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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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wie sein Blick die dicken Eichenbohlen der Kapellentür zu durchdringen vermochte. Er vergrub sich in der Küche, wo er auf Mister Bunces Drängen jeden Morgen die Schöpfkelle gegen den Kupferkessel schlug.
    »Scovell hat sie für Euch hinterlassen«, sagte der Leiter der Vorbereitungsbrigade, und die anderen nickten zum Zeichen ihres Einverständnisses. »Hat Euch die Verantwortung für die Küche überlassen, will mir scheinen.«
    Unter Johns Anleitung nahmen die Männer und Jungen abermals ihre Posten für die Zubereitung des Frühstücks ein, während Quillers Servierdiener aufgereiht am Fuß der Treppe warteten. Colin und Luke füllten die Servierbretter wie in früheren Zeiten, und Philip behielt vom Herd aus alles im Auge. In Mottes Gartenschuppen fand John Schaufeln, und er beauftragte Jim und Jem Gingell zu ihrem Verdruss damit, den stinkenden Abfluss unterhalb des Rosengartens zu reinigen. Die stehende Pfütze um den Küchenausguss herum verschwand und hinterließ nichts als eine Schmutzspur auf den Fliesen. Simeon gesellte sich zu Tam Yallop in der Backstube, und wieder erfüllte der Geruch frischgebackenen Brots die Gänge im Untergeschoss des Gutshauses von Buckland. Colin und Luke durchstöberten die Vorratskammern und Speisekammern, die Kammern für Wurzelgemüse und alte Rübenhaufen nach Resten, mit denen die abendliche Suppe angereichert werden konnte. Von der Küchenarbeit absorbiert, dachte John nicht mehr an die junge Frau in den oberen Gemächern. Dann war es wieder Sonntag.
     
    »Und die Kinder Israels nahmen gefangen alle Frauen der Midianiter«, dröhnte Clough. »Sie nahmen gefangen ihre Kinder und raubten all ihr Vieh, all ihre Habe und all ihre Güter. Und sie brannten all ihre Städte nieder und all ihre prächtigen Schlösser. Und sie nahmen alle Güter und alle Beute. Und Moses sprach zu ihnen: Warum habt ihr alle Frauen leben lassen? Siehe, sie haben die Kinder Israels vom Herrn abtrünnig gemacht. So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern,
und alle Frauen, die einem Mann beigelegen haben. Aber alle Frauen, die noch kein Mann erkannt, die lasst am Leben und behaltet sie für euch ...«
    Die Worte hallten in der schmucklosen Kapelle wider. Der Haushalt von Buckland, der auf den Fliesen kniete, hatte sich wie gewohnt Lumpen um die Knie gebunden, die unter der Kleidung verborgen waren. John kniete mit den anderen unter dem Blick der Milizionäre, während Cloughs Stimme summte und surrte wie eine Wespe, die sich in seinem Ohr verfangen hatte. Am Ende des Gottesdienstes blieb Lucretia wieder zurück. Und wieder schlug Clough die Tür der Kapelle zu.
     
    Johns Blasen verheilten. Er stand früher auf als die anderen Köche und ging als Letzter zu Bett, tappte gähnend und sich die Augen reibend zwischen den Männern und Jungen hindurch, die in der Küche und in der Vorbereitungsabteilung schnarchten. Jeden Sonntag band er sich wie die anderen Lumpen um die Knie und kniete in der Kapelle. Am Ende jeder der öden Predigten schloss sich, nachdem der Haushalt gegangen war, die Tür hinter Ephraim und Lucretia.
    John begann auf der oberen Wiese umherzuwandern, wo er durch das hohe Gras streifte und zu dem alten Kirchenschiff hinuntersah. Kein Licht war von drinnen zu sehen. Kein Ton erklang aus der Düsternis hinter den leeren Fensterhöhlen. Doch in seinem Kopf erklangen Lucretias Worte, deren Sinn sich ihm nicht enthüllen wollte. Wie Tantalus in seinem Teich.
    Wir tauschen unser Verlangen nur aus  ...
    Was hatte sie ihm damit sagen wollen? Er wand sich und zappelte an dem Haken dieser Frage, ohne sich befreien zu können. Er schnauzte die Küchenjungen an und verfiel in langes Brüten, bis Philip ihn daraus weckte. Als es Winter wurde, blies kalter Wind von der Ebene von Elminster her. Die Suppe wurde dünner. Das Brot wurde härter.
    »Erinnerst du dich an Phineas’ Brotlaibe?«, sagte Philip wehmütig zu John, als die letzten Brote aus dem Ofen geholt wurden, Brote, die wie dunkle Backsteine aussahen.

    »Nicht einmal Phineas hätte aus gemahlenen Bohnenkernen und Roggen einen Brotlaib backen können«, erwiderte John. »Wir könnten ebensogut den Staub aus den Stallungen zum Backen zusammenkehren.«
    »Manche der Männer erwägen zu gehen«, sagte Philip. Er brach einen Kanten Brot ab und kaute mit finsterer Miene. »Lady Lucys Fastentage. So nennen sie unser Leben.«
    »Wer?«, fragte John. »Und wohin wollen sie gehen? Nach Zoyland?«
    »Bens Verzeichnisse lügen

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