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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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Richtblock gekettet. Sagten, er schulde Gott eine Hand für sein papistisches Predigen. Sie hätten ihm die Hand abgehackt, wenn Lady Lucretia nicht eingeschritten wäre.«
    »Sie hat sie daran gehindert?«, fragte John.
    »Hat Marpot in die Kapelle mitgenommen. War über eine Stunde da drinnen. Sollen gebetet haben, hat einer der Halunken behauptet. Oben in dem Turm. Sie hat sich die Schlüssel aus Mister Pounceys Zimmer holen lassen. Jedenfalls haben sie Yapp freigelassen, nachdem sie rauskam.«
    Warum, fragte sich John, hatte Lucretia Marpot in den Turm mitgenommen? Doch nach ihrer letzten Begegnung war ihm alles unbegreiflich, was sie tat.
    »Melichert hat am nächsten Tag seine Siebensachen gepackt«, sagte Mister Stone. »Hat sich in Stollport eingeschifft. Er hat sich wenigstens verabschiedet. Vanian hat sich einfach in Luft aufgelöst.«
    Wie Scovell, dachte John, der sich in dem verwüsteten Zimmer umsah. Die Apothekergefäße standen noch immer auf ihrem Regalbrett.
    »Marpots Name hat genügt, um die Leute Reißaus nehmen zu lassen«,
fuhr Bunce fort. »Seine halbe Miliz hatte in Callock Marwood ihr Lager aufgeschlagen. Es wurde so schlimm, dass man sich im Dorf nicht mehr in Livree blicken lassen konnte. Als Nächstes sind die Knechte weggeblieben. Und jetzt haben wir auf dem Markt von Carrboro keinen Kredit mehr. Die Leute denken sich, dass wir nicht mehr lange genug hier sein werden, um sie zu bezahlen.«
    »Keiner von uns hat seit vergangenem Michaeli einen Penny Sold gesehen«, fügte Fanshawe hinzu. »Mister Pouncey wusste über alle Einnahmen und Ausgaben Bescheid. Löhne, Pachtzins, Steuern. Für jeden Zipfel Land von Flitwick bis nach Stollport. Er hatte alles im Kopf. Und jetzt weiß er nicht einmal, welchen Tag wir haben.«
    Aus dem Durchgang zum Hof sah man die Bretterbuden, die für den Besuch des Königs errichtet worden waren, dastehen, als hätten sie Schlagseite. In den Stallungen schnaubten zwei Zelter und ein bejahrtes Zugpferd. In Mottes Küchengarten gedieh das Unkraut zwischen abgebrochenen Bohnenstangen. Hinter der Gartenmauer führte das verstopfte Abflussrohr zu den unkrautüberwucherten Rieselwiesen. Beim Bauerngehöft am anderen Flussufer schien nicht mehr angebaut zu sein als ein halbes Feld voll Grünkohl und ein halbes Feld Roggen. John stand an der Uferböschung und betrachtete die Anlegestelle und die grünschimmernden Fluten. Die Planken des Stegs waren zersplittert. Knackweiden und Holunderbüsche hatten sich auf den Böschungen breitgemacht. Flussaufwärts schöpften die Mühlräder aus dem trüben Gewässer lange Schlingen von Tang und Entengrütze.
    Als John über die Wiesen zurückwanderte, schienen ihm nur die Karpfenteiche unverändert zu sein, von dem Reiherjungen von Unkraut gesäubert und vor Vögeln beschützt. John hob einen Arm, und die zerlumpte Gestalt flatterte zur Begrüßung mit ihren Flügeln.
    »Redest du immer noch im Schlaf?«
    Der Reiherjunge warf den Kopf zurück und lachte lautlos.
    John und Mister Fanshawe wanderten weiter, am Rosengarten und an der Freitreppe zum großen Saal vorbei. Die Kapelle hinter der Mauer des Ostgartens war verschlossen.

    »Marpots Pastor hat den Schlüssel an sich genommen«, sagte Fanshawe und verzog das Gesicht.
    »Pastor?«
    »Hat Ihre Ladyschaft Euch das nicht gesagt?«, fragte Fanshawe. »Marpot hat ihn uns hinterlassen. Pastor Ephraim Clough.« Er sah John neugierig an. »Master Saturnall? Ihr seht drein, als hättet Ihr ein Gespenst erblickt.«
     
    »Die wickelt Ihr Euch um die Knie«, erklärte Mister Bunce John am Sonntag und reichte ihm eine Handvoll Lumpen. »Bindet sie gut fest und versteckt sie unter Euren Kniehosen. Dann kann unser Pastor denken, wir litten alle Folterqualen, wenn wir auf dem Boden knien. Die Leute sollen glauben, was ihnen passt, das ist meine Meinung.« Der untersetzte Mann grinste.
    »Und tut nichts anderes als knien«, sagte Tam Yallop warnend. »Sie haben einem auf die Hände geschlagen, weil er einen Knopf zugemacht hat. Wäre Arbeit am Sabbat, hat Pastor Clough gesagt.«
    Bei der Erwähnung Ephraims kehrte Johns dunkle Vorahnung wieder. Die ganze Woche über war sie gewachsen. Um ihn herum banden sich alle die Lumpen um die Knie und verbargen ihre Polster. Bald darauf erklang ein vertrautes Läuten. Die Handglocke, erkannte John. Schroffe Rufe ertönten im Hof der Bediensteten, und dann wichen die Köche zur Seite. Ein Mann in schwarzen Kniehosen, schlichtem schwarzen Überrock,

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