Das Fest der Schlangen
zu schreien. »Kapieren Sie das denn nicht? Diese verschissenen Pilze, und die Leute haben mit den Füßen gestampft wie bei so ’ner Art Tanz. Der Typ, der es dann gemacht hat, der hätte jeder sein können. Der hätte der Teufel selber sein können.« Sie legte die Hände vor die Augen und fing an zu schluchzen. Bobby beobachtete sie. Das Schluchzen kam ihm echt vor.
»Wieso hast du es nicht abtreiben lassen?«
»Sie haben es mir verboten. Sie haben andauernd angerufen, manchmal zehnmal am Tag. Sie haben auch meine Eltern angerufen. Und sie haben gedroht.«
»Womit gedroht?«
»Dass sie mich verraten und dass mir was passieren könnte.«
»Wer hat damit gedroht?«
»Glauben Sie, die haben ihren Namen genannt? Ich kannte da niemanden.«
»Haben sie Geld angeboten?«
»Sie haben meinem Vater welches gegeben.«
»Wie viel?«
»Hat er nicht gesagt. Der Mistkerl, der würde mich für zehn Dollar verkaufen.«
Peggy starrte auf den Bildschirm, und Bobby ließ sich das, was sie gesagt hatte, durch den Kopf gehen. »Okay, ich habe dich jetzt lange genug belästigt, zumindest vorläufig. Schlaf ein bisschen. Wir unterhalten uns morgen noch mal.«
» Fuck you .«
Als Bobby herunterkam, schrie Ralph Summers ihn an: »Zufrieden? Jetzt haben Sie sie wieder aufgeregt.«
Bobby schenkte ihm ein Lächeln. »Wie viel Geld haben Sie bekommen, damit sie das Baby kriegt?«
Ralph lief puterrot an. »Ich habe nie einen Penny gesehen.«
»Sie lügen mich an, Ralph. Das ist nicht nett. Ich werde wiederkommen, bis Sie mir die Wahrheit sagen.« Bobby ging zur Tür. »Schönen Abend noch.«
Er war auf halbem Weg zu seinem Z, als er hörte, wie die Haustür sich hinter ihm öffnete und wieder schloss. Mrs. Summers kam die Stufen heruntergelaufen. »Hat sie es Ihnen erzählt?« Sie sah aufgeregt und verängstigt zugleich aus.
»Sie sagt, sie hat sein Gesicht nicht gesehen.«
»Ja, aber hat sie Ihnen gesagt, warum nicht?«
Bobby fragte sich, ob das so was wie ein Spiel sein sollte. »Weil es zu dunkel war, sagt sie.«
»Das ist nicht der Grund. Sie hat mir erzählt, er trug eine Maske. Es war dunkel, aber nicht so dunkel. Er trug eine Schädelmaske, wie ein menschlicher Schädel. Darum ist sie so außer sich. In der ersten Zeit hätte es sie beinahe verrückt gemacht.«
Mit diesen Worten eilte Mrs. Summers zurück ins Haus.
Seymour Hodges und Jimmy Mooney saßen in ihrem Krankenwagen vor dem Dunkin’ Donuts. Seymour hatte zu seinem Gras gern ein paar Gelee-Donuts, und vor ihnen auf der Ablage stand eine Schachtel mit einem ganzen Dutzend davon. Bis zum Morgen würde sie leer sein. In manchen Nächten, wenn die Leidenschaft sie packte, verputzten sie sogar noch eine zweite Schachtel. »Das sind Geschäftsspesen«, sagte Jimmy dann. »Nicht, dass es uns was kosten würde.«
Es war zehn Uhr am Freitagabend, und viel war nicht los. Ein paar Fahrten wegen Brustschmerzen und ein Toter für den Ofenpalast, das war alles. Seymour war bereit für sein Nickerchen, und Jimmy quasselte in einer Tour, um ihn wach zu halten. Er hatte genug von Seymours nächtlichem Geschrei und redete, um den bösen Moment hinauszuschieben.
»Skalpiert«, sagte er. »Ich hab noch nie einen Skalpierten gesehen. Hast du schon mal einen Skalpierten gesehen?«
Seymour neigte dazu, lange für eine Antwort zu brauchen, als ob die Worte in seinen Kopf drangen wie Wasser, das in Tonerde versickert, und dann sprach er so langsam, dass manchmal zwischen einem Wort und dem nächsten eine ganze Minute verging. Wenn das nächste Wort dann kam, hatte Jimmy manchmal komplett vergessen, wovon eigentlich die Rede war.
»Ein Typ in einer anderen Kompanie stand auf Skalpieren. Vielleicht ein Scharfschütze.«
»Und was hat er mit den Skalps gemacht?«
»Hat sie getrocknet. Sahen alle gleich aus. Die Irakis sind nicht wie wir, die haben alle die gleiche Haarfarbe. Schwarz, bei manchen auch Grau. Er hat versucht, den Skalp der Familie zurückzuverkaufen, weißt du, als Erinnerungsstück. Ein paarmal hat das auch geklappt, aber es ist nicht so, dass die Familie immer den richtigen Skalp gekriegt hat. Er griff in seine Kiste und schnappte sich den erstbesten Skalp, den er zu fassen kriegte. Wie gesagt, die sahen alle gleich aus.«
»Vielleicht kriegen wir den skalpierten Toten, wenn die Rechtsmedizin ihn freigibt«, meinte Jimmy. »Nee. Die werden ihn nach Boston raufschicken. Da kommt er her, oder?«
Seymour antwortete nicht, und Jimmy hatte schon Angst, der Mann
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