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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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vorbeifahren. Dachte er wenigstens.
    Am Freitagmorgen war er auf dem Weg zu Vasa Korak, einem Professor der University of Connecticut, der im Naturpark-Management-Programm unterrichtete. Der Mann wohnte draußen in der Einöde bei North Ashford, eine halbe Stunde weit entfernt im Norden der Universität. Für Bobby waren das siebzig Meilen auf schmalen Straßen, die ihm Gelegenheit gaben, seine Kurventechnik zu üben.
    Er hatte Koraks Namen von Gail Valetti, der Kojotenlady aus dem Great Swamp. Es wäre unzutreffend, wenn man sagen wollte, er habe sich eingeschleimt, wie Woody es ihm vorgeworfen hätte, aber er hatte seinen Charme aufgedreht. Er hatte ihr erzählt, wie faszinierend er Kojoten finde, ihre Intelligenz und ihre Anpassungsfähigkeit in jeder Umgebung, und dann hatte er seine Besorgnis über Berichte von aggressivem Verhalten der Kojoten zum Ausdruck gebracht. Auch Valetti waren diese Berichte in letzter Zeit zu Ohren gekommen, und so war es eine Besorgnis, die sie teilten.
    »Ich kenne jemanden, der mehr über Kojoten weiß als irgendjemand sonst«, hatte Valetti gesagt, »und das ist ein Professor an der UConn. Er züchtet sie sogar.«
    Und so kam es, dass Bobby jetzt unterwegs war.
    Die Wegbeschreibung führte ihn zur Cemetery Road und dann über einen Waldweg zum Lost Pond Brook. Gerade als Bobby dachte, die Bodenwellen würden ihm den Auspuff abreißen, und er umkehren wollte, kam er um eine Kurve herum und sah Vasa Koraks Farm vor sich. Beim Näherkommen hörte er Kojoten kläffen.
    Korak war knapp zwei Meter groß. Er hatte einen kahlrasierten Schädel und einen dichten kastanienbrauen Schnauz- und Kinnbart. Nach Bobbys Schätzung war er ungefähr fünfunddreißig Jahre alt und wog einiges über hundert Kilo. Er trug Jeans und ein hellblaues Arbeitshemd. Seine Stimme war tief – ein wandelnder Basslautsprecher, dachte Bobby.
    »Waren Sie das, der angerufen hat? Was für ein Polizist fährt denn einen Z?«
    »Ein Polizist mit einem anspruchsvollen Geschmack.«
    Sie gaben einander die Hand. Koraks war doppelt so groß wie Bobbys, eher eine Pranke als eine Hand. Anscheinend hatte er Lust, Bobby die Finger zu zermalmen, aber Bobby mochte keine Machospielchen und ließ sich nichts anmerken. Koraks Augen waren ebenfalls kastanienbraun. Er lachte unvermittelt und ließ Bobby los.
    »Sie wollen also mein Rudel sehen?«
    In einem großen Zwinger neben der Scheune waren sechs Kojoten. Zwei standen auf den Hundehütten, die anderen vier sprangen am Maschendraht der Tür hoch. Alle kläfften und jaulten, doch sie meinten nicht Bobby, sondern Korak.
    Der große Mann betrat den Zwinger, schloss die Tür hinter sich und ließ sich auf den Zementboden fallen. »Es gab einen Ringkampf«, erzählte Bobby später, als er mit Woody sprach. »Sie sprangen auf ihn, und er warf sie runter. Es waren große Biester, an die dreißig Kilo schwer. Ich dachte, sie fressen ihn, aber er lachte, und sie lachten auch, irgendwie. So ein freundschaftliches Kläffen. Sanft waren die allerdings nicht. Sie haben Korak das Gesicht zerkratzt und Korak so ins Ohr gebissen, dass es blutete.«
    Nach fünf Minuten maßvoller Gewalttätigkeit stand Korak auf. »Wollen Sie es auch mal versuchen?« Er lachte dröhnend.
    »Heute nicht, danke. Ich bin nicht passend angezogen.«
    Korak öffnete die Tür, und ein graubrauner Kojote lief auf Bobby zu, sprang ihn an, legte ihm die Vorderpfoten auf die Brust und packte seine Krawatte mit den Zähnen. Das Fell an seinem Hals war schneeweiß. Bobby hoffte, er würde ihn nicht erschießen müssen.
    »Das ist Svetlana, die zivilisierteste. Sie möchte mit Ihnen spazieren gehen. Geben Sie ihr eins aufs Ohr, und sie lässt Sie in Ruhe. Seien Sie nicht zu sanft, sonst hält sie Sie für ein Weichei.«
    Bobby schlug Svetlana mit der flachen Hand auf den Kopf. Das schien ihr zu gefallen, doch sie ließ wenigstens von ihm ab. Bobbys Hundert-Dollar-Seidenkrawatte war in Fetzen. Svetlana sprang Korak an, und er knuffte sie weg. Sie legte sich zu seinen Füßen auf den Boden.
    »Und woher haben Sie Ihr Rudel? Von Ebay?«
    Korak rieb sich den Schädel. »Das hat ungefähr fünf Jahre gedauert. Ich habe mit ein paar Leuten von der Naturschutzbehörde eine Kojotenstudie gemacht. Wir haben ein Dutzend eingefangen und den Weibchen ein Halsband mit einem Sender angelegt. Sie sind einmal im Jahr heiß, im Januar oder Februar. Die Tragzeit dauert neun Wochen. Also haben wir versucht, ihr Nest zu lokalisieren. Die Welpen

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