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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Rangordnung. Diese Privilegien hatten ihn nicht etwa stimuliert, sondern ihn veranlaßt, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen, womit er Trujillos Vertrauen wieder und wieder enttäuscht hatte. Nicht zufrieden damit, als Militär ein Versager zu sein, war er Viehzüchter geworden, als würde man für die Viehzucht und die Verwaltung von Landbesitz und Molkereien kein Gehirn benötigen. Was war das Ergebnis? Ein Schuldenberg, eine Schande für die Familie. Es war gerade achtzehn Tage her, daß er persönlich aus seiner Tasche Romans Schulden bei der Agrarbank in Höhe von vierhunderttausend Pesos bezahlt hatte, um zu verhindern, daß das Landgut bei Kilometer vierzehn der Duarte-Landstraße zur Versteigerung gelangte. Und trotz alledem bemühte er sich nicht im geringsten, weniger Dummheit an den Tag zu legen.
    General José Rene Roman Fernández verharrte stumm und reglos, während Vorhaltungen und Beleidigungen über ihn herabregneten. Trujillo sprach nicht überstürzt; sein Zorn ließ ihn sorgfältig artikulieren, als wollte er auf diese Weise jede Silbe, jeden Buchstaben schärfen. Der Chauffeur fuhr rasch, ohne einen Zentimeter von der Mitte der leeren Landstraße abzuweichen.
    »Halt an«, befahl Trujillo kurz vor dem ersten Wachposten des weitläufigen, umzäunten Stützpunktes San Isidro. Er sprang aus dem Wagen und lokalisierte trotz der Dunkelheit sofort den großen Tümpel mit dem stinkenden Wasser. Der flüssige Dreck floß noch immer aus dem zerbrochenen Rohr; außer Schlamm und Gestank erwarteten sie Schwärme von Mücken, die sich sogleich auf sie stürzten.
    »Die erste Militärgarnison der Republik«, sagte Trujillo langsam, mühsam die Wut beherrschend, die erneut in ihm aufstieg. »Findest du es gut, daß der Besucher am Eingang des wichtigsten Luftwaffenstützpunktes der Karibik von dieser Scheiße aus Abfall, Schlamm, Gestank und Ungeziefer empfangen wird?«
    Roman ging in die Hocke. Er prüfte, richtete sich auf, beugte sich erneut hinunter, zögerte nicht, sich beim Abtasten des Abwasserrohrs auf der Suche nach dem Loch die Hände zu beschmutzen. Er wirkte erleichtert, nun, da er die Ursache für die Verärgerung des Chefs kannte. Hatte der Trottel etwas Schlimmeres erwartet? »Das ist eine Schande, selbstverständlich.« Er versuchte, mehr Empörung zu zeigen, als er fühlte. »Ich werde alle Vorkehrungen treffen, damit der Schaden sofort behoben wird, Exzellenz. Ich werde die Verantwortlichen bestrafen, vom Obersten bis zum Untersten.«
    »Angefangen bei Virgilio García Trujillo, dem Kommandanten des Stützpunktes«, brüllte der Wohltäter. »Du bist der erste Verantwortliche, und er ist der zweite. Ich hoffe, du wagst es, ihm die Höchststrafe aufzuerlegen, obwohl er mein Neffe und dein Schwager ist. Wenn du es nicht wagst, dann werde ich an euch beiden die fällige Strafe vollstrecken. Weder du noch Virgilio, noch irgendein kleiner Möchtegerngeneral wird mein Werk zerstören. Die Streitkräfte sind und bleiben die vorbildliche Institution, zu der ich sie gemacht habe, auch wenn ich dich, Virgilio und sämtliche uniformierten Nichtsnutze für den Rest eurer Tage ins Gefängnis stecken muß.«
    General Roman stand stramm und schlug die Hacken zusammen.
    »Ja, Exzellenz. Das wird nicht noch einmal passieren, ich schwöre es Ihnen.«
    Aber Trujillo hatte sich schon umgewandt und war in den Wagen gestiegen.
    »Weh dir, wenn von dem, was ich jetzt sehe und rieche, bei meinem nächsten Besuch hier noch das Geringste übrigbleibt. Du kleiner Scheißsoldat!« Er befahl dem Chauffeur: »Los.« Sie starteten und ließen den Minister der Streitkräfte im Morast zurück. Kaum hatte er Roman zurückgelassen – eine kleine Jammergestalt, die im Schlamm planschte –, verflog seine schlechte Laune. Er kicherte. Einer Sache war er sich sicher: Pupo würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen und die nötigen Flüche vom Stapel lassen, damit der Schaden repariert würde. Wenn so etwas zu seinen Lebzeiten geschah, was würde erst passieren, wenn er persönlich nicht mehr verhindern könnte, daß Ungeschick, Nachlässigkeit und Dummheit das zerstörten, was er mit so großer Anstrengung aufgebaut hatte? Würde das Land in die Anarchie und das Elend, in die Rückständigkeit und die Isolierung von 1930 zurückfallen? Ach, wenn Ramfis, der seinerzeit so ersehnte Sohn, fähig gewesen wäre, sein Werk fortzuführen! Aber er hatte nicht das geringste Interesse an Politik oder an seinem Land; nur an Alkohol, Polo

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