Das Feuer des Daemons
zierliches Gesicht legte, merkte Khalil, dass seine Musterung offenbar zu lange gedauert hatte. Mit einer ungeschickten Bewegung deutete sie auf den Tisch. »Ich weiß, du hast gesagt, du bräuchtest keine körperliche Erfrischung«, sagte sie. »Aber gestern beim Frühstück hatte ich den Eindruck, das Naschen und Kaffeetrinken hätte dir gefallen. Deshalb habe ich für dich mitgedeckt.«
Sie war nicht nur arm, sie war auch noch großzügig. Er lächelte sie an. »Dankeschön«, sagte er.
Sie machte große Augen.
Er raunte: »Vielleicht ist das Wort am Ende ja gar nicht so furchtbar – solange man es nicht zu oft benutzt, wie es mancher Leute Gepflogenheit ist.«
»Ich kann nicht glauben, dass ich gerade gehört habe, wie jemand mit ernstem Gesicht das Wort
Gepflogenheit
benutzt«, raunte sie zurück.
Er lachte. »Zeigst du mir, wie ich Max in seinem Sitz anschnallen muss?«
Ihre lebhaften Augen glänzten, während sie es tat. Khalil ließ das Baby in seinen Sitz gleiten und legte ihm die Gurte an. Chloe war auf ihren Stuhl geklettert und aß bereits ein Stück Apfel. Grace sah das Mädchen mit einem merkwürdigen Blick an, sagte jedoch nichts, sondern nahm den Servierlöffel und befüllte zuerst Chloes Teller. Dann bot sie Khalil etwas an, und er nickte. Er war neugierig darauf, das Essen zu kosten. Sich selbst bediente Grace zuletzt. Sie saß neben Max auf einem Stuhl und fing an, ihn mit der bunten Pampe zu füttern.
Khalil probierte seine kleine Portion vom Abendessen. Er hatte sich nicht geirrt. Es war Frischkäse, Brokkoli und Reis, einfach und sogar ziemlich lecker. Er aß noch einen Bissen und sagte telepathisch zu Grace:
Ich habe deinen Gesichtsausdruck nicht verstanden, als du Chloe eben angesehen hast.
Ihre Pupillen hüpften auf und ab, während sie ihn ansah.
Das kleine Fräulein zeigt sich gerade von seiner allerbesten Seite. Du darfst dich geschmeichelt fühlen. Sie isst sogar ihre Apfelstücke. Heiliger Strohsack, sie hat gerade einen Bissen Brokkoli gegessen. Achte einfach nicht auf mich, wenn ich in Ohnmacht falle.
Er kicherte und sah zu dem kleinen Mädchen hinüber. Chloe saß sehr gerade. Sie kaute energisch und mit einem seligen Lächeln. Er sagte zu ihr: »Ich mag Büchereien auch.«
Ein Schleusentor tat sich auf, und Chloe hörte nicht mehr auf zu reden. Khalil erfuhr von der Vorlesestunde und von jemandem namens Katherine und anderen Leuten namens Joey und Rachel. Und von etwas sehr Merkwürdigem, das er nicht verstand, weil es eine Person war und dann auch wieder nicht, und es schien Abenteuer in einem Schloss im Wohnzimmer zu erleben.
Im Wohnzimmer gab es kein Schloss. Das musste ein Produkt von Chloes Fantasie sein. Diese komische Person/Nichtperson war ein Lalaloopsy …
Grace unterbrach sie: »Moment, deine Puppe heißt Lalaloopsy?«
»M-hmm«, sagte Chloe.
Grace murmelte: »Ich dachte, sie hieße Lala Whoopsie.«
Nun, damit war das ja geklärt. Einigermaßen.
Chloe legte wieder los. Sie brauchte jetzt ganz dringend ein größeres Bett und wünschte es sich sehr, und das Warten war sehr schwer, selbst wenn man groß war, und ob Khalil ihr nach dem Essen noch ein Buch vor… also, sie meinte, mit ihr zusammen lesen würde?
»Ja«, sagte er und wechselte einen amüsierten Blick mit Grace, als Chloe aufgeregt auf ihrem Stuhl auf und ab hüpfte.
Er würdigte das Geschenk der Apfelstücke auf seinem Teller, indem er sie aufaß. Sie schmeckten frisch, knackig und säuerlich. Dann trank er die braune Flüssigkeit und stellte fest, dass es sich um erfrischenden, kalten Eistee handelte. Max kicherte, wobei ihm Pampe aus dem Mund lief. Hin und wieder sah Grace zu Khalil hinüber – verstohlen aus den Augenwinkeln, als ob sie nicht dabei erwischt werden wollte.
Bei jedem dieser Blicke musste er daran denken, wie unterhaltsam es gewesen war, mit ihr zu flirten, sie zu necken und seinem Spieltrieb nachzugeben. Er spürte federleichte, zarte Berührungen, als sie seine Gegenwart mit ihrem Geist streifte. Jedes Mal zog sie sich sofort wieder zurück. Anscheinend war ihr nicht bewusst, dass er jede dieser Berührungen spüren konnte. Und sie konnte unmöglich wissen, wie erotisch das war. Als würde sie mit den Fingerspitzen ganz leicht über seine nackte Haut streichen. Das erregte ihn, und er musste sich mächtig zusammenreißen. Seine Selbstbeherrschung wurde auf eine harte Probe gestellt.
Und er liebte es.
Irgendwie war der Abend verflogen. Er wusste nicht recht, wie das
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