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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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liegen. Meine Mom sagt, sie spürt es in den Knochen, wenn schlechtes Wetter kommt.«
    Hartmann drehte sich mühsam um. »Das war das Bett im Motel. Ich habe falsch drin gelegen, das ist alles.«
    »Ich selber gehe ja nie in Motels. Die waschen die Bettwäsche, aber nicht die Decken. Da dringen auch Körperflüssigkeiten ein. Wie auch immer, Sie sollten nach oben gehen. Die haben jede Menge Möglichkeiten, das in Ordnung zu bringen.«
    »Wie bitte?«
    »Zum › You-You ‹ . Die kümmern sich drum.«
    Hartmann vermutete, dass er wegen der Schmerzen nicht gut hören konnte. »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Sie sind nicht aus der Gegend? Das › You Within You ‹ . Die haben den ganzen Tag Kurse. Ist ein alternativer Laden. Sie haben eine Menge verschiedene Massageleute. Wie in einem Supermarkt – ich meine, man sucht sich einfach aus, was einem am besten gefällt. › You-You ‹ , verstehen Sie?«
    »Verstehe. Vielleicht versuche ich’s da mal.« Schaden kann es ja nicht, dachte er.
    »Ich habe Freunde, die schwören drauf. Ich selbst, ich hab ja ein Kreuz wie ein Pferd.«
    Einen Augenblick später unterhielt die Frau sich wieder mit ihrer Freundin. Hartmann hatte schon Massagen bekommen, aber seit Längerem nicht mehr. Er hatte nichts dagegen, doch ein Fan war er auch nicht. Sie waren intim und gleichzeitig förmlich. Nicht wie beim Zahnarzt – da war es nur förmlich. Er wusste, er sollte es wie einen Besuch beim Zahnarzt betrachten, aber eine Massage hatte ein unbestimmt erotisches Element, das sehr unzahnärztlich war. Andererseits, sein Rücken brachte ihn um, und er hatte ein paar Stunden Zeit. Alles war besser, als den ganzen Tag Schmerzen zu haben.
    Hartmann hatte keine Ahnung von den verschiedenen Typen der Massage. Als er die Treppe zum You-You-Empfang hinaufgegangen war und der junge Mann ihn fragte, was für eine Massage er haben wollte, sagte er: »Ich weiß nicht. So was wie eine Fitness-Massage. Ich hab mir den Rücken gezerrt.«
    »Ich glaube, solche Massagen haben wir nicht. Ist das Schwedisch?«
    Als Versicherungsdetektiv war Hartmann schon mit vielen unangenehmen Leuten zusammengekommen, und er hatte gelernt, ohne Feindseligkeit mit ihnen umzugehen – zumindest, ohne seine Gefühle zu zeigen. An diesem jungen Burschen hier war nichts auszusetzen, außer dass er zu einer Welt gehörte, von der Hartmann nichts wusste, und dass er Hartmann als Angehörigen einer Welt betrachtete, der er entronnen war. Er war dünn, dreißig, fit auf eine mönchhafte Art. Aus einem anderen Raum kam das Grunzen und Stampfen einer Trainingsgruppe.
    Hartmann rieb sich den Hinterkopf und grinste. »Ich nehme alles, solange es mir danach besser geht. Was Konservatives. Vergessen Sie die heißen Steine.« Er hatte einen Flyer bemerkt, auf dem für die Steinmassage geworben wurde, aber auch für Shiatsu, Reflexzonen-, Hilot- und ayurvedische Massage. Auf anderen Flyern war von Yoga-Kursen und diversen anderen Angeboten die Rede, die ihm nichts sagten, etwa von Myofaszialer Triggerpunkttherapie, sowie von solchen, die ihm etwas sagten, ohne dass er sie verstand, beispielsweise Aromatherapie. Hartmann hatte keine Vorurteile, aber leichtgläubig war er auch nicht. Seine Devise war »abwarten und Tee trinken«.
    »Dann machen wir die schwedische. Ich will sehen, wer frei ist.« Der junge Mann klickte auf seinem iPhone herum.
    Zehn Minuten später war Hartmann nackt bis auf die Unterhose und ein Handtuch um seine Hüften. Seine Kleidung lag zusammengefaltet auf einem Stuhl, und er wartete in einem kleinen, in verschiedenen Pastellfarben gestrichenen Raum mit Postern von friedlichen Landschaften, die überwiegend Frühling und frühen Morgen vermuten ließen. Nichts Schwarz-Weißes, nichts Düsteres wie Ansel Adams.
    Der junge Mann, der hereinkam, sah aus wie der junge Mann am Empfang, nur war er blond. »Hi. Ich bin Gabe. Darf ich Sie Ernie nennen?«
    »Nein«, sagte Hartmann. »Ich bevorzuge Ernest, wenn überhaupt.«
    »Und, sind Sie ernst?« Gabe lachte. Um den Hals trug er eine Goldkette. Ein rundes rotes Medaillon mit einer Schlange, die ihren Schwanz im Maul hielt, lag auf seinem roten T-Shirt. »Ich nehme an, Sie sind Jungfrau?«
    Hartmann hatte die Schlange angeschaut. »Wie bitte?«
    »Sie sind zum ersten Mal bei › You-You ‹ ?«
    »Ja.«
    »Soll ich mich auf den Rücken konzentrieren, oder wollen Sie das volle Programm?«
    Inzwischen lag Hartmann bäuchlings auf der Massagebank, hatte den Kopf auf die

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