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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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sorgfältig ein. Während er sich abtrocknete, verfluchte er einmal mehr die bösen Streiche, die ihm sein Körper spielte. Er führte eine Schlacht gegen vielfache Feinde, er konnte sich nicht alle Augenblicke von diesem Scheißschließmuskel ablenken lassen. Er streute Talkum auf seine Schamteile und zwischen die Beine, setzte sich auf die Toilettenschüssel und wartete auf Sinforoso.
    Die Besprechung mit dem Lebenden Dreck hatte ein gewis
    ses Unbehagen bei ihm hinterlassen. Es stimmte, was er ihm gesagt hatte: Im Unterschied zu seinen Brüdern, diesen Halunken, zur Vortrefflichen Dame, diesem unersättlichen Vampir, und zu seinen Kindern, den blutsaugenden Parasiten, war ihm Geld nie besonders wichtig gewesen. Er benutzte es im Dienst der Macht. Ohne Geld hätte er seinen Weg nicht machen können in den Anfängen, denn er war in einer sehr bescheidenen Familie in San Cristóbal zur Welt gekommen und mußte sich als junger Bursche irgendwie das Unerläßliche verschaffen, um sich anständig kleiden zu können. Später diente ihm das Geld dazu, effizienter zu sein, Hindernisse zu beseitigen, die notwendigen Leute zu kaufen, zu umschmeicheln oder zu bestechen und diejenigen zu bestrafen, die seine Arbeit behinderten. Im Unterschied zu Maria, die, seitdem sie das Geschäft mit der Wäscherei für die Konstablerwache erfunden hatte, als sie noch ein Liebespaar waren, ständig vom Geldhorten träumte, lag ihm am Geld nur, um es verteilen zu können. Wenn es nicht so gewesen wäre, hätte er dann dem Volk diese Geschenke gemacht, diese Gaben an die Menge jeden 24. Oktober, damit die Dominikaner den Geburtstag des Chefs feiern konnten? Wie viele Millionen Pesos hatte er all diese Jahre für Tüten mit Bonbons, Schokolade, Spielzeug, Obst, Kleider, Hosen, Schuhe, Armbänder, Halsketten, Erfrischungsgetränke, Blusen, Schallplatten, Jacken, Broschen, Zeitschriften ausgegeben, die an die endlosen Prozessionen verteilt wurden, die am Ehrentag des Chefs zum Regierungspalast pilgerten? Und wie viele unzählige mehr für Geschenke an seine Gevattern und Patenkinder bei diesen kollektiven Taufen in der Kapelle des Palastes, bei denen er sich seit drei Jahrzehnten ein- oder sogar zweimal die Woche in den Taufpaten von mindestens hundert Neugeborenen verwandelte? Millionen und Abermillionen von Pesos. Eine produktive Investition natürlich. Seine Idee, im ersten Regierungsjahr, die er seiner tiefen Kenntnis der dominikanischen Psyche verdankte. Als Pate in Beziehung zu einem Bauern, einem Arbeiter, einem Handwerker, einem Kaufmann zu treten hieß, sich der Loyalität des armen Mannes, der armen Frau versichern, die er nach der Taufe umarmte und denen er zweitausend Pesos schenkte. Zweitausend in den Zeiten des Wohlstands. In dem Maße, wie sich die Liste der Patenkinder auf zwanzig, fünfzig, hundert, zweihundert pro Woche erweiterte, waren die Geschenke – zum Teil wegen des Protestgeschreis von Doña Maria, aber auch infolge der Rezession der dominikanischen Wirtschaft nach dem Fest des Friedens und der Brüderlichkeit mit der Freien Welt im Jahre 1955 – immer weniger geworden und auf tausendfünfhundert, tausend, fünfhundert, zweihundert, hundert Pesos pro Patenkind gesunken. Jetzt bestand der Lebende Dreck darauf, die kollektiven Taufen abzuschaffen oder das Geschenk in ein symbolisches zu verwandeln, ein Roggenbrot oder zehn Pesos pro Patenkind, bis die Sanktionen aufgehoben würden. Verfluchte Yankees!
    Er hatte Unternehmen gegründet und Geschäfte gemacht, um Arbeit verteilen zu können und dieses Land zu entwickeln, um über Mittel zu verfügen, um drauflos schenken und auf diese Weise die Dominikaner bei Laune halten zu können.
    Und war er zu seinen Freunden, Mitarbeitern und Untergebenen nicht ebenso großzügig gewesen wie der Petronius in Quo Vadis? Er hatte sie mit Geld überschüttet, ihnen umfangreiche Geschenke gemacht zu ihren Geburtstagen, Heiraten, Geburten, erfolgreich durchgeführten Missionen oder einfach nur, um ihnen zu zeigen, daß er Loyalität zu belohnen wußte. Er hatte ihnen Pesos, Häuser, Land, Aktien geschenkt, er hatte sie zu Teilnehmern seiner Landgüter und Unternehmen gemacht, er hatte Geschäfte für sie geschaffen, damit sie gutes Geld verdienen konnten und den Staat nicht zu plündern brauchten. Er hörte diskretes Klopfen an der Tür. Sinforoso mit dem Anzug und der Unterwäsche. Er reichte sie ihm mit gesenktem Blick. Er war seit mehr als zwanzig Jahren an seiner Seite; er hatte ihn,

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