Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
Vom Netzwerk:
veranstaltet, Preise erhalten, Auftritte in allen Fernsehsendern gehabt. Sie würden ihr vermeintliches Heldendasein genießen. Sie sind bestimmt hier versteckt.« »Dann werden sie früher oder später ins Netz gehen«, murmelte Ramfis. »Ich habe Tausende von Männern, die sie Haus für Haus, Loch für Loch suchen. Wenn sie noch in der Dominikanischen Republik sind, werden sie ins Netz gehen. Und wenn nicht, dann gibt es keinen Ort in der Welt, an dem sie sich der Strafe für Papis Tod entziehen können. Und wenn ich den letzten Centavo dafür ausgebe.«
    »Ich hoffe, daß Ihre Wünsche in Erfüllung gehen, Herr General«, sagte ein verständnisvoller Balaguer. »Erlauben Sie mir eine Bitte. Versuchen Sie, die Form zu wahren. Das schwierige Unterfangen, der Welt zu beweisen, daß das Land sich der
    Demokratie öffnet, würde mißlingen, wenn es zu einem Skandal käme. Zu einem weiteren Fall Galíndez, sagen wir, oder einem weiteren Fall Betancourt.« Nur in bezug auf die Verschwörer war der Sohn des Generalissimus unzugänglich. Balaguer verlor seine Zeit nicht damit, für ihre Freilassung einzutreten – das Schicksal der Festgenommenen war besiegelt, das galt auch für Imbert und Amiama, wenn man sie verhaftete –, von der er im übrigen nicht überzeugt war, daß sie seine Pläne begünstigte. Die Zeiten änderten sich in der Tat. Die Gefühle der Masse waren unbeständig. Das dominikanische Volk, bis zum 30. Mai 1961 trujillotreu bis in den Tod, hätte Juan Tomás Díaz, Antonio de la Maza, Estrella Sadhalá, Luis Amiama, Huáscar Tejeda, Pedro Livio Cedeflo, Fifí Pastoriza, Antonio Imbert und Genossen Augen und Herz herausgerissen, wenn es sie in die Finger bekommen hätte. Aber die mystische Verschmelzung mit dem Chef, in der die Dominikaner einunddreißig Jahre lang gelebt hatten, schwand. Die Straßenkundgebungen, zu denen die Studenten, die Union Cívica, die Bewegung 14. Juni aufriefen, zu Beginn spärlich besuchte Veranstaltungen mit ein paar Handvoll verschreckter Teilnehmer, hatten sich nach einem Monat, nach zwei Monaten, nach drei Monaten vervielfacht. Nicht nur in Santo Domingo (Präsident Balaguer hatte bereits den Antrag vorbereitet, der Stadt ihren ursprünglichen Namen zurückzugeben, den Senator Chirinos im geeigneten Augenblick im Kongreß durch Akklamation billigen lassen würde), wo sie bisweilen den ganzen Independencia-Park füllten; auch in Santiago, La Romana, San Francisco de Macorís und anderen Städten. Die Angst verlor sich, und die Ablehnung Trujillos nahm zu. Sein feines historisches Gespür sagte Dr. Balaguer, daß dieses neue Gefühl unaufhaltsam wachsen würde. Und in einem allgemeinen trujillofeindlichen Klima würden die Mörder Trujillos zu mächtigen politischen Figuren werden. Wem würde das nützen? Deshalb schmetterte er einen zaghaften Versuch des Lebenden Drecks ab, der sich als parlamentarischer Anführer der neuen Pro-Balaguer-Bewegung bei ihm erkundigte, ob er glaube, daß
    eine vom Kongreß verabschiedete Amnestie der
    Verschwörer des 30. Mai die OAS und die Vereinigten Staaten überzeugen würde, die Sanktionen aufzuheben. »Die Absicht ist gut, Herr Senator. Aber die Folgen? Die Amnestie würde Ramfis’ Gefühle verletzen, und er würde sämtliche Amnestierten auf der Stelle umbringen lassen. Unsere Bemühungen könnten scheitern.« »Die Schärfe Ihrer Wahrnehmung wird nie aufhören, mich in Erstaunen zu versetzen«, rief der Senator Chirinos aus, kurz davor, Beifall zu klatschen.
    In allem, was nicht dieses Thema betraf, hatte Ramfis Trujillo – der seine offizielle Frau, die junge Schauspielerin Lita Milan, schwanger in der Stadt zurückgelassen hatte und sich auf dem Stützpunkt San Isidro oder in seinem Haus am Meer in Boca Chica, in dem er mit seiner letzten Geliebten, einer Tänzerin des Pariser Lido, und deren Mutter lebte, seinen täglichen Besäufnissen ergab – ein Entgegenkommen gezeigt, das weit über die Erwartungen Balaguers hinausging. Er fand sich damit ab, daß Ciudad Trujillo den Namen Santo Domingo zurückerhielt, daß die Städte, Örtlichkeiten, Straßen, Plätze, landschaftlich markanten Punkte und Brücken, die Generalissimus, Ramfis, Angelita, Radhamés, Doña Julia oder Doña Maria hießen, umbenannt wurden, und er bestand nicht darauf, daß die Studenten, Umstürzler und Herumtreiber, die die Statuen, Gedenkschilder, Büsten, Photographien und Inschriften Trujillos und seiner Familie in Straßen, Alleen, Parks und an Landstraßen

Weitere Kostenlose Bücher