Das Festmahl des John Saturnall
herzhafterer Gerüche. Unbehagliches Schweigen erfüllte den Raum.
»Es ist mein freier Entschluss«, sagte er schließlich.
»Wie in den alten Zeiten«, sagte Mister Bunce zu John, als er diesen dabei überraschte, wie er seine trügerischen Gerichte vorbereitete. »Früher haben sie Fischeier grün gefärbt und als Erbsen ausgegeben. Oder rohe Leber in dünne Streifen geschnitten und auf ein heißes Beefsteak gestreut. Sah aus, als würden Würmer aus dem Fleisch kriechen. Diese alten Köche konnten aus allem alles machen.«
»Konnten sie sich auch zu Bediensteten machen, die wegen arglistiger Täuschung aus dem Haus gejagt wurden?«, fragte Philip mit einem Seitenblick auf John. »Sie werden dich rauswerfen, genau wie Coake.«
»Coake ist freiwillig gegangen«, erwiderte John.
»Denkst du, Lady Lucy würde sich für dich verwenden?«
John zuckte die Achseln. Es sei ein Spiel, hatte er sich gesagt, als er das letzte Mal ihr Gemach verlassen hatte. Ein Erproben seiner Kunstfertigkeit. Das Fest gehörte schließlich seinem Koch ... Er langte nach der fetten Forelle, die er pochiert hatte. Er hatte Lucretia ein Fischgericht versprochen.
»Ich fürchte, der Herd war zu heiß«, sagte er am nächsten Tag bedauernd zu Mistress Pole. »Das Gelee hat sich getrübt. Aber heute, Mistress Pole, will mir scheinen, daß Ihre Ladyschaft Appetit verspüren könnte.
Dies ist schließlich das Gericht, das der König persönlich mit Genuss verzehrt hat.«
Pole und Fanshawe sahen auf die trübe Masse. Es folgte ihr gewohnter Rückzug. Kaum war John mit Lucretia allein, hob er die bebende Deckschicht trüben Gelees ab und enthüllte die Forelle mit ihren künstlichen Schuppen aus Mandelplättchen und winzigen Zitronenschnitzen. Lucretia sah zu John auf.
»Ihr müsst nicht auf diese Weise stehen«, sagte sie.
»Wie soll ich stehen, Lady Lucretia?«
Sie zögerte. »Wenn es Euch recht wäre, Master Saturnall, könntet Ihr ... sitzen.«
»Sitzen?«
»Ihr könntet mich dann besser beachten.«
»Euch beachten?«
»Ihr könntet mich ansehen. Wenn wir plaudern. Ihr könntet hier sitzen.« Das sagte sie, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt, dass er neben ihr saß. Sie blickte zu dem Sessel neben ihrem Sessel. »Ihr habt schließlich sogar neben dem König gesessen. Also könnt Ihr gewiss auch neben mir sitzen. Das heißt, wenn Ihr es wünscht.«
»Aber was ist, wenn Mistress Pole zurückkommt, Euer Ladyschaft?«, fragte John.
»Dann würde sie feststellen, dass Lady Lucretia Fremantle einen größeren Appetit hat, als sie dachte.« Sie schlug leicht auf die Sitzfläche des Sessels. »Kommt. Dann steht Ihr nicht so drohend über mir.«
John war zumute, als wäre er nicht mehr Herr über seine Bewegungen, als er sich bückte, um das Servierbrett von Lucretias Schoß zu nehmen. Er wollte die glatten Holzgriffe fassen, und dabei streifte seine Hand Lucretias Hand. Es durchfuhr ihn wie ein Schlag. Sein Arm zuckte zurück. Das Servierbrett rutschte weg. John versuchte es festzuhalten, aber es fiel klappernd zu Boden samt verstreuten Gräten und blassrosa Fischfleisch. Dann herrschte Stille. Und dann war Poles Stimme zu vernehmen.
»Was war das?«
John und Lucretia wechselten einen erschrockenen Blick. John kniete schnell nieder. Er stellte sich vor, er wäre in der Küche. Master Scovell hätte ihn gerufen. Das war eine einfache Arbeit. Zuerst die Gräten. Seine Hände arbeiteten flink. Dann das Gelee. Aber wie sollte er es aufheben, ohne es zu beschädigen? In der Küche hatte er ein Dutzend Spachtel und Heber zur Verfügung. Hier hatte er nur seine Hände. Und ihre.
»Helft mir«, zischte er, als Poles Schritte die oberste Treppenstufe erreichten. Lucretia ließ sich neben ihm auf die Knie fallen. »Schiebt Eure Hand dort darunter. Und jetzt ...«
Gemeinsam legten sie die Geleescheibe auf die Gräten. Wo war der Löffel? John erspähte ihn neben einem Papierschnipsel hinter einem der Bettpfosten. Er nahm beides. Löffel auf das Servierbrett. Papier unter den Teller. Im nächsten Augenblick kam Pole herein.
»Was war das für ein Lärm?«, fragte sie
»Ich ...«, sagten John und Lucretia wie aus einem Mund.
»Ich höre.«
»Zum meinem Bedauern muss ich gestehen, Mistress Pole«, sagte John, »dass ich ausgerutscht und gestürzt bin.«
Pole überprüfte das Servierbrett argwöhnisch. Ihr Blick blieb an dem Löffel haften. Sie hob ihn mit zwei knochigen Fingern hoch. Sie schnupperte.
»Dieser
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