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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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erneut ins Exil gingen. Aber während er diese großmütige Geste für das Ausland machte, setzte er Antonio Imbert, den zuvor gefeierten Gouverneur von Puerto Plata, und dessen Bruder, Major Segundo Imbert, den örtlichen Militärkommandanten, ab, warf sie ins Gefängnis und schikanierte sie, während eine erbarmungslose Repression angeblicher Komplizen einsetzte, die verhaftet, gefoltert und in vielen Fällen heimlich erschossen
    wurden. ›Komplizen, die keine Komplizen waren‹, denkt er. ›Sie glaubten, alle würden sich erheben, sobald sie gelandet wären. In Wirklichkeit hatten sie niemanden.‹ Wie viele Un schuldige zahlten für diese Chimäre. Wie viele Unschuldige würden bezahlen, wenn die Sache heute abend schiefginge? Antonio Imbert war nicht so optimistisch wie Amadito oder Salvador Estrella Sadhalá; seit sie von Antonio de la Maza erfahren hatten, daß General JoséRene Roman, der Kommandeur der Streitkräfte, zur Verschwörung gehörte, waren sie überzeugt, daß nach dem Tod Trujillos alles wie geschmiert laufen würde, da die Militärs den Befehlen Romans gehorchen und das Brüderpack des Ziegenbocks festnehmen, Johnny Abbes und die hartnäckigen TrujilloAnhän-ger umbringen und eine militärisch-zivile Junta einrichten würden. Das Volk würde auf die Straße strömen und caliés umbringen, glücklich, die Freiheit erlangt zu haben. Würden die Dinge so laufen? Seit dem dummen Hinterhalt, in den Segundo gegangen war, hatten die Enttäuschungen Antonio Imbert allergisch gegen voreilige Begeisterung gemacht. Er wollte den Leichnam Trujillos zu seinen Füßen sehen; alles andere war ihm weniger wichtig. Das Land von diesem Mann befreien, das war die Hauptsache. Wäre dieses Hindernis beseitigt, würde sich eine Tür öffnen, auch wenn die Dinge sich nicht sofort bestens entwickelten. Das rechtfertigte die Sache heute abend, selbst wenn sie nicht mit dem Leben davonkämen. Nein, Tony hatte seinem Bruder Segundo bei seinen wöchentlichen Besuchen in La Victoria kein Wort von dieser Verschwörung erzählt. Sie sprachen von der Familie, von Baseball, vom Boxen; Segundo war munter genug, ihm Anekdoten aus dem Gefängnisalltag zu erzählen, aber das einzig wichtige Thema vermieden sie. Beim letzten Besuch hatte Antonio ihm beim Abschied zugeflüstert: »Die Dinge werden sich ändern, Segundo.« Einem Kenner genügen wenige Worte. Ob er es erraten hatte? Wie Tony war Segundo, der zunächst ein begeisterter Trujillo-Anhänger gewesen war und sich um den Preis vieler Rückschäge erst in einen Abtrünnigen und dann in
    einen Verschwörer verwandelt hatte, seit langem zu dem Schluß gelangt, daß die einzige Möglichkeit, der Tyrannei ein Ende zu setzen, darin bestand, dem Tyrannen ein Ende zu machen; alles andere war sinnlos. Man mußte die Person vernichten, in der sämtliche Fäden dieses düsteren Spinnennetzes zusammenliefen.
    »Was wäre passiert, wenn diese Bombe in der Máximo Gómez während des Spaziergangs des Ziegenbocks explodiert wäre?« sinnierte Amadito.
    »Ein Feuerwerk aus Trujillo-Anhängern am Himmel«, antwortete Imbert.
    »Ich hätte einer von denen sein können, die in die Luft geflogen wären, wenn ich Dienst gehabt hätte«, lachte der Leutnant.
    »Ich hätte einen großen Kranz mit Rosen für dein Begräbnis bestellt«, sagte Tony.
    »Was für ein Plan«, schaltete sich Salvador ein. »Den Ziegenbock mit seinen sämtlichen Begleitern in die Luft zu jagen. Herzlos!«
    »Na ja, ich wußte, daß du bei dem Zeremoniell nicht dabei sein würdest«, sagte Imbert. »Im übrigen habe ich dich zu der Zeit so gut wie nicht gekannt, Amadito. Jetzt hätte ich es mir zweimal überlegt.«
    »Da bin ich aber erleichtert«, dankte ihm der Leutnant. Während der guten Stunde, die sie an der Straße nach San Cristóbal warteten, hatten sie mehrmals versucht, sich zu unterhalten oder zu scherzen, wie jetzt, aber diese Versuche versandeten, und jeder versank wieder in seinen Ängsten, Hoffnungen oder Erinnerungen. Einmal hatte Antonio de la Maza das Radio angestellt, aber kaum erklang der zuckersüße Sprecher der Stimme der Tropen, der eine Sendung über Spiritismus ankündigte, schaltete er es wieder aus.
    Ja, bei dem vor zweieinhalb Jahren gescheiterten Plan, den Ziegenbock zu töten, war Antonio Imbert bereit gewesen, gemeinsam mit Trujillo eine gute Anzahl der Stiefellecker zu vernichten, die ihn jeden Abend bei seinem Spaziergang vom
    Haus Doña Julias, der Erhabenen Matrone, über die Máximo

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