Das Feuer des Daemons
Dämlich.
An Khalils Gesichtsausdruck konnte sie ablesen, dass er sie für zu ängstlich hielt, um sich auf diesen Handel einzulassen. Fast hätte er damit recht gehabt. Noch einmal räusperte sie sich, dann sagte sie: »Die Kinder brauchen mich. Ich kann mich auf keine Vereinbarungen einlassen, bei denen meine Sicherheit auf dem Spiel steht. Und das gilt auch für den anderen Gefallen, den ich dir schulde.«
Er senkte die eleganten, dunklen Augenbrauen. Offenbar hatte sie ihn überrascht. »Kein Handel, den wir eingehen, wird ein Risiko für die Kinder darstellen. Aber aufhören können wir erst, wenn jeder von uns eine Frage gestellt hat und die Runde beendet ist.«
Sie zupfte an ihrer Unterlippe, während sie ihn nachdenklich betrachtete. Eigentlich hatte sie keine Geheimnisse. Sie war das Orakel, kein Staatsoberhaupt und auch keine Machtfigur in den Reichen der Alten Völker. Wahrscheinlich hätte sie ihm ohnehin alles gesagt, was er sie gefragt hätte, aber das brauchte er nicht unbedingt zu wissen.
Wann würde sie jemals wieder die Chance bekommen, einem Dschinn Fragen zu stellen – über Rendezvous, Partnerschaften, Sex und Fernsehen?
Wie sollte sie das später jemals vor irgendwem rechtfertigen, von sich selbst ganz zu schweigen? Es war spät, sie hatte eine miserable Impulskontrolle, und der Dschinn war interessant. Mit diesem Satz ließen sich wahrscheinlich sämtliche Fehler zusammenfassen, die alle Frauen in Beziehungen je gemacht hatten.
Sie fragte sich, ob sie nicht auch ohne Katholikin zu sein irgendwo einen Beichtstuhl auftreiben und sich eine Zeit lang hineinsetzen könnte. Einfach nur des Prinzips wegen. Vielleicht sollte sie sich in den Beichtstuhl einschließen und den Schlüssel wegwerfen.
In einem letzten verzweifelten Versuch, wieder zur Vernunft zu kommen, fragte sie: »Warum willst du das tun?«
Er verschränkte die Arme. »Ich möchte Informationen, und ich möchte dir dafür zu nichts verpflichtet sein. Genug der Ausflüchte, Menschenfrau. Entweder du stimmst dem Handel zu, oder du tust es nicht. Entscheide dich.«
Informationen waren wertvolle Handelsware, ganz besonders für jemanden, der kein Interesse an materiellen Gütern hatte.
Klug. Dämlich.
Die Münze landete.
»Okay?«, sagte sie. Sie hatte nicht beabsichtigt, so unsicher zu klingen. »Wer fängt an?«
»Ich habe den Handel vorgeschlagen.« Er legte den Plastikbehälter mit den CD s auf den Aktenschrank zurück. »Also frage ich zuerst.«
Grace zuckte die Schultern und wartete. Ihr idiotisches Herz begann, schneller zu schlagen, während er sie musterte und sich Stille zwischen ihnen ausbreitete. Alle Gespenster schwiegen, als würden sie zusehen und warten. Sie kam sich vor wie in einer Kampfarena, wo das Publikum ganz genau hinsah, um mitzubekommen, wann Blut in den Sand spritzte.
»Was genau weißt du über Beschwörungen?«, fragte er. Mit seinem laserscharfen Blick sezierte er jeden Zentimeter ihrer Miene.
Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder. War ja klar, dass er danach fragte. »Ich habe Beschwörungsrituale im Fernsehen gesehen und in Romanen davon gelesen. Aber die sind meistens eher albern, so als würde man Hexenzirkel als kinder-opfernde Satanisten darstellen. Es gibt ein paar Zaubersprüche, mit denen Hexen einen Anstieg magischer Energie beschwören können, aber dadurch werden andere Wesen nicht gezwungen, in einem Pentagramm zu erscheinen oder zu gehorchen. Man ruft die fünf Elemente an – Feuer, Holz, Wasser, Metall und Erde. Mit einem anderen Zauberspruch rufen Hexen ihre eigene magische Energie an. Das ist angeblich so, als würde man einen Adrenalinstoß hervorrufen. Das Problem dabei ist, dass dieser Zauber zwar einen kurzfristigen Energieschub auslöst, die Hexe aber auch auslaugt, daher kann es gefährlich sein, diesen Zauber zu benutzen, wenn sich die Hexe danach nicht in einer sicheren Umgebung erholen kann. Wenn ich konsultiert werde, rufe ich die Kraft des Orakels an. Ich nehme an, dass auch das eine Art Beschwörung ist.«
Khalil schlenderte zum Bett hinüber. An einem Ende davon lag ihr Kissen, am anderen eine zerknitterte Decke. Er schubste das Kissen auf den Boden und warf die Decke obenauf, ehe er sich so majestätisch darauf niederließ wie ein Herrscher, der seinen Thron besteigt. »Du redest von Hexen, als wärst du keine von ihnen«, bemerkte er.
Säuerlich blickte sie auf ihre Decke und das Kissen, die nun auf dem Boden lagen. »Das habe ich nicht als Frage
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