Das Feuer Kabals
hinten?«
Sie nickte.
»Was enthält er?«
Charna legte die Hände auf die Augen und drehte ihren linken Fuß unruhig auf den Zehen. Ihre dünnen Knie schlackerten dabei. Sarinaca seufzte.
Ist sie noch zu jung? Nein. Ich kann nicht länger warten. Mit jedem Tag rückt mein Schicksal näher. Ich kann meine Tochter nicht unvorbereitet zurücklassen. Niemand sonst kann ihr diese Lektion erteilen.
Charna ließ ihre kleinen Hände auf ihren Augen ruhen und sprach. Sie warf bei jedem Wort den Kopf von links nach rechts. »In seinen Tiefen brennt ein Feuer. Ich kann es fühlen. Es ist sehr, sehr, sehr heiß!«
»Sehr gut! Jetzt halte die Augen geschlossen, strecke deine Hände aus - gut so! - und erfühle das Feuer. Hast du es?«
Charna nickte viele Male. Sie hatte aufgehört zu zappeln und schien konzentriert. »Ich halte es! Es brennt in meinen Händen!«
Wir befinden uns einen Fußmarsch von wenigstens einer Stunde entfernt von dem Reaktor. Ihre Fähigkeiten sind gut entwickelt. Ich sollte testen, wie gut.
»Nun lasse es langsam ausgehen!«
Charnas Stirn warf sich in viele kleine Falten. Ihre Hände zitterten und ihre Lippen bebten. »Ich kann nicht.«
»Ganz ruhig, Nana. Du schaffst das schon!«
»Es geht nicht!«
Ein gewaltiger Blitz blendete sie. Der Turm explodierte und eine Druckwelle breitete sich rasend schnell aus. Sarinaca erhob die Hand und stoppte den Vorgang. Innerhalb von wenigen Sekunden fiel die Druckwelle in sich zusammen.
Charna ließ den Kopf hängen. Sarinaca beugte sich zu ihr herab und küsste sie auf die Stirn. »Wir wiederholen das mein kleines Teufelchen! Jetzt essen wir - nur wir zwei!«
»Jaaa!«
Charna warf die Arme in die Luft und vergaß den Vorfall.
Sarinaca nicht.
Es war ihr letztes Mahl allein und das letzte Mal, dass sie ihre Tochter unterrichtete. In den folgenden Jahrzehnten wurde Charna schnell erwachsen. Meister ihrer Fächer lehrten sie und Cendrine nahm Charna mit ins Kloster der Flammengrube, wo sie auf ihre Rolle als Hohepriesterin vorbereitet wurde. Sarinaca kehrte immer seltener zurück nach Kabal - ihr fehlte die Zeit. Sie kämpfte an Ihadruns Seite gegen die Subrada, die Sektor für Sektor vordrangen und unaufhaltsam schienen.
Sie dachte mehr als einmal an die alten Reaktoren unter Kabal. Cendrine riet ihr, sie abzuschalten und so geschah es. Charnas Lektion musste warten, bis sie wieder Zeit dafür hatten.
Charna hob die Hände und erfühlte die unbändige Energie im Reaktor. Der Prozess der Umwandlung war außer Kontrolle geraten. Die Subrada-Spionin hatte ganze Arbeit geleistet.
Ich kann das nicht! Aber ich darf es nicht unversucht lassen, zu viele Leben hängen davon ab. Dies ist mein Fehler, ich hätte keinen neuen Reaktor errichten lassen sollen. Was habe ich mir nur dabei gedacht?
Mit einem Aufblitzen barst der Zylinder und Charna schrie auf. Sie spürte das Brennen der Energie auf der Haut. Die Strahlung fraß sich durch ihr Pentacut und ließ es zu Tropfen zerschmelzen, die in der Hitze verdampften. Die Blutrubine darin verpufften zu roten Staubwolken. Ihre Finger gingen in Flammen auf.
Sie schrie in Todesqual auf, ließ aber nicht von ihrem Bemühen ab, die Explosion zu bändigen.
Ich werde verbrennen.
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Kapitel 7
Kukulkan wurde von der Macht der Explosion zurückgeworfen, obwohl er sein Bestes gab, um die unkontrollierte Ausdehnung zu begrenzen. Ein weißglühendes Inferno verdampfte dennoch den Berg Idrak vor seinen Augen in einer leuchtenden Kugel, die sich unnatürlich langsam aufblähte. Myriaden von Balustraden, Statuen, Fresken und Reliefs, über tausende von Jahren von den besten Künstlern und Handwerkern Iidrashs erschaffen, vergingen in einem Lidschlag. Viele der Flugechsen und der Menschen auf ihren Rücken starben durch die Gewalt der Druckwelle, umhergeschleuderte Steinbrocken oder verbrannten in der Hitze zu Asche. Alles außerhalb seines Schutzschilds ging in einem Sekundenbruchteil in Flammen auf. Kukulkan sah auf die Tempelstraße hinab. Priesterinnen und Tempelwächter, Kinder, Frauen und Männer, die aus dem Tempel flüchteten, verbrannten in Sekunden zu nichts als Staub. Palmen und Büsche entlang der Tempelstraße, wo sich manch eine verzweifelte Hand festhielt, zerfielen zu Asche. Stelen mit heiligen Symbolen und Skulpturen von verstorbenen Meistern der Bildhauerei, so kunstvoll gearbeitet, dass sie unersetzbar waren, einfach alles im Tal wurden hinweggefegt wie Blätter im Wind. Flammen und Feuer waren
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