Das Fest des Ziegenbocks
und Frauen. Verdammt! General Ramfis Trujillo, Chef des Generalstabs der Streitkräfte der Dominikanischen Republik, spielte Polo und vögelte die Tänzerinnen des Pariser Lido, während sein Vater sich hier allein gegen die Kirche, die Vereinigten Staaten, die Verschwörer und gegen Schwachköpfe wie Pupo Roman schlagen mußte. Er bewegte heftig den Kopf, um diese bitteren Gedanken abzuschütteln. In anderthalb Stunden würde er in San Cristóbal sein, in der friedlichen, geliebten Hacienda Fundación mit ihren herrlichen Baumalleen, umgeben von Feldern und blitzsauberen Ställen, unweit des breiten Nigua-Flusses, dessen träges Dahinfließen im Tal er durch die Wipfel der Mahagonibäume, der Königspalmen und des großen Papierbaums verfolgen würde, die das Haus auf dem Hügel umstanden. Es
würde ihm guttun, morgen dort zu erwachen und den kleinen Körper von Yolanda Esterei zu liebkosen, während er dieses sanfte, reine Panorama betrachtete. Das Rezept von Petronius und von König Salomon: eine frische kleine Möse, um einem Veteran von siebzig Lenzen die Jugend zurückzugeben.
In der Villa Radhamés hatte Zacarías de la Cruz bereits den hellblauen, viertürigen Chevrolet Bel Air 1957 aus der Garage geholt, in dem er immer nach San Cristóbal fuhr. Ein Militäradjutant erwartete ihn mit dem Handkoffer, in dem sich die Schriftstücke befanden, die er morgen im Mahagonihaus durchsehen würde, sowie hundertzehntausend Pesos in Scheinen für das Personal der Hacienda und unvorhergesehene Ausgaben. Seit zwanzig Jahren unternahm er keinen Ortswechsel, auch wenn er nur wenige Stunden dauerte, ohne diesen braunen Handkoffer mit seinen eingravierten Initialen und ein paar Tausend Dollar oder Pesos in bar für Geschenke und etwaige Unkosten. Er wies den Adjutanten an, den Koffer auf den Vordersitz zu legen, und sagte zu Zacarías, dem hochgewachsenen, kräftigen Mulatten, der ihn seit drei Jahrzehnten begleitete – er war seine Ordonnanz bei der Armee gewesen – , er werde gleich herunterkommen. Schon neun Uhr. Es war spät geworden. Er ging in seine Wohnräume hinauf, um sich frisch zu machen; kaum war er ins Badezimmer getreten, sah er den Fleck. Vom Hosenschlitz bis zum Schritt. Er fühlte, daß er von Kopf bis Fuß zitterte: Gerade jetzt, verfluchtnochmal! Er bat Sinforoso um eine neue olivgrüne Uniform und eine neue Garnitur Unterwäsche. Er verlor fünfzehn Minuten damit, sich auf dem Bidet und am Waschbecken die Hoden, das Glied, das Gesicht und die Achselhöhlen einzuseifen und sich einzucremen und zu parfümieren, bevor er die Kleidung wechselte. Schuld war dieser Anfall schlechter Laune, wegen dem Scheißkerl von Pupo. Er versank erneut in Trübsinn. Es erschien ihm als unheilvolles Vorzeichen für San Cristóbal. Als er sich ankleidete, reichte Sinforoso ihm das Telegramm: »Angelegenheit Lloyd’s geregelt. Habe mit dem Verantwortlichen gesprochen. Überweisung direkt an die Zentralbank. Liebe Grüße Ramfis.« Sein Sohn schämte sich; deshalb rief er ihn nicht an, sondern schickte ein Telegramm.
»Es ist ein wenig spät geworden, Zacarías«, sagte er.
»Also beeil dich.«
»Verstanden, Chef.«
Fr machte es sich in den Kissen des Rücksitzes bequem und schloß halb die Augen, um sich während der einen Stunde und zehn Minuten, die die Fahrt nach San Cristóbal dauern würde, auszuruhen. Sie fuhren in Richtung Südwesten, auf die Avenida George Washington und die Landstraße zu, als er die Augen öffnete: »Erinnerst du dich an Monis Haus, Zacarías?« »In der Wenceslao Álvarez, dort, wo Marrero Aristy wohnte?« »Da fahren wir hin.«
Es war eine Erleuchtung gewesen, ein Gedankenblitz. Plötzlich hatte er das runde, zimtfarbene Gesicht Monis gesehen, ihre gelockte Mähne, die Spottlust in ihren mandelförmigen Augen voller Sterne, ihren straffen Körper, ihre hohen Brüste, ihre festen Hinterbacken, die sinnliche Hüfte, und abermals hatte er das köstliche Kitzeln in den Hoden gespürt. Das Köpfchen des Penis erwachte und stieß gegen die Hose. Mord. Warum nicht. Sie war ein hübsches, zärtliches Ding, das ihn nie enttäuscht hatte, seit ihr eigener Vater sie ihm damals in Quinigua auf dem Fest zugeführt hatte, das die Amerikaner von La Yuquera für ihn gaben: »Sehen Sie nur, was für eine Überraschung ich für Sie habe, Chef.« Das kleine Haus, in dem sie wohnte, in der neuen Siedlung am Ende der Avenida Mexico, hatte er ihr geschenkt, am Tag ihrer Hochzeit mit einem jungen Mann aus guter
Weitere Kostenlose Bücher