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Das Feuer der Wüste

Titel: Das Feuer der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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eher schwarze Freunde. Und auf Salden’s Hill ist noch niemand abgewiesen worden, der Hilfe brauchte.«
    »Oh.«
    »Ist das alles? Oh? Und was machen wir jetzt?«
    Horatio zuckte mit den Schultern. »Sie sind die erfahrene Buschfrau. Ich bin nur ein Kaffer aus der Stadt.«
    »Also gut, dann fahren wir weiter, solange wir noch können. Irgendwo muss es eine Hütte für die Viehtreiber geben. Dort übernachten wir.«
    Sie startete den Motor und fuhr langsam vom Hof. Der Regen knallte wie kleine Steine aufs Dach, der Schmutz auf den Scheiben vermischte sich mit dem Regen, floss in grauroten Bächen die Scheibe hinab und verschmierte die Sicht mit einem undurchdringlichen Film.
    »Dahinten, da steht eine Hütte.« Horatio wies mit der Hand in die Dunkelheit. »Dort, sehen Sie?«
    »Es scheint eine Behausung für die Wanderarbeiter zu sein. Hoffen wir, dass sie gerade nicht bewohnt ist und der alte Kant zu träge, um bei dem Wetter nach seiner Hütte zu sehen.«
    Sie hatten Glück. Der steinerne, windschiefe Flachbau war leer, die Fenster waren notdürftig mit Brettern vernagelt. Nur ein alter Gaskocher ohne Gas stand darin, dazu ein wackliger Tisch und zwei Stühle mit durchgesessenen Sitzen. Der Boden war voller Dreck, von den Wänden hingen die Spinnweben herunter.
    »Nicht gerade das Hilton, aber besser, als im Regen durchzuweichen.«
    »Das was?«
    Ruth sah auf. »Das Hilton. Eine berühmte und sauteure Hotelkette. Ich kenne sie aus den Zeitschriften meiner Mutter.«
    »Aha.«
    Ruth packte ihren Schlafsack aus und breitete ihn auf dem Boden aus. »Haben Sie noch Hunger?«, fragte sie, wieder beim Sie angelangt.
    Horatio schüttelte den Kopf. »Aber ein Bier wäre jetzt gut.«
    »Können Sie haben.« Ruth kramte in einer Segeltuchtasche und warf Horatio eine Flasche Hansa Lager zu. »Gekühlt ist es nicht, aber vielleicht kommen Sie trotzdem damit klar.«
    »Ich gehe raus, unter das Vordach. Ein solches Wetter erlebt man in der Stadt nicht allzu häufig.«
    Ruth schloss sich ihm an. Nebeneinander an die Wand gelehnt betrachteten sie den Himmel. Der war noch immer dunkelviolett, ab und zu rissen Blitze das Dunkel auf. Dazwischen brüllten Donner, peitschte der Wind. Den normalerweise staubigen Boden vor der Hütte hatte der Regen aufgeweicht, der auf das Vordach prasselte und in einzelnen Tropfen durch es hindurchsickerte. In den Pfützen platzten Blasen. »Als würde Gott die Welt untergehen lassen«, sagte Ruth leise. »Mal sehen, ob wir morgen hier wieder wegkommen. Die Pad wird voller Schlamm sein. Erst auf der Schotterstraße sind wir sicher.«
    Horatio nickte. »›Der Feuergott zürnt‹, hat meine Großmutter früher immer gesagt, wenn Gewitter kam, und immer hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich dachte, Gott zürnt mir.«
    Ruth lachte. »Nicht gerade bescheiden, oder? Haben Sie wirklich gemeint, Gott veranstaltet den ganzen Zirkus nur, weil Sie vergessen haben, Ihr Spielzeugauto wegzuräumen?«
    »Ich hatte kein Spielzeugauto. Ich hatte überhaupt kein Spielzeug, das man in einem Laden kaufen konnte«, erwiderte Horatio fröhlich. »Nur einen Lumpenball, einen Plastikreifen und eine Art Puppe, die meine Mutter selbst genäht hatte. Ach, und einmal haben mir meine Brüder aus alten Obstkisten und Kinderwagenrädern eine Seifenkiste gebaut.«
    »Oh.« Ruth sah zu Boden.
    Der Regen war inzwischen so stark geworden, dass sie ihren Platz unter dem Vordach aufgeben und ins Innere der Hütte gehen mussten.
    »Ich bin in einer Wellblechbude aufgewachsen. Meine beiden älteren Brüder waren stark wie Bären. Sie konnten schon als kleine Jungs das bisschen Feld hinter dem Haus bewirtschaften, die beiden Ziegen hüten. Ich dagegen war schwach und immer kränklich. Einmal sollte ich die Ziegen hüten, weil meine Brüder Holz hacken mussten. Ich saß also auf einem Stückchen trockner Steppe, hatte einen Stock in der Hand und musste nichts tun, als nur auf die beiden Ziegen achtgeben. Ich malte mit dem Stock Zeichen in den Staub und sah ab und zu nach den Tieren. Jedes Mal waren sie ein Stückchen weiter weg, aber immer noch so nah, dass ich sie erkennen konnte. Plötzlich aber bewegten sie sich nicht mehr. Ich dachte, sie wären müde, und ließ sie in Ruhe. Es war heiß, die Menschen litten unter der Hitze. Warum also sollten die Ziegen nicht auch müde sein? Ich saß da, sah immer wieder nach den beiden grauen Flecken, die ganz ruhig mitten im Veld standen. Als es dämmerte, stand ich auf und wollte die Ziegen

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