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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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wen ich da gesehen habe.«
    »Ronnie McBride.«
    »Du Arsch, kannst du nie ernst sein? Carl. Ich wusste nicht, dass Digger ihn da draußen arbeiten lässt. Larry war dabei, ihm alles zu zeigen. Carl hat nicht gesagt, wie lange er schon da war. Er hatte miese Laune. Gibt’s sonst noch was Neues? Man muss sich einfach von ihm fernhalten, wenn er so drauf ist. Meinst du, du könntest da draußen arbeiten? Zum Beispiel, wenn Carl rausfliegt?«
    »Was ist denn da so schwer dran? Das sind Leichen, oder?«
    »Man muss sie filzen, auf Ringe und so Zeug. Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Jetzt soll es ein Gesetz geben, dass man ihnen die Zähne ziehen muss, wegen der Füllungen. Die sind ja voll von Quecksilber. Nie im Leben reiße ich einer Leiche die Zähne raus. Das ist unreligiös. Wenn ein Toter Zähne hat, soll er sie auch mit in den Ofen nehmen. Ich meine, es sind doch seine Zähne, oder? Und dann muss man die Knochen zermahlen. Die kommen in ein Ding, das aussieht wie ein großer Küchenmixer mit allem Drum und Dran. Ich hab zu Larry gesagt, damit würde ich gern ein paar Margaritas zusammenmixen, und da hat er mich mit diesen toten Augen angeguckt. Ich selber, ich will in die Erde – ein hübscher Sarg, nicht zu teuer, nicht zu billig. Larry hat ein paar Knochenbrocken in diesen Mixer geworfen und dabei seine Zigarre geraucht. Glaubst du, da fällt keine Asche auf die Krümel von diesem Typen? Larry sagt, von einem Toten zum nächsten kriegt man nie die ganze Asche raus, und so werden alle mit einem Rest Asche von jemand anderem zusammengeschüttet. Wie würde es dir gefallen, mit ’ner dicken alten Farbigen zusammengeschüttet zu werden? Nee, ich will in die Erde.«
    Inzwischen hatte Seymour den Wagen vor dem Krankenhaus geparkt. Er lehnte sich zurück und drehte sich einen neuen Joint. Jimmy schwatzte weiter, um ihn wach zu halten.
    »Du weißt doch, dass Totengräber solche Kurse machen. Ich meine, Leute, die Totengräber werden wollen. Da gibt’s einen Kurs in restaurativer Wiederherstellung, und da sitzen all die Totengräberlehrlinge in einer Klasse, und weißt du, was sie machen?« Seymour antwortete nicht, und Jimmy sprach lauter. »Weißt du, was sie machen?«
    »Sag’s mir.« Seymour beschloss, auf den Joint zu verzichten. Vielleicht würde er ein Nickerchen machen.
    »Sie bringen ein paar Aluminium-Grillpfannen mit, wie man sie für den Thanksgiving-Truthahn nimmt, aber auf jeder dieser Pfannen liegt ein Kopf, der quasi am Hals abgeschnitten ist. Ist das nicht cool? Und jeder kann an einem abgeschnittenen Kopf arbeiten.«
    Seymour wurde aufmerksam. »Woher kriegen sie die Köpfe?«
    »Die Schule kauft sie. Sie kosten ungefähr siebenhundert Dollar das Stück. Man kann allen möglichen Scheiß kaufen. Du würdest gar nicht glauben, welchen Scheiß du so kaufen kannst, legal oder illegal. Für den legalen Scheiß gibt’s eine Preisliste, aber man braucht so was wie ’ne Lizenz: Hände für fünfhundert Dollar, Handgelenke für fünfhundert, Ellenbogen für fünfhundert, und ein ganzes Bein kostet bis zu tausend. Und Haut, verdammt, Mann: zehn Dollar für den Quadratzoll. Du bist eine wandelnde Goldmine. Wie die Schlitzaugen ein Hühnchen essen: Die fressen alles restlos auf. Und diese Totengräber-Lehrlinge, die pudern die Köpfe und legen Lippenstift und Rouge auf, genau wie bei Models. Und das alles in der Truthahnpfanne.«
    Nach einer kurzen Pause fragte Seymour: »Hast du Pläne wegen Carl?«
    »Hey, ich hab jede Menge Pläne. Ich brauche mir nur einen auszusuchen. Wir könnten ihm eine Scheißangst einjagen, irgendwas machen, wovon er überschnappt. Er darf nur nicht wissen, dass wir es sind. Das ist die Hauptsache. Er ist unheimlich jähzornig. Vielleicht ist es besser, wenn ich es allein mache, damit nichts vermasselt wird. Dann kündigt er oder wird rausgeschmissen, und Digger sagt zu mir: › Wir müssen Carl ersetzen. Hast du eine Idee? ‹ Und dann sage ich: › Seymour Hodges ist der richtige Mann für den Job. ‹ Wie findest du das?«
    »Ist mir recht.« Seymour schwieg kurz und sagte dann: »Wenn Digger anfängt, mehr Leute zu verbrennen, als er begräbt, nennst du ihn dann Digger oder Burner?«
    »Burner gefällt mir nicht. Cooker vielleicht? Nein, ich nenne ihn den Chef. Das hat Klasse. Der Chef.«
    Ein Uhr am Sonntagmorgen, und zwei Kojoten können völlig sorglos mitten über die Water Street spazieren. Hier ein bisschen schnuppern, dort ein bisschen schnuppern. Wenn Ronnie

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