Das Festmahl des John Saturnall
hohe Reitstiefel trug, passend zu dem edlen Rotschimmel, der brav am Tor wartete, hatte er einen uralten formlosen Schlapphut auf dem Kopf. Unter der Hutkrempe quollen lockige schwarze Haare hervor, hie und da grau durchsetzt.
»Du musst den Stein in flachem Bogen werfen«, sagte der Mann. »Wirf ganz locker aus dem Handgelenk.«
Dann hob der Mann einen Stein auf, sah zum Brunnen und warf den Stein. Er traf mit sattem Knall auf die Umfassung. Der Mann nickte Will zu.
»Jetzt du.«
Will hob den Ellbogen an und warf. Und im nächsten Augenblick hörte er den gleichen Knall. Der Mann nahm seinen Hut ab und neigte den Kopf.
»Und wie heißt du?«
»Will Callock«, sagte Will.
Der Mann nickte ernst.
»Ich bin Bonnie Elsterstreet«, sagte Bonnie und stieß Will in die Seite.
»Es freut mich sehr, deine Bekanntschaft zu machen, Miss Bonnie.« Der Mann verbeugte sich leicht.
»Was habt Ihr hier zu tun?«, fragte Bonnie.
Der Mann hob die Augenbrauen, als hätte er darüber noch gar nicht nachgedacht. »Ich hatte auf eine Mahlzeit gehofft«, sagte er schließlich.
Will beobachtete, dass der Mann sich umsah. Nur zum Haus blickte
er nicht. Der Blick des Mannes schien von der Kapelle und von dem Turm über ihr wie gebannt zu sein. Eingehend betrachtete er die hohen gewölbten Öffnungen oben im Turm. Und dann drehten sich alle drei um, als eine scheltende Stimme ertönte.
»Bonnie! Master Callock! Kommt sofort her! Was tut ihr hier draußen um diese Tageszeit?« Eine Frau kam eilig herbei, ihre Haube in der Hand. Will warf einen besorgten Blick zu Bonnie. Mit Mistress Elsterstreet war nicht zu spaßen. Doch als sie näher kam, wendete sich der Mann zu ihr um. Zu Wills Verblüffung blieb Bonnies Mutter wie vom Blitz getroffen stehen. Doch dann malte sich ein ungläubiger Ausdruck auf ihrer Miene.
»John?«
Der Mann lächelte verzeihungheischend.
»Gemma, bitte sieh es mir nach. Ich hätte geschrieben ...«
Mit einer Handbewegung bedeutete sie ihm, dass sie nichts hören wollte. Sie trat zu ihm und ergriff ihn an beiden Armen. Und zu Bonnies und Wills Abscheu und Entsetzen umarmten und küssten die beiden sich.
»Komm«, sagte Mistress Elsterstreet und ließ ihn los. »Philip ist oben im Haus.«
Es sah aus, als hätte Bonnies Mutter Tränen in den Augen.
»Wird er mich sehen wollen?«, fragte der Mann namens John.
»Wird er dich sehen wollen? Was für eine dumme Frage!«
»Und Ihre Ladyschaft?«
»Wir haben das Festmahl so serviert, wie du es angeordnet hattest«, sagte Philip, der sich von seiner Verblüffung noch nicht ganz erholt hatte. Er saß mit John im Wintersalon. »Sogar die Schweinsohren.«
Gemma schüttelte den Kopf. »Dank sei dem Herrn, dass Master Piers zu bezecht war, um es zu verstehen. Ganz zu schweigen von der – der Ungeheuerlichkeit.«
»Eine wahre Finesse à la Callock«, sagte Philip, der bei der Erinnerung grinsen musste, während er die Silberkette um seinen Hals betastete.
»Erstklassig. Was für ein Kunstwerk. Hat mich und Simeon fast eine Woche Arbeit gekostet. Und als du weg warst ...«
»Verzeih mir«, sagte John unversehens. Er reichte über den Tisch und ergriff Philips gesunde Hand. »Ich konnte nicht bleiben.«
Philip zuckte die Schultern, als gehörte Johns Verschwinden zu einer so fernen Zeit, dass es in Vergessenheit geraten war. »Wir hörten von dir durch die Zeitungsblättchen. Dass der König dich in Dienst nehmen wollte und du dich geweigert hast. Dass du zur Küste der Berber gesegelt bist. Im Land der Türken warst. Dass der Bischof dich einen Ketzer genannt hat. Und dass du dann am französischen Hof gedient hast ...«
John lächelte. »Das waren ruhelose Jahre.«
»Und auch einträgliche Jahre, wie mir scheint«, sagte Gemma beifällig. »Der alte Josh hat gesagt, du hättest den halben Grundbesitz um Flitwick herum aufgekauft, ohne das Land zu besichtigen. Und du hättest ihm ein Haus in Soughton gekauft. Für ihn und sein Maultier.«
»Obwohl er noch keine Nacht darin verbracht hat«, sagte John. »Und das Land liegt oberhalb von Flitwick. Da wächst nichts außer Kastanienbäumen.«
Sie gingen zu den Küchenräumen hinunter. Ein großgewachsener Mann, der vor dem Kupferkessel stand, drehte sich um, als John ihn begrüßte, und ließ die Schöpfkelle fallen.
»Du hast dich nicht verändert, Simeon«, sagte John lächelnd. Er bückte sich, um die Kelle aufzuheben, und reichte sie Simeon zurück. »Wie ist der Porridge heute Morgen gelungen,
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