Das Feuer des Daemons
dürften jemandem wie dir ziemlich fremd sein«, sagte sie trocken.
Er warf ihr einen kurzen, finsteren Blick unter tief heruntergezogenen Brauen zu. »Ich weiß, was bleibende Schäden sind«, sagte er. »Ich habe meine Feinde zur Strecke gebracht, ob sie an einen Körper gebunden waren oder dem Volk der Lüfte angehörten. Dschinn können irreversible Schäden erleiden. Meiner Tochter ist es passiert.«
Überrascht sagte Grace: »Das tut mir leid.«
Statt einer Antwort legte er ihr die Beinschiene wieder an. Die Riemen zog sie selbst fest. Ihre Stimme war ein wenig heiser, als sie sagte: »Jetzt bin ich an der Reihe, dir eine Frage zu stellen.«
»Ja.« Er setzte sich auf die Fersen, sein Gesicht hatte einen unergründlichen Ausdruck angenommen.
Nun war sie es, die in Schweigen verfiel. Irgendwie kam es ihr zu kindisch vor, ihn nach Dates, Partnerinnen, Sex und Fernsehen zu fragen, nachdem ihr Gespräch diese Wendung genommen hatte. Während sie ihn eingehend betrachtete, überdachte sie eine Frage nach der anderen und verwarf sie. Jeder von ihnen könnte das Wahrheitsspiel beenden, sobald sie ihre Frage gestellt hatte und die Runde beendet war. Sie wollte sichergehen, etwas zu fragen, das für sie von größtmöglichem Nutzen war.
Seine Miene wurde gereizt. »Stellst du mir nun eine Frage, oder willst du die Strafe zahlen?«
Sie hob die Brauen. »Versuch nicht, mich zu hetzen. Wir haben kein Zeitlimit für unsere Fragen festgelegt.«
»Sehr gut, Menschenfrau«, sagte Khalil. Er klang überrascht und irgendwie erheitert. »Mit ausreichend Übung wirst du noch richtig gut im Verhandeln.«
»Je länger du redest und mich ablenkst, desto mehr Zeit könnte ich zum Nachdenken brauchen«, warnte ihn Grace.
Lachend stand er auf. Es war ein echtes Lachen, das nicht nur in seiner tiefen, klaren Stimme erklang, sondern auch in seiner Energie vibrierte. Grace erzitterte, die feinen Härchen auf ihrer Haut richteten sich auf. Nie hätte sie gedacht, dass Dschinn so faszinierend sein könnten.
Sie schob den Gedanken beiseite und drehte sich abermals auf ihrem Stuhl im Kreis, langsamer diesmal. Dabei fiel ihr Blick auf den Computerbildschirm. Das E-Mail-Programm zeigte noch immer ihre als Entwurf gespeicherte Nachricht, was sie daran erinnerte, warum sie Khalil eigentlich zu sich gerufen hatte.
Sie drehte sich wieder zu ihm. Dieses Anliegen musste sie sorgfältig formulieren, wenn sie die Chance nicht verschenken wollte. Darauf bedacht, den Satz als Aussage und nicht als Frage zu formulieren, sagte sie: »Als die Vampyre hier waren, sprachen wir davon, dass heute Morgen jemand auf diesem Grundstück getötet wurde.«
Er sah sie nachdenklich an. »Ja. Inzwischen kenne ich die Einzelheiten des Vorfalls.«
Sie umklammerte die Armlehnen ihres Stuhls so fest, dass ihre Knöchel weiß wurden. »Das Geschehene ist ein vorzügliches Beispiel dafür, wie nutzlos das Gesetz zum Schutz der Zufluchtsstätte ist.«
»Dem kann ich nicht widersprechen.«
Grace fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Die Kraft des Orakels funktioniert anders als die Kräfte anderer Hexen; ich bin nicht zu Angriffszaubern fähig. Ich möchte dich … nun, ›engagieren‹ trifft es wohl am ehesten. Ist irgendetwas von dem, was ich besitze, wertvoll genug für dich, um es als Gegenleistung dafür zu akzeptieren, dass du mich und die Kinder weiterhin beschützt?«
Khalils Miene wurde verschlossen. »Ja«, sagte er.
5
Mit Interesse beobachtete Khalil, wie Grace’ Gesicht immer länger wurde. Normalerweise mochte er diesen enttäuschten Ausdruck bei einem Menschen und fragte sich, warum es in diesem Fall nicht so war.
»Ich habe die Frage nicht richtig formuliert, und du hast mir geantwortet.« Sie rieb sich den Nacken und sackte in ihrem Stuhl zusammen.
Für einen Augenblick war der Hitzkopf dieser Frau abgekühlt. Sie sah so müde und entmutigt aus. Khalil fühlte sich veranlasst, irgendwas zu tun.
Er fühlte sich nicht veranlasst, sie darauf hinzuweisen, dass sie ihn um etwas bat, das er ihr bereits zugesichert hatte. Auch sah er keinen Grund, sie davon in Kenntnis zu setzen, dass sie bereits einen Gefallen vergeudet hatte. Das würde jedem Dschinn-Instinkt, den er besaß, widersprechen. Sie musste lernen, besser aufzupassen. Verhandeln und Feilschen waren Fähigkeiten, die jedes Dschinnkind durch harte Arbeit erlernen musste, und dafür gab es keine bessere Schule als die Übung im wahren Leben.
Er hatte das mit dem Aufbinden zwar
Weitere Kostenlose Bücher