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Das Feuer der Wüste

Titel: Das Feuer der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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Die Scheiben des Wagens bedeckten sich auf der Stelle mit einer dicken Sandschicht. Sie stieg aus, stemmte sich gegen den Wind, legte die Hände schützend über die Augen. »Kant’s Beester & Donkey Plaas« , verkündete das Schild auf Afrikaans. Ruth eilte zum Wagen zurück, sprang hinein. »Eine Farm für Rinder und Esel«, erklärte sie und schüttelte den Kopf. »Merkwürdig, ich habe noch nie gehört, dass jemand Esel züchtet.«
    »Na ja, irgendwoher müssen sie ja kommen.«
    Ruth stellte den Scheibenwischer an und verzog das Gesicht, als er knirschend Streifen auf die Windschutzscheibe malte. Sie gab Gas und bog in die Schotterpiste zur Kant’s Plaas ein. Vor dem zweistöckigen Farmhaus hielt sie an, sprang aus dem Wagen, betätigte den Türklopfer. Sie sah immer wieder zum Himmel, der jetzt schwarz-violett gefärbt war. In der Ferne grollten Donner.
    Endlich öffnete sich die Tür. Ein dicker Mann in kurzen Hosen und einem gerippten Unterhemd stand breitbeinig im Hauseingang. Aus seinen Arbeitsschuhen ragten geringelte Socken hervor. »Was ist?«, bellte er.
    »Mister Kant? Wir sind auf dem Weg nach Keetmanshoop und wollten fragen, ob Sie uns bei dem Unwetter Unterschlupf gewähren können.«
    Der Mann kratzte sich am Kinn. Es war ihm anzusehen, dass er nicht gerade auf Ruth gewartet hatte. »Meine Frau ist bei ihrer Schwester. Sie müssten sich das Gästezimmer selbst zurechtmachen. Und Essen habe ich auch nicht viel im Haus.«
    »Wir haben selbst etwas dabei. Und, bitte, machen Sie sich keine Umstände. Wir werden in unseren Schlafsäcken übernachten.«
    »Also gut, kommen Sie herein«, brummte Kant. »Aber machen Sie schnell. Ich will nicht, dass der Sturm mir noch mehr Dreck ins Haus weht.«
    Ruth nickte, rannte zum Wagen zurück. »Kommen Sie, nehmen Sie die Schlafsäcke!«, rief sie Horatio zu.
    Schon knallten die ersten dicken Tropfen auf das Wagendach. Horatio lud sich das Gepäck auf, und mit geduckten Schultern, die Köpfe eingezogen, rannten sie zum Haus zurück.
    Der Farmer stand noch immer in der Tür. Als die beiden eintreten wollten, schob er seinen Arm wie einen Riegel vor. »Augenblick mal. Sie hatten nicht gesagt, dass Sie einen Kaffer dabeihaben. Mein Haus ist nur für Weiße. Der Schwarze kann bei meinen Arbeitern fragen, ob sie ein Plätzchen für ihn haben. Ihre Hütten stehen eine halbe Meile nörd-« Ein Donner unterbrach den Mann krachend. Blitze zuckten, als schleudere Gott selbst sie auf die Erde.
    »Hören Sie, wir sind zusammen gekommen. Machen Sie keinen Aufstand, und lassen Sie uns hinein. Wir bezahlen auch für Ihre Gastfreundschaft.« Ruth wollte an ihm vorbei, doch der Mann hatte seinen Arm wie einen Prellbock in den Türrahmen gestemmt.
    »Haben Sie nicht gehört, Miss? In mein Haus kommt kein Kaffer.«
    »Gut, Mister. Sie sind der Boss. Aber beten Sie zu Gott, dass Sie nicht eines Tages einmal die Hilfe eines Kaffers in Anspruch nehmen müssen. Und beten Sie, dass der Kaffer dann hilfsbereiter ist als Sie.« Sie wandte sich um. »Komm.«
    Ohne zu merken, dass sie Horatio gerade geduzt hatte, packte sie ihn am Ärmel und zog ihn durch den Regen zum Auto, während Kant die Tür hinter sich zuknallte.
    »Unverschämtheit«, brummelte Ruth vor sich hin. »Und so etwas nennt sich die viel gepriesene Gastfreundschaft der Oukies. Dass ich nicht lache!« Sie war so erbost, dass sie mit den Fingern auf das Lenkrad trommelte. »Stört Sie das etwa überhaupt nicht?«
    Horatio schüttelte den Kopf. »Nein, nicht besonders. Ich bin das gewöhnt. Ich bin ein Schwarzer, ein Kaffer, ein Affe, wissen Sie? Haben Sie schon einmal einen Schwarzen in Ihr Herrenhaus gebeten?«
    »Was soll denn das heißen? Mama Elo und Mama Isa leben im Herrenhaus – oder zumindest im Gästetrakt.«
    »Ja, aber sie arbeiten für euch. Hatten Sie schon einmal einen Schwarzen zu Gast? Einen, der mit Ihnen bei Tisch saß und von Ihrem guten Wein getrunken, in Ihrem Gästezimmer übernachtet hat?«
    Ruth schüttelte den Kopf. »Was soll das jetzt? Ich kenne nur die Schwarzen auf unserer Farm und die von den Nachbarfarmen. Die haben ihre eigenen Betten und brauchen unser Gästezimmer nicht.«
    »Aber befreundet sind Sie mit keinem von ihnen, oder?«
    Ruth wischte mit der Hand durch die Luft. »Sie haben recht, ich bin nicht mit den Schwarzen befreundet, aber mit den Weißen auch nicht.« Sie dachte an Santo, an seine schöne Frau, an Elo und Isa und an Nath. »Aber wenn ich wählen müsste, dann hätte ich wohl

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