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Das Feuer des Daemons

Das Feuer des Daemons

Titel: Das Feuer des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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angenommen, weil sie nicht in der Lage gewesen waren, seine ganze, unsichtbare Daseinsform wahrzunehmen. Sie besaßen nicht die Art von seelischer Gegenwart oder magischer Energie, die nötig war, um sie an seine anzugleichen. Sie konnten nicht wissen, was ihm wahre, tiefste Lust bereitete, und so hatte er immer schnell das Interesse an ihnen verloren.
    Grace aber besaß diese Fähigkeit. Sie war anders als alle anderen Menschen, denen er bisher begegnet war. Ihre magische Energie war buchstäblich einzigartig. Sie konnte es mit ihm aufnehmen und sich auf eine Art an seine Gegenwart angleichen, wie Dschinn es untereinander taten, wenn sie sich liebten – wenn sie sich in formloser Lust und Erregung vereinigten. Es war außergewöhnlich.
    Es war vollkommen.
    Zum ersten Mal stellte er sich die Frage, welche Freuden die echten menschlichen Sinne bieten mochten.
    Seine körperliche Gestalt vermittelte ihm eine eingeschränkte Imitation dessen, was Menschen, die an ihren Körper gebunden waren, mit all ihren Sinnen empfanden. Doch nie empfand er die Tiefe von echtem, körperlichem Hunger oder Schmerz. Das köstliche Aroma oder die feinen Nuancen von Nahrungsmitteln hatte er noch nie richtig geschmeckt, wie es die Menschen taten, und auch die ganze Intensität körperlicher, sexueller Lust war ihm unbekannt. Solche Gelüste hatte er, wie es die meisten Dschinn früher oder später taten, nur vorgespielt.
    Eine körperliche Gestalt anzunehmen kostete ihn Kraft und magische Energie. Je realistischer die Gestalt, die ein Dschinn annahm, desto höher war der Preis dafür. Einen vollkommenen menschlichen Körper zu erschaffen, einschließlich des komplexesten Organs von allen, dem Gehirn, war eine unwiderrufliche Handlung. Bei den Dschinn nannte man es »Fleischwerdung«. Es gab Zwischenstufen der Körperbildung, die sich rückgängig machen ließen, die meisten Dschinn jedoch betrieben nicht mehr Aufwand, als eine bloße Fassade anzulegen.
    Wenn er eine vollständigere Gestalt mit echter Haut erschuf, könnte er herausfinden, wie es sich anfühlte, mit der Zunge über ihre Lippen zu streichen. Dann würde er wirklich wissen, warum diese Empfindung wie ein Schauer durch ihre Aura und ihre magische Energie gelaufen war und ihre Erregung aufs Höchste gesteigert hatte. Es wäre ein anstrengender Kraftaufwand, der ihn viel magische Energie kosten würde, aber solange die Fleischwerdung nicht vollendet war, konnte er die Gestalt jederzeit nach Belieben wieder ablegen.
    Und dann würde er es wissen.
    In einem ruhigeren Gemütszustand war er zur Erde zurückgekehrt und hatte den Rest des Tages hinter sich gebracht.
    Als er jetzt vor Grace kniete, versuchte er einen kontrollierten, rationalen,
ausgeglichenen
Austausch einzuleiten, aber dem verweigerte sie sich rigoros. Sie verweigerte sich ihm. Schlimmer noch, sie forderte ihn auf zu gehen.
    Normalerweise mochte er es, wenn sie bestimmte, aber so wie jetzt mochte er es gar nicht. Er starrte in ihr wütendes Gesicht. Ihre vollen, weichen Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammengepresst. Sie saß kerzengerade und hatte die Arme um ihre Taille geschlungen, die Beine eng aneinandergedrückt und zur Seite gedreht. Nichts davon sah vielversprechend, kontrolliert oder vernünftig aus. Und ganz sicher sah es nicht ausgeglichen aus.
    Er legte die Stirn in Falten und betrachtete die Menschenfrau genauer. Sie sah nicht nur wütend aus. Sie wirkte verletzt und reumütig, aber er wollte verdammt sein, wenn er jetzt ging, nur weil sie ihn dazu aufforderte. Er knirschte mit den Zähnen. »Gestern Abend habe ich dich geküsst, als ich wütend war. Das hätte ich nicht tun dürfen.«
    Überraschung zeigte sich auf ihrer Miene und in ihrer Haltung. Sie lockerte die Arme, und die Anspannung um ihren Mund löste sich. »Ist das eine Entschuldigung?«
    Er dachte nach. Das Schwierige an der Sache war, dass ihm der Kuss nicht leidtat. Nach einem Moment sagte er: »Ich weiß es nicht.«
    Sie beobachtete ihn. Ein aufmerksames Funkeln hatte sich in ihren Blick geschlichen. »Du warst mehr als nur wütend.«
    Seine Augen verengten sich. Er gab keine Antwort.
    Jetzt sprach Grace sehr deutlich, als hätte sie einen Geistesschwachen vor sich. »Ich werde dir sagen, wofür du dich entschuldigen solltest: Du bist gestern ohne ein Wort verschwunden. Und heute Abend bist du ohne ein Wort des Grußes zurückgekommen. Du hast mich nicht mal angesehen.«
    »Ich habe dich angesehen«, murmelte er. Er hatte nicht

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