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Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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irgendwelche Streitigkeiten verwickelt werden, Yolo“, sagte sie. „Wirst du für uns dolmetschen? Wir kommen in Frieden – das ist das Wichtigste, was es zu sagen gilt. Wir kommen in Frieden und möchten etwas über Scott Gale erfahren.“
    Karin, die beobachtet hatte, wie das Schiff näher kam, eilte herbei.
    „Sam, sie legen an. Können wir helfen?“
    Ich stand hilflos da und zupfte Blätter aus meinem Haar.
    „Ich muß mich frisch machen“, sagte ich. „Dann helfe ich auch bei dem Gespräch.“
    „Yolo …?“
    Sam Fletcher schaute mir ernst ins Gesicht, und ich wußte, was er befürchtete.
    „Ich werde nicht davonlaufen“, sagte ich.
    Ich rannte den Pfad zwischen den Lauben und den beschrifteten Gräsern hinunter, bis ich die Sandhügel und dann die Kleine Fischbucht erreichte. Tsorl hatte meine eigenen Siebensachen zurückgelassen; so viele davon hatten mir die Menschen geschenkt, daß es mich plötzlich beschämte, fast völlig von ihrer Freigebigkeit zu leben. Ich bespritzte mein Gesicht mit Wasser und ordnete einigermaßen mein geflochtenes Haar. Dann streifte ich meine gute graue Gefängnistunika ab und zog ein T-Shirt über meiner kurzen Hose an. Es war herrlich weiß und feingewebt; es hatte zwei Ärmel und einen Kranz grüner Blätter von dem Planeten Erde als Verzierung. Ich war ein Wesen zwischen zwei Welten, eine Moruianerin halb in Menschenkleidung. Als ich mich zu dem Lager umwandte, wo die hellen Flaggen der Esnar am alten Kai flatterten, erhaschte ich einen Blick von meinem kostbaren Boot zwischen dem Schilf. Bleib da, bis ich wiederkomme, sagte ich zu dem Boot, wir werden wieder zusammen segeln.
    Als ich durch die Graslauben ging, sah ich, daß das Schiff angelegt hatte und der Laufsteg sich senkte. Ich eilte zu der Terrasse und stellte mich hinter die anderen. Wir konnten die Stimmen der Mannschaft hören, die das Schiff vertäuten, aber keine anderen Stimmen. Keine Musik ertönte, kein Landungsgesang. Das Schiff sah wie ein Vergnügungsschiff aus, aber es klang nicht danach. Ich sah, wie die Pentroy-Vasallen sich stumm an der Reling aufstellten; auf der Kommandobrücke machte eine Omor ein Fingerzeichen vor einem ledernen Maskenhelm. Das Abwehrzeichen. Sie hatten alle Angst.
    Die Menschen sprachen aufgeregt, aber leise, fast flüsternd miteinander, als hätte die Stille des reich beladenen Schiffes sie angesteckt.
    „Sollen wir winken oder irgendein Zeichen machen?“ fragte Sam.
    „Legt die Hände auf die Brust, um zu zeigen ‚keine Waffen’“, sagte ich.
    Eine grüne Matte wurde auf dem Laufsteg entrollt, und zwei der größten Vasallen kamen herab und postierten sich rechts und links. Dann erschien eine junge Hausdienerin in Grau und Grün, die einen mit bunten Kordeln zusammengeschnürten „Wunschkorb“ voller Geschenke trug. Schließlich zeigte sich die Oberhofmeisterin der Pentroys: eine alte kerzengerade Person, nicht groß aber ans Befehlen gewöhnt. Ammur Ningan trug einen edelsteinbesetzten Brustschild über einem schlichten grauen Gewand; das Sonnenlicht fiel auf die in Silber gefaßten schwarzen und gelben Steine; Ringe schmückten die pummeligen Finger. In der einen Hand hielt sie einen langen Stab mit Metallspitze, in der anderen ein Blatt Weidenpapier. Federn und Bänder baumelten an Gürtel und Handgelenken; ich erinnerte mich an die Beschreibung des Abgesandten: „Die Schreiberin der Schreiber“.
    Die Vasallen verließen das Schiff; ich zählte sie: es waren dreißig. Mehr Pentroys als mir lieb war, an einem Ort zu sehen, und mehr als ein Heer, das oft in ganz Torin zu sehen war. Ammur richtete den Blick auf die Menschen auf der Terrasse; sie schritt langsam über das Gras und das Kopfsteinpflaster heran und brachte mit einer Bewegung ihres Stabes das Gemurmel der Moruianer zum Verstummen.
    Sie rief mit lauter Singsangstimme: „Im Namen des Großen Ältesten und des Rates der Fünf wünsche ich guten Wind, Frieden und alle Bande der Freundschaft den sogenannten Menschen.“
    Sam Fletcher trat vor und verbeugte sich, aber ehe er erwidern oder feststellen konnte, was gesagt worden war, verbeugte sich die Ningan in seine Richtung und fuhr mit lauter Stimme fort: „Seht – es wirkt friedlich. Holt meinen Stuhl. Seht ihr irgendwelche Waffen? Offiziere, sind irgendwelche Waffen zu sehen?“
    Ich übersetzte das alles leise den Menschen.
    „Tritt vor, Yolo“, befahl Sam. „Stell dich neben mich.“
    Ich zog es vor, zu warten. Vielleicht hoffte ich, daß die

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