Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
Vom Netzwerk:
miteinander zu schlafen. Dabei war es bis dahin so gut gewesen! Einige Wochen später hatte er angefangen, oben zu schlafen, zunächst unter diesem oder jenem Vorwand – sie sei nachts so unruhig, sie störe ihn mit ihrem Schnarchen –, aber schon bald sparte er sich die Mühe, sich noch einen Vorwand auszudenken. Und als sie ihn gefragt hatte, was schiefgegangen und wodurch er so wütend und verschlossen geworden sei, hatte er gesagt: »Schau in den Spiegel und stell dir die Frage noch einmal.« Darauf konnte sie sich keinen Reim machen.
    Doch das war es, was sie heute Abend tat: Sie fragte sich selbst, was schiefgegangen war. Nicht, dass sie es allein tat. Nachdem Carl sie geschlagen hatte, rief sie ihre besten Freundinnen an, Anita Barr und Amy Calderone. Beide sagten das Gleiche: »Ruf die Polizei.«
    Harriet wandte ein, Carl könne sich doch wieder ändern. Das erste Jahr sei großartig gewesen, und sie könne nicht glauben, dass der wunderbare Mann, den sie geheiratet habe, vollständig verschwunden sei.
    »Er spricht nicht mit dir«, sagte Anita. »Er ist ungeduldig mit den Kindern, und er schläft oben. Jetzt hat er dich geschlagen. Ich persönlich würde ihm sagen, er soll seinen Arsch aus dem Haus schaffen. Aber wenn du willst, bring ihn dazu, dass er zu einem Therapeuten geht, oder nehmt euch einen Eheberater. Du musst ihm allerdings sagen, wenn er nicht mitmacht, muss er gehen. Du meine Güte, wie kannst du mit ihm leben, wenn du dich nicht sicher fühlst?«
    Amy hatte keinen Grund gesehen, ihren ursprünglichen Rat zu erweitern. »Ruf die Polizei. Vielleicht geht er zur Therapie, und alles wird gut, aber sieh zu, dass es passiert, ohne dass du ihn im Haus hast. Er muss weg von dir, und er muss weg von den Kindern. Wie deutlich soll ich denn noch werden? Er ist gefährlich.«
    Harriet betrachtete sich im Spiegel und beschloss, Anitas Rat zu befolgen. Sie würde mit Carl sprechen und ihm sagen, sie müssten in eine Eheberatung gehen. Und wann würde sie mit ihm sprechen? Am besten gleich morgen, entschied Harriet. Sie wollte nicht zu ihm gehen, wenn er allein oben in dem zweiten Schlafzimmer war. Davor hatte sie Angst.
    Am Donnerstagabend machte Woody auf dem Heimweg von Brewster bei einer Kneipe in Wakefield halt. Er war den ganzen Tag auf den Beinen gewesen, und jetzt war er müde. Dass es Bobby Anderson gelang, in allen Situationen munter und energisch zu bleiben, war etwas, das Woody mit Staunen beobachtete. Mitten am Nachmittag hatte Woody plötzlich an Ajax gedacht und einen Nachbarjungen angerufen, damit er den Hund ausführte. Ajax würde lieber sterben, bevor er ins Haus pinkelte. Woody hatte den Fehler begangen, in die alte Susie-Denke zu verfallen und sich einzubilden, sie wäre zu Hause und würde sich um den Hund kümmern. Jetzt, wo sie nicht mehr da war, musste er den Nachbarjungen engagieren oder Ajax im Truck mitnehmen.
    In der Bar setzte Woody sich an einen Tisch, orderte einen Cheeseburger und eine Cola Light und wandte sich dem Footballspiel zu, das auf vier Großbildschirmen unter der Decke übertragen wurde. Aber in Gedanken war er immer noch in Brewster und bei dem Tag, den er in lauter Sackgassen verbracht hatte: Er hatte nichts erfahren, das ihm verraten hätte, wer das Baby geholt hatte, und es gab auch keinen Hinweis auf eine Entführung. Zumindest war keine Lösegeldforderung gestellt worden. Für Woody war Schwester Spandex die Hauptverdächtige. Am Nachmittag waren dann zwei FBI -Agenten erschienen. Zu ihren Gunsten ließ sich nur sagen, dass sie nicht allzu aufdringlich gewesen waren. Aber selbst die besten Agenten neigten dazu, die lokale Polizei wie Idioten zu behandeln.
    Einen Teil der Zeit hatte Woody damit verbracht – oder verschwendet –, sich mit den Medien abzugeben, die sich auf das Krankenhaus gestürzt hatten wie die Krähen auf einen überfahrenen Hasen. Zehn Polizisten waren nötig gewesen, um sie am Betreten des Geländes zu hindern. Am frühen Morgen hatte es mit Jill Franklin angefangen, der Reporterin von der Brewster Times & Advertiser . Er hatte ihr die Meinung gegeigt, doch das hatte sie nicht aus der Fassung gebracht. Sie hatte nur das im Kopf gehabt, was sie von Peggy Summers gehört hatte.
    »Sie ist froh, dass das Baby gestohlen wurde«, hatte sie gesagt. »Sie behauptet, es ist ein Kind des Teufels.«
    Woody hatte ihr erst geglaubt, als er mit Peggy gesprochen hatte. Sie hatte zwar nichts vom Teufel gesagt, aber es machte ihr offenbar nichts aus,

Weitere Kostenlose Bücher