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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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Augenblick ritt ein Rundkopf herbei. John sah einen Degen aufblitzen, bevor er Sir Hector in die Brust gerammt wurde. Er stieß einen Schrei aus und fiel vom Pferd.
    Die nächste Attacke wurde geritten. Die Soldaten vor John stolperten rückwärts, einer von ihnen strauchelte und stürzte. Das Klirren von Schwertern und Piken erfüllte die Luft. John sah Phelps fallen. Neben ihm wehrte Luke Hobhouse den Hieb ab, den ein Reiter gegen ihn führte. Die Dragoner um Sir William riefen: »Für Gott und für Königin Mary!« und preschten wieder voran. Doch John spürte, dass Panik sich
wie Übelkeit in den Reihen ausbreitete. Er roch sie, klebrig und metallen wie Blut.
    Die dritte Attacke war ihr Verderben. Ein Pferd ohne Reiter stieß durch die Reihen und erschien vor Philip und John, bäumte sich schnaubend auf und fuhr mit seinen Hufen über ihren Köpfen durch die Luft. Ein Pikenier trieb dem Tier seine Waffe in die Flanke, doch das Pferd trampelte ihn zu Boden. Um John herum machten Männer kehrt und ergriffen die Flucht und zerstoben vor dem Angriff. Und dann rannte auch er, wie Philip, Pandar und Phineas. Vor ihnen flüchtete ein Kürassier zu Fuß durch eine Hecke zu dem Wäldchen hinter ihnen. Sie liefen hinter ihm her, Phineas bemüht, seine Pike nicht zu verlieren. Pandar schnauzte ihn an: »Lass sie fallen, du Dummkopf!«
    Phineas starrte ihn ausdruckslos an. Wieder schrie Pandar ihn wütend an.
    »Er kann dich nicht hören!«, rief Philip. Er löste die Finger des Jungen vom Schaft der Pike und warf sie weg. Sie zwängten sich durch die Hecke und liefen weiter. Der Kürassier hatte die vor ihnen liegende Wiese schon halb überquert und hinkte auf die Bäume zu. Als sie das Wäldchen erreichten, drehte der Reiter sich um und nahm seinen Helm ab.
    »Zurück zum Schlachtfeld! Ich befehle es!«
    Piers Callocks strähniges Haar war schweißverklebt. Bis auf den Brustharnisch und den Helm hatte er sich seiner Rüstung entledigt. Seine Steinschlosspistolen steckten in ihren Halftern, und an einem seiner Beine lief eine dunkle Blutspur entlang. Er starrte die Köche an wie von Sinnen. Aber Pandars Blick folgte dem Blut bis zu seinem Ursprung, zu Piers’ linker Hinterbacke. Der Koch entblößte grinsend seine gelben Zähne.
    »Ein Messer im Hintern? Das ist eine verdächtige Verwundung, Lord Piers.«
    Piers schaute grimmig drein, und Pandar grinste noch breiter. Im nächsten Augenblick rief Philip: »Duckt euch!«, und eine Salve von Musketenschüssen ertönte. John hörte, wie eine Kugel in den Baum
neben ihm fuhr. Er riss Phineas, der vor Schmerzen stöhnte, zu Boden. Gemeinsam krochen sie unter den Bäumen hindurch.
    Sie gelangten auf eine Wiese. An ihrem Rand verlief ein Graben. Piers hinkte hinter ihnen her.
    »Helft mir!«, keuchte er.
    »Tut es langsam weh?«, fragte Pandar. John und Philip wechselten einen Blick, dann ergriffen sie Piers, jeder an einem Arm. John deutete mit einer Kopfbewegung auf den Graben.
    »Dorthin.«
    Sie rutschten und fielen die schlammige Böschung hinunter und landeten auf dem Rücken. Phineas hielt die Hände auf den Unterleib gepresst, dunkles Blut drang zwischen seinen Fingern hervor. John schob seine Hände weg.
    Er blickte auf eine klaffende Wunde. Die Eingeweide des Jungen quollen heraus, grau und rosa glitzernd. John erinnerte sich an die Schweine, die sie in Underleys Zerwirkkammer ausgenommen hatten.
    »Hast ganz schön was abgekriegt, Phin«, sagte er munter.
    »Wir werden es verbinden«, sagte Philip schnell. Er warf einen besorgten Blick zu den Bäumen zurück, dann zog er Jacke und Hemd aus und zerriss sein Hemd zu Streifen. John zog Phineas das Beinkleid ab.
    »Tut gar nicht so weh«, sagte Phineas. »Aber meine Beine fühlen sich kalt an.«
    Jenseits der Wiese kamen die Musketiere aus dem Wäldchen.
    »Wir müssen in Verteidigungsstellung gehen«, sagte Piers in befehlshaberischem Ton.
    »Phineas kann in gar keine Stellung gehen«, antwortete Philip schroff.
    »Lasst ihn zurück. Sie werden ihn zu einem Feldscher bringen«, sagte Piers.
    »Sie werden ihm die Kehle durchschneiden«, sagte Pandar unverblümt.
    Die Musketiere kamen über die Wiese.
    »Komm schon, Pandar«, sagte Piers flehend. »Du musst mir helfen.« Er hielt sich die Hinterbacke mit einer Hand. »Du weißt, wie großzügig mein Vater ist.«

    Dein Vater ist tot, dachte John. Er erhob sich aus seiner kauernden Haltung im Graben und schätzte die Entfernung zu dem Zauntor am anderen Ende der Wiese ab.

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