Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
Vom Netzwerk:
auf.
    »Wenn Euer Lordschaft wieder heiraten wollten. Wenn ein Sohn ...«
    »Nein!«
    Sir Williams Stimme hallte laut in dem holzgetäfelten Zimmer. Er funkelte seinen Haushofmeister an. »Ich nehme keine neue Frau. Nicht für das Tal. Nicht für ganz England.«
    Mister Pouncey betrachtete eingehend die Dielen. Sir William schob den wuchtigen Sessel zurück und trat schwerfälligen Schritts zum Fenster. Mister Pouncey sah die breiten Schultern unter dem schweren schwarzen Überrock einsinken. Seine Lordschaft drehte nun den massiven goldenen Ring an seinem Finger, das wusste der Haushofmeister. Drehte ihn ununterbrochen.
    »Findet einen anderen Weg, Nathaniel«, sagte Sir Wiliam in weniger heftigem Ton.
    Der Haushofmeister nickte und ordnete seine Papiere raschelnd für die Verzeichnisse des Gutshauses. Wenn seine eigenen Knochen zu Staub zerfallen wären, dachte er, dann würde vielleicht ein späterer Verwalter die tadellos geordneten Papiere dieser Zeit zu sehen bekommen: die Kosten für das Dach der Stallungen, für Pferd und Wagen. Er würde alles an seinem Platz vorfinden ... Dann bemerkte er die drei
zerknitterten Blätter, die auf dem Tisch lagen. Ein atemloser Küchenjunge hatte sie seinem Schreiber überreicht, Sekunden bevor Seine Lordschaft gekommen war. Mister Pouncey räusperte sich.
    »Verzeiht, Mylord. Es gibt da noch eine Sache. Eine Bittschrift. Sie kam heute morgen am Tor an, Mylord. Aus der Gemeinde Buckland.«
    Der breitschultrige Mann wendete sich vom Fenster ab. »Buckland?«
    »Sie liegt am Eingang des Tals. Oberhalb von Flitwick.«
    Sir William nickte; ein sonderbarer Ausdruck trat auf seine Miene. »Ich habe von Buckland gehört.«
    Mister Pouncey spitzte die Lippen. Er wusste von dem Ort nur, wo er sich befand und was auf den Blättern stand, die vor ihm lagen. Eigenartig, dass das ganze Tal nach einem so unbedeutenden Ort benannt war. »Der Priester dort nennt sich Pater Hole. Er bittet Euer Lordschaft um eine Gefälligkeit.«
    »Was für eine Gefälligkeit?«
    »Eine Anstellung, Mylord. Für einen Jungen.«
    Nicht zum ersten Mal schüttelte der Haushofmeister den Kopf ob der aberwitzigen Vorstellungen der Bittsteller, die sich an Sir William wandten. Seit das Gutshaus von der Welt abgeschnitten war, gab es im Haushalt wenig Verwendung für Jungen, und Scovell in den Küchenräumen handelte ohnedies nach eigenem Gutdünken. Mister Pouncey war im Begriff, das Schreiben auf den Stapel Papiere zurückzulegen, als Sir William sprach.
    »Lest vor, Nathaniel.«
    ... weshalb ich Euer Lordschaft ergebenst um diese Gefälligkeit bitte. Dieser Knabe trägt den Namen John Sandall. Er entstammt einer Familie, die lange in diesem Kirchspiel lebte, und seine Mutter machte Arzneien gegen jene Schmerzen, welche da sind das Vermächtnis von Evens Torheit. Doch letzten Sommer sind wir im Tal von Buckland von einem ärgeren Übel heimgesucht worden als Geburtsschmerzen oder das monatliche Bauchgrimmen der Weiber. Eine neuartige Schlange kroch in unseren Garten, um
Zwietracht zu säen unter den törichten Seelen dieses Kirchspiels und sie gegen ihren Priester aufzubringen. Dieser Scharlatan versprach, unsere Kinder zu heilen, und hetzte die leichtgläubigen Seelen unseres Kirchspiels gegen die Mutter dieses Knaben auf, die als Hexe geschmäht und aus ihrem Haus vertrieben wurde, sodass sie in der Kälte den Tod fand.
    Doch keine Heilung wurde von diesem selbsternannten Gottesmann bewirkt. Stattdessen wurden wir vom Tag der Kreuzesauffindung bis zum Montag nach Dreikönig von einem Pharao geknechtet. Er nennt sich Timothy Marpot und wandelt in den Fußstapfen jenes Zeloten namens Zoilus, der vor langer Zeit die Fenster unserer Kirche und die Nase unseres Bischofs zerschmettert hat. Doch als dieser Marpot die Kanzel in unserer Kirche verbrannte, erhob sich endlich das Volk von Buckland gegen ihn, und der Pharao wurde zum falschen Moses und floh mit seinen Anhängern vor unserem Zorn ...
    Mister Pouncey sah, dass sich Neugier auf den Zügen seines Herrn malte. Ein untypischer Gesichtsausdruck.
    »Eine Hexe in Buckland?«, fragte Sir William. »Hat man sie vor Gericht gebracht?«
    »Soll ich jemanden hinschicken, der Erkundigungen einzieht?«
    »Nein.«
    Langes Schweigen. Schließlich raschelte Mister Pouncey mit der schmutzigen Bittschrift.
    »Mylord?«
    Sir William hob den Kopf. »Ja?«
    »Wie lautet Euer Entschluss, Sir?«
    »Entschluss?«
    »Für den Jungen.«

    Ställe, Pferdestallungen und eine Reihe

Weitere Kostenlose Bücher