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Das Feuer des Daemons

Das Feuer des Daemons

Titel: Das Feuer des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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Hals und umarmte ihn mit vollem Körpereinsatz, so fest, wie Chloe es getan hatte, bis ihre Arme unter der Kraftanstrengung zu zittern anfingen.
    Und sie umarmte ihn nicht nur mit ihrem Körper, sondern auch mit ihrem ganzen Geist und schmiegte ihre feurige psychische Gegenwart an seine, Weiblichkeit an Männlichkeit, Magie an Magie.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, wie sehr du deine Tochter vermisst«, flüsterte sie. »Aber ich weiß, wie sehr ich meine Familie vermisse. Und das tut sehr weh.«
    Er hatte die Eingangspylonen vor dem Begräbnistempel eines antiken Pharaos in Sakkara niedergerissen. Er hatte Erdbeben ausgelöst, Wirbelstürme verursacht und Berge dem Erdboden gleichgemacht. Er war gegen einen Dschinn der ersten Generation, einen der stärksten seiner Art, in den Krieg gezogen und hatte gewonnen. Er könnte Grace in null Komma nichts in Stücke reißen. Er hatte geglaubt, so viel älter und weiser und mächtiger zu sein als sie.
    Und dann das. Das.
    Er legte die Arme und seine magische Energie um sie. Sein Kopf war doch nur eine Illusion, wie konnte er sich da so schwer anfühlen? Trotzdem bettete er ihn auf ihre schmale Schulter, und sie strich ihm übers Haar.
    »Du kannst es nicht zurücknehmen.« Seine Stimme klang gedämpft auf ihrer Haut.
    »Was zurücknehmen?«, fragte sie.
    Ihren Tauschhandel. Die Wahrheiten, die sie ausgetauscht hatten. Ihre wütenden, witzigen Scherze. Ihre Geschenke, Essen, Trinken, Lachen und Mitgefühl. Ihre Erlaubnis, die Kinder zu besuchen. Ihr Versprechen, ihn zu rufen, damit er über sie wachen konnte. Dass sie ihn zum Freund haben wollte.
    Er hob den Kopf und sagte: »Nichts davon.«
    Auf ihrer Haut lag eine zarte Farbe wie von reifen Pfirsichen. Ihre Lippen sahen überaus weich, voll und sinnlich aus. Wieder öffnete sie den Mund, um etwas zu sagen, zu fragen, zu widersprechen oder Ausflüchte zu machen oder etwas unerträglich Weises zu sagen.
    Er beschloss, es nicht dazu kommen zu lassen. Also legte er die Hand auf ihren Hinterkopf, hob ihr Gesicht ein wenig an und küsste sie.

9
    Grace konnte sich nicht erinnern, je einen schöneren Abend verlebt zu haben. Khalil mit den Kindern zu sehen war ein atemberaubendes Erlebnis; ein kleiner, wundervoller Moment entfaltete sich nach dem anderen.
    Ja, seine fremdartige Erscheinung und Stärke betonte die menschliche Zerbrechlichkeit der Kinder, aber ihre strahlende Freude über seine Gesellschaft betonte wiederum seine Behutsamkeit und Fürsorge ihnen gegenüber, und sie blühten unter seiner Zuwendung auf. Grace sagte sich, dass sie ihn deshalb so genau im Auge behielt, weil sie sichergehen wollte, dass sich etwas so Unangebrachtes wie der Hündchen-Katzen-Vorfall nicht wiederholte. Aber das war eine faustdicke Lüge, die sie sich selbst nicht abkaufte. Sie behielt ihn so genau im Auge, weil er ein so angenehmer Anblick war.
    Im Umgang mit den Kindern lernte er schnell dazu, und inzwischen stellte er Fragen, wenn er sich einer Sache nicht sicher war, statt hochmütig davon auszugehen, dass er die Antwort schon kannte. Es war so unerwartet schön, einen lachenden Blick mit ihm zu wechseln, wenn Max oder Chloe etwas Lustiges oder Albernes machten. Mit dieser Schönheit kehrten bittersüße Erinnerungen daran zurück, wie Petra und Niko über den Köpfen der Kinder belustigte Blicke gewechselt hatten.
    Die Gewöhnung an seine Gesellschaft ging mit dem Gefühl einher, dass sie regelrecht in seine männliche Gegenwart eintauchte. Manchmal kam es ihr vor, als wäre seine magische Energie ein Meer, in dem sie schwamm, das sie trug und aufrecht hielt. In diesen Momenten wurde all ihre Müdigkeit von seiner dynamischen Energie fortgespült. Dann legte er dieses stille Bekenntnis über seine Tochter ab, und darin lag so viel Schmerz, dass sie ihm ihr Herz öffnete.
    Irgendetwas von dem, was sie tat – vielleicht, dass sie die Frechheit besaß, ihn zu umarmen – hatte ihn wütend gemacht. Aber vielleicht war es auch sein eigener Schmerz, der ihn wütend machte.
    Wahrscheinlich war es gefährlich, wenn sie glaubte, sie könnte ihn verstehen. Er war gefährlich, als er sie mit solcher Kraft festhielt und sie so wütend ansah, und sie wusste, dass er sie vernichten konnte, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden. Und gleichzeitig wusste sie, dass er es nicht tun würde. Er sah sie an, als würde er sie vielleicht hassen; seine Augen loderten, und seine in Marmor gemeißelten Züge waren starr wie Stein.
    Und dann.

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