fühlen Sie sich besser? Tut mir leid, ich weiß, › besser ‹ ist nicht das richtige Wort.«
    Dr. Fullers Lächeln war voll Ironie und Trauer. »Ich möchte Ihnen danken für vorgestern Abend. Ich glaube, ich bemitleide mich nicht mehr, oder doch nur noch ein kleines bisschen, aber meine Schuldgefühle sind allenfalls noch größer geworden. Wie Sie sagten, ich kann immer noch nützlich sein. Ich brauche eine neue Sichtweise auf mich selbst, in der mein Stolz eine geringere Rolle spielt. Nur muss ich so bald wie möglich weg von hier. Ich weiß nicht, ob ich in der Lage bin hierzubleiben, bis jemand verurteilt wird, falls es je dazu kommt.«
    Bingo Schwartz war ein Detective der State Police, der oft mit Woody und Bobby Anderson zusammenarbeitete, aber er fühlte sich eingerostet und freute sich auf den Ruhestand, obwohl er erst fünfzig war. Er war seit über fünfundzwanzig Jahren Trooper, und was genug war, war genug. Er hatte Übergewicht und ein steifes Bein, seine Frau hasste ihn, seine Kinder waren im ganzen Land verstreut und – na ja, er brauchte noch mal ein bisschen frischen Enthusiasmus. Ein bisschen joie de vivre . Dass er so etwas bei der State Police finden würde, glaubte er nicht, und er beklagte sich nicht darüber. Satt hatte er nur das Cop-Denken, wie er es nannte, die standardisierten Cop-Prozeduren.
    Als Bingo noch jung und töricht war, hatte er Opernsänger werden wollen. Da war er sechzehn gewesen, und er hatte wohl nicht mehr als zwei Wochen gebraucht, um einzusehen, dass dies ein unerfüllbarer Wunsch war. Doch Mr. Pasero, der Chorleiter von St. Luke’s in Warwick, hatte gesagt, Bingo habe einen natürlichen Bass, und Father Michael hatte zugestimmt. Mr. Pasero hatte Bingo Schallplatten von Ezio Pinza vorgespielt, und die, sagte Bingo sich, hatten sein Leben verändert. Bald konnte er »Some Enchanted Evening« singen, und seine Mutter hatte die Nachbarn ins Wohnzimmer eingeladen, damit sie ihn hören konnten. Eine Frau hatte geweint und gesagt, er sei besser als das Original. Da hatte Bingo geglaubt, er werde berühmt werden.
    Dann hatte sich zum Glück die Vernunft durchgesetzt. Bingo hatte weiter im Chor und in örtlichen Aufführungen gesungen, aber das war Amateurkram gewesen. Trotzdem brachte er viele Stunden damit zu, sich Pinza und andere Bässe anzuhören – Samuel Ramey, Jerome Hines, Boris Christoff und den Größten von allen, Chaliapin. Er studierte Chaliapins Rollen und konnte Partien aus Boris Godunov singen, aus Gounods Faust und Boitos Mephistofele . Seine Lieblingsrolle war der Leporello aus Mozarts Don Giovanni , und die Arie, die ihm am besten gefiel, war »Madamina, il catalogo è questo«, wo Leporello prahlt, Don Giovanni habe eintausendunddrei Frauen in Spanien gefickt und noch einmal tausend anderswo.
    Natürlich würde Bingo im Ruhestand auch kein Sänger mehr werden, auch wenn er vielleicht wieder in einen Chor einträte, doch er würde gern einen Teilzeitjob in einem Theater annehmen, als Kulissenbauer, im Idealfall für Opernaufführungen. Er konnte erstklassig tischlern, und er hatte Freunde am Theater, sogar Sänger, und deshalb war es keine völlig abwegige Ambition. Und er war bescheiden. Wie er gern sagte: »Ich möchte nur ein kleines Hämmerchen schwingen.«
    Bingo war unter seinen Kollegen als der »Brummer« bekannt, weil er ständig seine Lieblingsarien vor sich hin sang oder summte. Als er an diesem Montagnachmittag durch den Regen auf dem Gehweg vom Brewster Brew zu Crandall Investments ging, summte er die Arie von den eintausendunddrei spanischen Opfern der Leidenschaft des Don Giovanni.
    Bingo war sich dessen kaum bewusst, doch es verschaffte ihm Behagen und sorgte dafür, dass der Weg mehr als ein simples Voranstapfen war. Was den Grund für diesen kurzen Fußmarsch anging, so hatte sich ergeben, dass bei der Suche nach jemandem, der womöglich Nina gesehen hatte, der Name Ronnie McBride erwähnt worden war. Wenn Ronnie im Eingang von Crandall Investments geschlafen hatte, wie er es fast jede Nacht tat, hatte er vielleicht etwas gesehen. Dann stellte sich heraus, dass Ronnie seit letztem Donnerstag nicht mehr da gewesen

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