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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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offener Schuppen umschlossen den Innenhof. Männer und Jungen entluden Karren voller Feuerholz, Stroh und Bauholz. Schwere Säcke und Fässer wurden unter die Dächer der Schuppen getragen oder gerollt, während Stallknechte in violetter Livree Reihen von Pferden führten, deren Hufe auf dem Kopfsteinpflaster klapperten. Der Geruch von Heu und Pferdemist mischte sich mit dem des Zaumzeugleders und der Pferde. Hinter den Stallungen bellten Hunde. Während Josh und Ben mit dem Schreiber abrechneten, wich John rollenden Fässern und schwankenden Kistenstapeln aus, duckte sich unter Brettern, die Männer auf den Schultern trugen, sprang über Haufen von Säcken, die zu den leeren Fuhrwerken zurückgeschleift wurden. Wo er auch stand, war er im Weg. Schließlich zwängte er sich zwischen eine Ansammlung von Fässern und einen Schuppen voller Strohballen.
    Das Gutshaus ragte über ihm auf, die Mauern gleißten in der Morgensonne. Eine kunstvolle steinerne Treppe war von einem Portikus beschirmt, an den Ecken mit Fackel und Axt des Fremantle-Wappens verziert. Unter dem Portikus und am Ende der Treppe führten zwei große Türen in einen Eingangsraum, und hinter dem Hauptgebäude und einer Gartenmauer erstreckte sich ein langer Flügel, mit hohen Fenstern im Obergeschoss, deren rautenförmige Glassscheiben im Sonnenlicht funkelten.
    Die Lichtblitzer, die er gesehen hatte, könnten von den Fenstern ausgegangen sein, dachte John. Er schnüffelte, als ein Geruch von einem Schornstein herabschwebte, ein sowohl vertrauter als auch fremdartiger Geruch, der sich durch den Rauch zog wie eine einzelne dunkle Strähne durch einen Schopf hellen Haars. Er hatte ihn den ganzen Weg das Tal entlang aus Bens Bündel gerochen. John schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und atmete tief ein. Der fremdartige Geschmack kitzelte seine Zunge. Silphion, hatte seine Mutter gesagt ...
    Als er die Augen öffnete, merkte er, dass er beobachtet wurde. Am anderen Ende des Hofs stand ein Junge mit struppigem braunen Haar
in der roten Livree der Küchenbediensteten, den Kopf zurückgelegt, die Augen halb geschlossen. Als John hinsah, schnüffelte der Junge übertrieben laut.
    John starrte ihn feindselig an. Unbeirrt grinste der Junge ihn an und winkte ihn zu sich. Mit finsterer Miene trat John zu ihm.
    »Coake sollte mir helfen«, sagte der Küchenjunge und schob eine dicke Holzstange durch die Henkel eines überquellenden Korbs neben ihm. »Aber er ist weggelaufen. Versucht sich wahrscheinlich bei Pouncey einzuschmeicheln. Ich soll Vögel rupfen und nicht Zwiebeln herumtragen.« Er deutete auf ein Ende der Stange. »Hilfst du mir jetzt, oder willst du den ganzen Tag hier stehen und schnüffeln?«
     
    Die Schornsteine des Gutshauses von Buckland bohrten sich von den Tiefen der Küchenräume durch die dunklen Massen aus Stein und Ziegeln nach oben. Zwischen Wänden und durch Fußböden leiteten die heißen Kanäle Wärme, Rauch und Gerüche, wanden sich an Empfangsräumen vorbei und umkurvten Gemächer, schlängelten sich Flure und Galerien entlang und hinterließen rätselhafte Spuren in der Beschaffenheit des Hauses. Zwecklose Strebepfeiler wölbten sich aus Wänden vor. Rauch drang aus Rissen im Verputz. Manche Winkel des Hauses waren unerklärlich warm, und in Gemächer, die an den Ostflügel und an den Westflügel grenzten, drang der Geruch bratenden Fleischs oder backenden Brots oder simmernder Suppe ...
    Luftzug und Gestank kamen und gingen. Ihre Quellen waren unstet, je nachdem, wie die Schwaden von Feuer und Rauch in dem massiven Mauerwerk wirbelten, sich verteilten und wieder vereinigten, aufstiegen und emporwehten, bis die hohlen Finger aus Ziegelstein in die Vorratskammern für Wurzelgemüse und in die Apfelsteigen unter der Dachtraufe eindrangen, durch die Dachkammern zogen, in denen die Dienstmädchen sich im tiefen Winter zusammenrollten, an die warmen Wände schmiegten und morgens von dem durchdringenden Klang geweckt wurden, mit dem unten in den Küchenräumen ein Schöpflöffel gegen den Kessel geschlagen wurde.

    Nun ertönte dieser Klang in dem engen Durchgang, in dem die zwei Jungen sich unter dem Gewicht eines Korbs voller Zwiebeln laut schnaufend abmühten.
    »Philip«, stellte sich der keuchende braunhaarige Junge vor. »Philip Elsterstreet.«
    »John«, gab John atemlos zurück. Die Stange schnitt ihm in seine knochige Schulter.
    »Weiter nichts?«
    »John Saturnall.«
    Der Durchgang führte in einen von hohen Mauern

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