Das Fest der Schlangen
ein Emphysem und bekam Sauerstoff. Hinter ihm erstreckten sich Jahrzehnte des Rauchens und des Gipsstaubs aus den Rigipsplatten, die er angebracht hatte. So lebte die Familie von seiner Sozialversicherung und von dem, was die Mutter, Mabel Summers, im Stop & Shop verdiente. Zwei Polizisten bewachten das Haus. Bobby winkte ihnen zu, stieg die Stufen zur Haustür hinauf und klopfte energisch.
Als er das Wohnzimmer betrat, sah er gleich, dass er nicht willkommen war, teils weil er ein Polizist, teils weil er schwarz war. Das amüsierte ihn. Er war ein gut aussehender Bursche, und wenn sie ihn nicht leiden mochten, war es ihr Pech. Aber es veranlasste ihn doch, ihnen ein bisschen Druck zu machen.
»Ich möchte Ihre Tochter sprechen, wenn Sie gestatten.«
»Sie ist ins Bett gegangen«, sagte Ralph Summers.
Bobby zeigte ihnen seine blitzenden Zähne. »Wollen Sie nicht einfach die Treppe hinaufspringen und sie bitten, herunterzukommen?« Summers saß in einem hellbraunen Ruhesessel, an dem ein paar Katzen ihre Krallen geschärft hatten. Rechts und links neben ihm standen zwei Beistelltischchen, der eine mit Budweiser, der andere mit einem Rest Pizza. Bobby vermutete, dass der alte Ralph schon seit einer Weile nirgends mehr hingesprungen war. Seine Wangen waren rosarot angelaufen, der Rest des Gesichts hatte die Farbe von Zement.
»Keine Sorge«, sagte Bobby, »ich finde auch selbst hinauf. Bleiben Sie nur sitzen und ruhen Sie sich aus.« Als er seinen Satz beendet hatte, war er schon oben an der Treppe. Er hörte, wie das Ehepaar unten wütend miteinander tuschelte. Bobby fand, er hatte ihnen einen Gefallen getan. Er hatte ihren Alltagstrott unterbrochen und ihnen für die kommenden Tage etwas zum Meckern gegeben.
Das Obergeschoss bestand aus zwei Zimmern plus Bad. Nur eine Tür war geschlossen. Bobby klopfte.
»Hey, Peggy, ich bin’s, Bobby. Wir müssen uns unterhalten.« Er stieß die Tür auf.
Peggy saß an die Kissen gelehnt im Bett, rauchte und sah sich in einem kleinen Fernseher eine Folge von American Idol an.
»Und, Peggy, wie geht’s dir?«
»Verpissen Sie sich.« Mit ihrem schmalen Gesicht und dem Überbiss sah sie aus wie ein wütendes Nagetier, fand Bobby.
»Na, Peggy, wir wollen doch nett sein. Entweder unterhalten wir uns hier oder woanders, wo es nicht so nett ist. Hast du ’ne Zigarette übrig?«
Sie warf ihm eine Packung Marlboro zu, und er fing sie aus der Luft.
»Feuer?«
Sie warf ein gelbes Plastikfeuerzeug hinterher. Bobby zündete sich eine Zigarette an, warf Packung und Feuerzeug zurück und nahm einen tiefen Zug. Er hatte versucht, es sich abzugewöhnen, aber jetzt brauchte er eine.
»Was ist denn das für eine Nummer mit deinem verschwundenen Kind? Das Baby ist weg, und dir ist es egal? Bist du so hartherzig? Warum liebst du es nicht?«
Peggy starrte auf den Bildschirm. »Weil ich es von Anfang an überhaupt nicht haben wollte. Wieso soll ich mich einen Scheißdreck für ein Baby interessieren, das ich nicht haben wollte?«
»Und wer war der Vater?«
»Das weiß ich nicht.«
»Weißt du es nicht, oder willst du es mir nicht sagen?«
Sie drehte sich wütend zu ihm um, und Bobby sah, dass sie den Tränen nah war. »Ich weiß es nicht. Es war dunkel. Ich habe sein Gesicht nicht gesehen. Da waren viele Leute, und keiner von denen hatte normale Sachen an. Mehr wie Batman, wissen Sie – Capes und so’n Scheiß. Das war eine Party im Wald, irgendwann im März. Da brannte ein Feuer. Niemand hat getrunken, aber sie hatten Tabletten, wissen Sie, und Pilze.«
»War es dein erstes Mal?« Bobby war bereit, mitfühlend zu sein.
» Fuck , nein. Beim ersten Mal war ich dreizehn. Ein paar Jungs haben mich nach der Schule vorgenommen. Dem einen hab ich ein Jahr später fast den Schwanz abgebissen.«
»Du bist ein harter Brocken.«
»Ich kann auch nett sein.« Peggy drehte sich wieder zum Fernseher um.
»Was kannst du mir denn über den Typen erzählen, mit dem du geschlafen hast?«
»Nichts. Er hat mich einfach gepackt. Ich war ziemlich high. Er kann von Glück sagen, dass ich ihn nicht vollgekotzt habe. Wär ihm recht geschehen.«
»Wie bist du dahin gekommen?«
»Jemand hat mich rausgefahren, und jemand anders hat mir die Augen verbunden. Ich war auf dem Rücksitz. Hat vielleicht ’ne halbe Stunde gedauert, dahin zu kommen. Sie haben gesagt, ein paar Freunde von mir seien da, aber ich kannte niemanden.«
»Was ist das für eine Geschichte mit Rosemary’s Baby ?«
Peggy fing an
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