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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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glaubt, alles ändert sich und das Land öffnet sich der Demokratie, muß ich die Vergangenheit einer selbstkritischen Prüfung unterziehen. Das ist schmerzhaft für Sie, ich weiß. Für mich ist es das nicht weniger. Die Politik verlangt bisweilen herzzerreißende Entscheidungen.«
    Eine ganze Weile antwortete Ramfis nicht. War er betrunken? Hatte er Drogen genommen? Nahte eine dieser seelischen Krisen, die ihn dem Wahnsinn nahebrachten? Die Augen brennend und ruhelos über den großen, bläulichen Augenschatten, verzerrte er seltsam sein Gesicht.
    »Ich habe es Ihnen schon erklärt«, fügte Balaguer hinzu. »Ich habe mich strikt an unsere Vereinbarungen gehalten. Sie haben meinen Plan gebilligt. Aber es gilt natürlich noch immer, was ich Ihnen damals gesagt habe. Wenn Sie es vorziehen, die Zügel in die Hand zu nehmen, dann brauchen Sie nicht die Panzer aus San Isidro anrollen zu lassen. Ich übergebe Ihnen sofort meine Rücktritts erklärung.«
    Ramfis betrachtete ihn lange, voll Überdruß. »Alle verlangen es von mir«, murmelte er ohne Begeisterung. »Meine Onkel, die Kommandeure der Regionen, die Militärs, meine Cousins, Papis Freunde. Aber ich will mich nicht auf Ihren Platz setzen. Mir gefällt diese Bürde nicht, Dr. Balaguer. Wozu? Damit sie es mir lohnen wie ihm?« Er schwieg, tief bedrückt.
    »Wenn es so ist, Herr General, wenn Sie die Macht nicht wollen, dann helfen Sie mir, sie auszuüben.« »Noch mehr?« entgegnete Ramfis spöttisch. »Wenn ich nicht wäre, hätten meine Onkel Sie schon lange mit Schüssen zum Teufel gejagt.«
    »Das genügt nicht«, antwortete Balaguer. »Sie sehen die Unruhe auf den Straßen. Die Kundgebungen der Union Cívica und der Bewegung 14. Juni werden immer gewalttätiger. Das wird noch schlimmer werden, wenn wir nicht durchgreifen.«
    Das Gesicht des Sohns des Generalissimus nahm wieder Farbe an. Er wartete mit vorgerecktem Kopf, als fragte er sich, ob der Präsident wagen würde, ihn um das zu bitten, was er ahnte.
    »Ihre Onkel müssen gehen«, sagte Dr. Balaguer sanft. »Solange sie hier sind, wird weder die internationale Gemeinschaft noch die hiesige Öffentlichkeit an den Wechsel glauben. Nur Sie können sie überzeugen.« Würde er ihn beschimpfen? Ramfìs betrachtete ihn perplex, als traute er seinen Ohren nicht. Es folgte eine weitere lange Pause.
    »Werden Sie auch mich bitten, dieses Land, dieses von Papi geschaffene Land zu verlassen, damit die Leute diesen Schwachsinn mit den neuen Zeiten schlucken?« Balaguer wartete einige Sekunden.
    »Ja«, murmelte er mit klopfendem Herzen. »Sie auch. Noch nicht. Nachdem Sie Ihre Onkel dazu gebracht haben, zu gehen. Mir geholfen haben, die Regierung zu konsolidieren, den Streitkräften begreiflich zu machen, daß Trujillo nicht mehr da ist. Das ist nichts Neues für Sie, Herr General. Das haben Sie immer gewußt. Daß es für Sie, Ihre Familie und Ihre Freunde das beste ist, wenn dieser Plan Erfolg hat. Es wäre schlimmer, wenn die Union Cívica oder die Bewegung 14. Juni an die Macht kämen.« Er zog nicht den Revolver, er spuckte ihn nicht an. Wieder wurde er blaß und verzerrte das Gesicht wie ein Geisteskranker. Er zündete sich eine Zigarette an, nahm mehrere Züge und sah zu, wie sich der Rauch auflöste, den er ausstieß.
    »Ich hätte dieses Land undankbarer Idioten schon lange verlassen«, murmelte er. »Wenn ich Amiama und Imbert gefunden hätte, wäre ich nicht mehr hier. Sie sind die einzigen, die noch fehlen. Wenn ich das Versprechen erfüllt habe, das ich Papi gegeben habe, werde ich gehen.« Der Präsident informierte ihn darüber, daß er die Rückkehr von Juan Bosch aus dem Exil erlaubt habe, mitsamt seinen Genossen der Revolutionären Dominikanischen Partei. Ihm schien, daß der General ihm nicht zuhörte, als er ihm erklärte, daß Bosch und die PRD sich mit der Union Cívica und der Bewegung 14. Juni einen erbarmungslosen Kampf um die Führung des Antitrujillismus liefern und damit der Regierung einen • guten Dienst erweisen würden. Denn wirklich gefährlich waren die Herren der Union Cívica Nacional, in der es Leute mit Geld und Konservative mit Verbindungen in den Vereinigten Staaten gab, wie Severo Cabral; und das wußte Juan Bosch, der alle erlaubten – und womöglich unerlaubten – Mittel einsetzen würde, um einem so mächtigen Mitstreiter den Zugang zur Regierung zu versperren.
    Es befanden sich noch etwa zweihundert wirkliche oder vermeintliche Komplizen der Verschwörung in La

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