Das Festmahl des John Saturnall
sie zurückgelassen hatten. Er hatte keine Schüsse aus der Nähe gehört.
»Das war mein Vater«, verkündete Piers. »Ich habe die Schlachtlinie nicht gehalten. Ich habe mein Pferd gewendet, und er wollte mich zurückhalten. Er hat immer gesagt, dass ich mich als Feigling erweisen würde.«
John erinnerte sich an den Reiter, mit dem Sir Hector gerungen hatte. »Aber Ihr habt sieben Dragoner gefangengenommen«, sagte er etwas ratlos. »Ihr habt einen Angriff geführt.«
»Sie hatten sich ergeben«, sagte Piers. »Und ich habe keinen Angriff geführt. Ich war betrunken, und mein Pferd ist durchgegangen. Montagu ist so dumm, dass er das nicht gemerkt hat. Aber mein Vater wird mein Versagen herausposaunen, wie immer ...«
»Er wird nichts herausposaunen«, sagte John.
»Du weißt nicht, wie er ist«, brummte Piers.
»Ich weiß, dass er tot ist.«
»Tot?« Piers sah ihn ungläubig an. »Wirklich und wahrhaftig tot? Bist du sicher?«
John nickte, und auf Piers’ Miene trat ein Lächeln. »Er hat dafür gelebt, das Tal zurückzugewinnen. Das Tal und die Gunst des Königs.« Piers spähte durch die Dornen der Hecke, als könnte er dahinter das Schlachtfeld ausmachen. »Wer gäbe dafür nun einen roten Heller?«
»Der König wird seine Streitkräfte sammeln«, sagte John. »Er wird weiterkämpfen.«
Piers schnaubte verächtlich. »Die Sache ist verloren.«
Sie legten sich unter die Brombeerhecken und warteten auf den Einbruch der Nacht. Wiederholt patrouillierten Soldaten vorbei. Aus der Ferne hörten sie Musketenfeuer. John trank den letzten Schluck von seinem Wasservorrat und dachte wieder an Phineas, Philip und Pandar, die er auf der Wiese zurückgelassen hatte. Und was war mit den anderen? Als er Adam Lockyer zuletzt gesehen hatte, war dieser aus der Schlachtlinie weggelaufen. Ebenso Ben Martin und Peter Pears und Colin und Luke ... Vor seinem inneren Auge beschwor John die Küchenmannschaft von Buckland herauf, ohne zu wissen, ob ihre Mitglieder sich unter den Lebenden oder unter den Toten befanden. Neben ihm rutschte Piers stöhnend hin und her. Und als das Licht zu schwinden begann, hörte John ein leises Schnauben.
»Ein Pferd!«, zischte Piers neben ihm. »Sieh nur!«
Sie konnten den Umriss des Tiers sehen, gesattelt, aber ohne Reiter, den Kopf in das Gras gesenkt.
»Langsam«, sagte John, als Piers sich aus dem Dickicht wand. »Verscheucht es nicht.«
»Verscheuchen?«, flüsterte Piers zurück. »Das ist unsere Rettung, Küchenjunge.«
Das Pferd war ein brauner Wallach, groß genug für zwei Reiter. Es sah ihnen gutmütig entgegen, als sie aus dem Dickicht krochen.
»Es ist in gutem Zustand«, sagte Piers. »Auf dem Sattel wäre Platz für eine ganze Schwadron.«
Das Pferd beugte den Kopf; seine Zügel schleiften im Gras. Das wäre nicht weiter schwierig, dachte John. Doch als er sich näherte, wich das Pferd ihm aus.
»Nimm einen Stecken«, meldete sich Piers. Er reichte John einen. »Versuch, die Zügel zu angeln ...«
Das Pferd wich wieder aus. John sah besorgt zurück in Richtung Schlachtfeld. Hinter dem Zauntor erstreckte sich die Wiese bis zu dem
Wäldchen und der doppelten Hecke dahinter. Von Philip und den anderen war nichts zu sehen. Als das Pferd den Kopf senkte, zauderte John nicht mehr. Im nächsten Augenblick hielt er die Zügel in der Hand.
»Vorsicht«, sagte Piers. »Hilf mir hinauf.«
John setzte den Stiefel des jungen Mannes in einen Steigbügel. Piers stöhnte, als er das andere Bein über das Pferd manövrierte. Im selben Augenblick sah John eine Bewegung in der Hecke am andere Ende der Wiese. Ein Soldat mit Schlapphut tauchte auf.
»Schnell«, sagte John und streckte die Hand aus.
»Ich muss erst das Pferd beruhigen.«
Piers saß unsicher im Sattel. Hinter dem Wäldchen gesellte sich ein Dutzend Soldaten zu dem Mann, den sie erspäht hatten. Die Soldaten trugen Helme. Piers ergriff die Zügel. Als John nach dem Sattelknauf griff, zückte Piers die verbliebene Pistole.
»Du wolltest doch für sie kochen, Küchenjunge.«
John sah in die schwarze Mündung. Piers holte tief Luft.
»Für Gott und für Königin Mary!«
Sein Ruf war ringsum zu hören. John sah die Musketiere ihre Waffen schwenken. Dann gab Piers dem Pferd die Sporen. Es sprengte los, und Piers galoppierte davon.
Er rannte wieder. Sein Herz pochte, und seine Lunge brannte. Sobald die Musketiere zurückfielen, kroch John an Hecken und Gräben entlang. Als es dunkelte, fand er Zuflucht in der
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