Das Feuer Kabals
Wahnsinn zu treiben und ich habe Angst vor dem, was passiert, wenn ich die Kontrolle verliere.«
Faunus sah den gehetzten Ausdruck in Seraphias Blick. »Ich bleibe bei dir. Hab keine Angst! Wir werden herausbekommen, wer dir das angetan hat, und du wirst zu dir selbst zurückfinden. Du bist stark Seraphia! Stärker als Kujaan es je war.«
Seraphia biss sich auf die Unterlippe und Tränen rollten über ihre Wangen. Faunus reichte ihr ein Tuch.
»Danke.«
»Kennst du diese Frau?«, fragte er und zeigte ihr eine Zeichnung von der unbekannten Heilerin, nach der er fahnden ließ.
Seraphia zuckte zusammen.
»Also ja. Was weißt du über sie?«
»Ich bin einmal kurz erwacht … sie war da. Es muss hier im Tempel gewesen sein. Sie hat mir eine Spritze gegeben.«
»Dann ist sie für die Injektionen verantwortlich.«
»Glaubst du, dass die Träume davon ausgelöst wurden?«
»Wovon sonst?«
»Du hast mit mir über Kujaan gesprochen, kurz bevor ich in Ohnmacht fiel.«
»Obwohl meine Bardenkünste berühmt sind, in Ohnmacht ist bisher noch niemand gefallen, wenn ich etwas erzählt habe. Höchstens eingeschlafen vor Langeweile. Ich denke, dass du mitten in den Machtkampf geraten bist, der auf Kabal herrscht. Erst der Angriff der Eishexe auf dich, von dem Jenara womöglich nichts wusste und dann diese ganze Sache. Es tut mir leid, was man dir angetan hat«, sagte er und streichelte über Seraphias Wange. Sie sah ihn überrascht an und ergriff zögernd seine Hand.
»Was genau hast du geträumt?«, fragte Faunus leise.
Seraphia schluckte. »Ich weiß nicht, ob ich bereit bin, jetzt darüber zu reden.«
»Natürlich. Lassen wir das. Der Zeitpunkt wird sich von allein ergeben. Wir haben einen Haufen, ach, einen Berg von Problemen und soeben ist Charna zurückgekehrt.«
»Ich muss mit ihr sprechen!«
»Ich fürchte, das müssen alle anderen auch. Sie wird geradezu belagert. Keiner weiß so recht, was wirklich mit ihr geschehen ist«, sagte Faunus und blickte einen Moment in die Ferne. Er verlagerte sein Bewusstsein kurz in Charnas Gegenwart.
Seraphia fiel ein, was Faunus ihr vorhin erzählt hatte. »Ein Feuerdrache? Wahrhaftig?«
Faunus nickte. Seraphia setzte sich auf das Bett und lehnte sich an ihn. »Halt mich!«
Er legte einen Arm um sie. »Ruh dich noch etwas aus!«
Seraphia schüttelte den Kopf. »Ich habe lange genug geruht. Ich habe viele Fragen. Kabal wird bedroht, Faunus.«
»Die Maschinenwächter …«
»Nein, die meine ich nicht.«
»Was dann?«
»Cendrine und Thanasis müssen mehr darüber wissen. Wir müssen sie fragen! Der Angriff auf Kitaun bedroht auch Kabal.« Seraphia erhob sich. »Lass uns zu Thanasis gehen, er war auch auf Kitaun.«
Faunus sah sie besorgt an. »Sera, das ist Jahrhunderte her!«
Seraphia sah ihn verwirrt an und schüttelte den Kopf.
»Du musst dich erholen! Komm erstmal wieder zur Ruhe …«
»Schluss damit! Ich bin kein Kind mehr. Wir gehen sofort zu Thanasis und Charna. Es ist mir egal, wer sonst noch mit ihnen sprechen will, ich bin die Zeremonienmeisterin, verflucht nochmal.«
Seraphia gürtete ihre Robe fester und verließ das Zimmer. Faunus seufzte und eilte ihr hinterher.
Kapitel 7
Julana ließ den Rucksack sinken. Sie kniete sich an die Quelle und schöpfte das klare Wasser mit beiden Händen, trank in kleinen Schlücken davon. Sie befüllte anschließend ihre Flaschen und wunderte sich, wie in einem solch feuchten Land so wenig sauberes Wasser zu finden sein konnte. Die ungemütlichen Sümpfe des Sidaji-Reiches riefen ein starkes Gefühl des Heimwehs hervor. Sie vermisste die kalten Wasser der Fjorde, die klare Luft, die weite Sicht von den Bergrücken hoch im Norden der Frostreiche, wo Trauk lag, der Stammsitz ihrer Familie. Ein Ort, den sie womöglich nie wieder aufsuchen würde.
Sie erschlug eine Mücke und lachte freudlos.
Die sind genauso lästig wie daheim.
Sie legte ihre Kleidung ab und nutzte die Gelegenheit zu einer schnellen Körperwäsche. Der Kurakpor auf ihrem Bauch hatte ihren Genickbruch vollkommen verheilen lassen und seit gestern Morgen hatte sie keine Kopfschmerzen mehr verspürt. Ihre Stirnwunde war ebenfalls verheilt und nur der Hauch einer Narbe war zurückgeblieben. Auch sie würde verschwinden. Julana betrachtete den Parasiten mit gemischten Gefühlen. Sie hatte gelernt, das fremdartige Lebewesen als Teil ihres Körpers zu betrachten. Sie konnte jedoch nicht vergessen, mit welcher Grausamkeit und perversem Vergnügen Wira ihr dieses
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