Das Feuer des Daemons
nicht verstanden, aber im Gegensatz zu dem, was er vorhin gesagt hatte, um sie zu provozieren, hatte er im Laufe seines langen Lebens durchaus schon freundschaftliche Bande zu einigen Menschen unterhalten und kannte daher ein paar umgangssprachliche Wendungen. Er glaubte, eine passende Redewendung für einen solchen Fall zu kennen: etwas auf die harte Tour lernen.
Nein, er fühlte sich zu etwas anderem veranlasst, zu etwas Merkwürdigem, das er neugierig sondierte. »Du bist zu müde, um dieses Gespräch richtig fortzusetzen.«
Sie zuckte halbherzig die Schultern, ihr Blick war unbestimmt. »Wahrscheinlich hast du recht. Es war ein anstrengender Tag, und ein ungewöhnlicher dazu. Noch nie zuvor habe ich gesehen, wie jemand getötet wurde.«
Das rüttelte ihn auf. Sollte sie selbst auch so jung und unschuldig sein?
Trocken fuhr sie fort: »Obwohl es gerechtfertigt war, bin ich immer noch erschüttert. Allerdings bezweifle ich, dass in den nächsten paar Stunden eine Horde tollwütiger Affen aus dem Zoo ausbricht, um uns anzugreifen. Ich werde dir ein anderes Mal einen Handel vorschlagen, der für dich interessant ist.«
Wie mochte es sein, zum ersten Mal mit anzusehen, wie jemand umgebracht wurde – und das in dem Wissen, dass man nicht über die Macht verfügte, so etwas in Zukunft zu verhindern? Seine eigene magische Energie schwoll bei diesem Gedanken an und ringelte sich um sich selbst. Es würde ihm nicht gefallen. Es würde ihm überhaupt nicht gefallen. Und da begriff er, warum sie den ganzen Tag über so wütend und zänkisch gewesen war: weil sie Angst hatte.
Vielleicht war diese Menschenfrau am Ende ja gar nicht so schrecklich. Er würde nicht so weit gehen zu behaupten, dass er sie mochte. Aber obwohl sie offenbar unter ihrer Verletzung litt, zeigte sie kein Selbstmitleid, was er beachtlich fand. Außerdem war ihre vorlaute Art überraschend unterhaltsam.
Und dann durfte er auch die Kinder nicht außer Acht lassen.
Er verschränkte die Arme und seufzte. »Du lässt mich die Kinder jederzeit besuchen, wenn ich es möchte.«
Blitzschnell hob sie den Blick und sah ihn an. Sie wirkte erschrocken und plötzlich sehr wachsam, und eine Spur von Feuer kehrte in sie zurück. Oh, das war besser, befand Khalil. Eines musste er zugeben: Ihr Feuer gefiel ihm.
»Nein«, sagte sie.
Er zog eine Braue in die Höhe. »Du warst es, die einen Handel mit mir eingehen wollte«, teilte er ihr mit. »Ich schlage nur eine Bedingung vor, mit der ich einverstanden wäre.«
Sie beäugte ihn mit der Art von Vorsicht, mit der man eine Giftschlange ansehen würde. »Du kannst Chloe und Max jederzeit besuchen, aber nur, wenn ich dabei bin. Und so einen Unsinn wie die Sache mit der sprechenden Katze will ich nicht mehr sehen.«
»Das war nicht bloß Unsinn, wie du es nennst«, sagte er ärgerlich. »Ich hatte einen Grund dafür.« Normalerweise war er nicht so jähzornig. Wirklich nicht. Diese Frau hatte ein Talent, das aus ihm herauszukitzeln.
Grace hob die schmalen Augenbrauen. »Ich trau mich kaum zu fragen.«
Er presste die Lippen zusammen. Inkonsequent war er ebenfalls nicht, und einen Grund anzuführen, um eine Behauptung zu stützen, war nicht das Gleiche, wie sich zu rechtfertigen. Er sagte: »Ich wollte nur eine Beziehung zu den Kindern aufbauen, damit sie sich nicht vor mir fürchten, wenn ich auftauche.«
Zu beiden Seiten ihres wohlgeformten Mundes zeigten sich kleine Vertiefungen. Wie nannte man die noch gleich? Ach ja, Grübchen.
»Oh, du wolltest dich mit ihnen anfreunden. Du wolltest, dass sie dich mögen. Du hast sie bestochen«, sagte sie.
»Ich habe sie nicht bestochen.« Er funkelte sie wütend an.
So schnell, wie sie erschienen waren, verschwanden die Grübchen wieder. Streng sagte sie: »Bei allem, was mit den Kindern zu tun hat, habe ich das Sagen. Du magst eine ganze Menge wissen – und glaub es oder nicht, aber das meine ich respektvoll –, aber mit Menschenkindern kennst du dich nicht gut genug aus, um zu wissen, was gut für sie ist. Wenn du Fragen oder Bedenken hast, kannst du mich fragen – telepathisch oder wenn sie nicht dabei sind, damit wir uns nicht noch einmal vor ihnen streiten und Chloe dadurch traurig machen. Was die Kinder betrifft, ist das der einzige Handel, auf den ich mich einlassen werde.«
Er schnalzte mit der Zunge, um ein plötzliches Lächeln zu unterdrücken. Binnen Sekunden war sie von Niedergeschlagenheit zum Befehlston übergegangen. Daran fand er Gefallen.
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