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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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ein paar versucht. Jedenfalls wollte ich melden, was mit Hercel passiert ist. Ich glaube, wenn er es nicht geschafft hätte, über die Mauer zu kommen, wäre er vielleicht getötet worden.«
    »Wie viele waren es?«
    »Kann ich nicht sagen. Vielleicht ein Dutzend, vielleicht weniger. Ich habe sie nicht richtig gesehen.«
    Bobby versprach, sich mit der für Fische und Wildtiere zuständigen Behörde in Wakefield in Verbindung zu setzen und auch den kommissarischen Polizeichef Bonaldo zu informieren. In Rhode Island waren Kojotenangriffe in der Vergangenheit selten gewesen, aber im letzten Jahr hatte es gleich mehrere gegeben. Er bezweifelte, dass Bonaldo allein damit zurechtkommen würde.
    Bobby hatte vor knapp einer Stunde mit Bonaldo gesprochen und von dessen Anruf bei Chief McGarrah erfahren. Dabei hatte Bobby eine Menge Stoff zum Nachdenken gewonnen, doch ein Satz ragte über die anderen hinaus: »Carl ist ein prima Kerl, wenn er seine Medikamente nimmt.« Andernfalls werde er paranoid und »ein bisschen gewalttätig«.
    »Hat Hercel etwas über Carl Krause erzählt?«, fragte Bobby.
    »Nein, aber da stimmt etwas nicht zu Hause. Er hat nicht gesagt, was, doch er ist mit dem Rad zu uns gefahren, um ihm zu entkommen. Er ist ein Freund von Tig – Antigone, unsere Enkelin.«
    Bobby erwog, ihr von der aufgehängten Katze zu erzählen, kam dann jedoch zu dem Schluss, dass es sie nichts anging – man hatte ihn immer davor gewarnt, Zivilpersonen Informationen anzuvertrauen –, und deshalb erzählte er ihr auch nicht, dass er zu Carl unterwegs war, um mit ihm zu reden.
    Harriet Krause arbeitete halbtags in der Apotheke, CVS Pharmacy, in der Water Street. Bobby kam, als sie gerade in die Mittagspause gehen wollte, und fragte sie, wo er Carl finden könne. Sie wusste nichts von der aufgehängten Katze, und Bobby hatte nicht den Mut, ihr davon zu erzählen. Vielleicht würde er es später tun, vielleicht konnte das auch jemand anders übernehmen.
    Harriet sagte, Carl sei beim Anstreichen in einem Sommerhaus in Hannaquit. Sie beschrieb ihm die Lage und fügte hinzu, Bobby werde Carls roten Ford F- 150 in der Einfahrt sehen. Als er Carls Namen erwähnte, war sie erstarrt, oder vielleicht war sie auch erstarrt, als er sich als Detective vorgestellt hatte. Vermutlich war es die Sache mit der Schrotflinte, die sie beunruhigte. Aber weshalb war Hercel dann mit dem Rad im Dunkeln zu Bernies Farm gefahren?
    »Worum geht es?«, fragte Harriet.
    »Nur eine Frage wegen der Sache mit der Flinte. Kein Grund zur Beunruhigung.«
    Doch Harriet war beunruhigt, auch wenn Bobby nicht erkennen konnte, ob es dafür einen konkreten Grund gab oder ob es sich um eine frei schwebende Beunruhigung handelte. Um sie ein bisschen zu beruhigen, sagte er: »Sie haben einen tollen Jungen. Ihr Hercel da. Cleveres Kerlchen. Ich mag ihn wirklich gern.«
    »Ja«, sagte Harriet. Aber sie war immer noch beunruhigt.
    Zehn Minuten später lenkte Bobby seinen Z in die sandige Einfahrt neben Carls Ford Pickup. Er ließ den Motor aufheulen, damit Carl wusste, dass er da war. Das Haus stand auf Pfählen ungefähr dreißig Meter vor der Hochwasserlinie. An der Seite führte eine Treppe hinauf, und vier Balkone gingen auf das Meer hinaus. Außen war es mit grauem Holz verkleidet, hatte schätzungsweise zehn Zimmer in drei Geschossen und war ein paar Millionen wert, zumindest bis zum nächsten großen Hurrikan.
    Bobby machte ordentlich Lärm, als er die Holztreppe hinaufstieg. »Hey, Carl, sind Sie da drin?« Seine Pistole steckte in einem kleinen Halfter am Gürtel unter seinem Jackett. Bobby verspürte den furchtbaren Drang, die Hand auf den Kolben zu legen, aber er widerstand ihm. Er wusste nicht, was schlimmer sein würde: dass er Carl überraschte oder Carl ihn. »Hey, Carl, kann ich reinkommen?« Bobby stieß die Tür auf und trat ein. Das gesamte untere Geschoss war ein offener Raum mit bequemen Sofas und einem durch Theken abgegrenzten Küchenbereich. Das große Panoramafenster an der Seeseite gab Bobby das Gefühl, am Rand einer Steilküste zu stehen. Treibholzklötze dienten als Kunstwerke.
    Nichts deutete auf Carls Anwesenheit hin, außer ein paar Pinseln in der Küche. Im Haus war es still. Bobby hörte das Schwappen der Wellen, die sich am Strand brachen, und den Schrei einer Möwe. In der Ferne sah er Block Island. Bobby hatte es nicht gern, wenn er Angst hatte, also sagte er sich, er sei nur nervös. Ein kleines bisschen. Wenn Carl hier war, musste er

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