Das Feuer des Daemons
Spaß.«
»Das Orakel ist eine so gut wie ungenutzte Ressource«, sagte Carling. »Es verfügt über große magische Kräfte, ist aber im letzten Jahrhundert etwas aus der Mode gekommen. Es ist eine Schande, dass Grace so isoliert lebt.«
»Und Max ist verdammt süß«, sagte Rune. »Ich bin sicher, das gilt auch für seine Schwester.«
Argwöhnisch fragte Khalil: »Was habt ihr geplant?«
»Alter, wir haben keine Agenda im Kopf«, sagte Rune blinzelnd. »Es ist ja nicht so, als hätten wir unsere elektronischen Kalender mit dem Masterplan des Bösen synchronisiert.«
Khalil kam zu dem Schluss, dass es ihm definitiv nicht gefiel, so genannt zu werden. Da er alles erledigt hatte, weswegen er hergekommen war, fand er, dass es Zeit zu gehen war. Weil er sich an Grace’ Worte über wortloses Verschwinden erinnerte, sagte er zu Carling: »Auf Wiedersehen.«
»Meld dich mal«, sagte Carling.
»Du ebenfalls.« Letzten Endes war Khalil froh, ihr auf halbem Wege entgegengekommen zu sein. Schließlich gehörte Carling vielleicht zu den wenigen Kreaturen, die er als
Freunde
bezeichnen würde.
Dann fiel sein Blick auf Rune. Nein, so weit zu gehen war er noch nicht bereit.
Rune hob die Brauen und lächelte Khalil wieder auf diese schläfrige Art an. »Das war doch mal außergewöhnlich.«
»Nenn mich nicht noch mal ›Alter‹«, sagte Khalil, während er auf die gläsernen Schiebetüren zuging.
Im Gästehaus, in dem das Ratsmitglied der Dschinn vorübergehend wohnte, fand Khalil Soren lesend vor. Sorens körperliche Gestalt war groß und schlank, hatte schroffe Gesichtszüge, weißes Haar und stechende Sternenaugen. Als sich Khalil der offen stehenden Tür des kleinen Hauses näherte, sagte Soren: »Komm herein.«
Langsam trat Khalil ins Zimmer. Wohn- und Essbereich befanden sich zusammen in einem großen Raum, der mit modernen Möbeln ausgestattet war, wie sie zu einem Haus am Strand passten. Bis auf ein paar Bücher, Stapel von Aktenordnern und einen teuren Laptop auf dem Esstisch wirkte das Haus unbewohnt. Aber schließlich erschuf Soren seine Kleidung selbst, wenn er menschliche Gestalt annahm, und viele körperliche Bedürfnisse hatte er nicht.
»Nimm doch bitte Platz«, sagte Soren. »Ich hoffe, dein Besuch war erfolgreich.«
Alle Dschinn der ersten Generation besaßen eine so intensive Gegenwart, dass man sich erst an ihre Nähe gewöhnen musste. Khalil wappnete sich dagegen, als er sich gegenüber von Soren in einen Clubsessel setzte. Dann antwortete er: »Ich habe alles erledigt, was ich erledigen musste.«
»Tatsächlich«, sagte Soren. »Ich weiß, dass du dich mit diesem hübschen menschlichen Orakel angefreundet hast und dich auf dein Date heute Abend freust.«
Es überraschte Khalil nicht, dass Soren sein Gespräch mit Carling und Rune belauscht hatte. Aufpasser überwachten ihre Gefangenen häufig. Er schwieg.
Soren legte sein Buch zur Seite. »Wenn du nicht erwachsen genug wärst, würde ich mir Sorgen machen, du könntest zu sehr von den Verlockungen derer fasziniert sein, die an ihren Körper gebunden sind. Für mich ist es jedes Mal ein Anlass zur Trauer, wenn jemand aus dem Volk der Lüfte dieser Faszination zum Opfer fällt. Es ist traurig, wenn ein Dschinn in den Tod stürzt.«
Soren sprach von der »Fleischwerdung«, der unwiderruflichen Entscheidung eines Dschinns, einen vollwertigen menschlichen Körper anzunehmen. So etwas kam nur selten vor. Noch nie hatte ein Dschinn, mit dem Khalil in engerer Verbindung stand, einen solchen Entschluss gefasst.
Dschinn konnten nur zu Sterblichen werden. Es stand nicht in ihrer Macht, sich einem der anderen langlebigen Alten Völker anzuschließen, die ebenfalls an Körper gebunden waren. Die vollständige Transformation kostete einen Dschinn zu viel magische Energie. Einen Käfig aus lebendigem Fleisch zu erschaffen und ihn zudem unsterblich zu machen überstieg ihre Kräfte. Khalil hatte sich immer gefragt, was einen Dschinn dazu bringen mochte, ein so extremes Opfer zu bringen. Er konnte sich keinen Dschinn vorstellen, der so etwas nur tat, weil er seine Identität ablehnte. Wie Soren gesagt hatte, musste es eine Verlockung geben, etwas, dem man verfiel.
Ungebeten kam ihm die Erinnerung an zwei weiche Menschenkörper in den Sinn, die vertrauensvoll an seiner Schulter schliefen. Dieser Erinnerung auf dem Fuße folgte eine andere: die verzückte Freude auf Max’ rundem Gesicht, als er seine ersten beiden Schritte auf Khalil zumachte. Er dachte an
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