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Das Feuer Kabals

Das Feuer Kabals

Titel: Das Feuer Kabals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cahal Armstrong
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Mauern bedeckt. Levitation hatte sie nie beherrschen können (Luft war ihr schwächstes Element), aber sie konnte springen wie niemand sonst. Cendrine nahm Anlauf und sprang auf ein flaches Gebäude. Die Mauern wackelten und sie stieß sich auf das nächste Bauwerk ab, krallte sich mit stählernen Fingern in das Mauerwerk. Ihre Beinmuskeln warfen sie in die Luft. Das Gebäude hinter ihr, nur noch eine wackelige Ruine, stürzte zusammen. Sie überwand eine Strecke von hundert Schritt und erreichte eine Straße, die sich steil zwischen den Trümmern und Hauswänden hinaufwand. Sie stieß sich erneut ab und zerdrückte dabei das Straßenpflaster. Ihr Sprung brachte sie auf das Dach eines hohen Gebäudes mit einem umlaufenden Balkon, dessen Holzbalken löchrig und vermodert herabhingen. Der Dachstuhl war eingestürzt, doch auf der Ecke des Hauses fand sie Halt. Sie sah zum Orakel hinauf. Die Hälfte der Strecke hatte sie überwunden. Sie wählte drei Ruinen in der Nähe für eine rasche Sprungfolge aus und schnellte los. Der Balkon fiel vom Gebäude ab und schlug krachend auf das Straßenpflaster. Ihre nächsten Sprungpunkte suchte sie sich von der Luft aus und überwand mit zehn weiteren Sprüngen einen Höhenunterschied von zwanzig Schritt. Sie war in der Nähe des Orakels angelangt und entschied sich für einen zivilisierten Auftritt. Mit einem langen Satz sprang sie auf die Treppe, erklomm die letzten vierzig Stufen in gemäßigtem Tempo und erreichte den Orakelvorplatz.
    Die Säulen, schwarz glänzend, monumental und sehr hoch, bildeten einen Kreis vor dem Tempelgebäude. Der Tempel selbst war eine Pyramide aus demselben dunklen Material mit einem einzigen Eingang in Form einer flachen Ellipse. Die imposanten quadratischen Fliesen des Vorplatzes waren so weiß wie die Treppe. Die Schlichtheit der Architektur, das Fehlen überflüssigen Zierrates hatte Cendrine von jeher fasziniert. Keine Flechten, kein Schmutz fand hier einen Halt. Das Orakel wirkte, als wäre es soeben errichtet worden. Schönheitsfehler oder Makel beeinträchtigten seine Perfektion nicht.
    Sie überquerte den Orakelplatz. Thanasis und Mikar hatten den Lärm, den sie in Khuranc veranstaltet hatte sicher gehört. Mikar würde spüren, dass sie sich näherte. Inmitten des Säulenkreises hielt sie inne und drehte sich um. Sie konnte die nachtschwarzen Wogen des Meeres überblicken und den Himmel erkennen. Das Zodiakallicht verblasste allmählich und die Sterne traten deutlicher hervor. Obols Sichel schwebte mit den Spitzen nach unten genau zwischen den vordersten Pfeilern. Sie verharrte dort und hörte das Klappern der Hufe, auf das sie gewartet hatte. Sie spürte seine Gegenwart, so wie er ihre Nähe geahnt hatte. Heißer Atem aus einem mächtigen Körper fuhr in Cendrines Nacken und sie seufzte. Sie roch seinen Duft, betörend wie Moschus. Seine grauen Hände, riesig und stark, legten sich sanft wie die Meeresbrise auf ihre Schultern.
    »Cendrine.«
    »Mikar.«
    Cendrine umklammerte seine Hände und sie standen eine Weile einfach so da und starrten den Mond an.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Mikar.
    Cendrine biss sich auf die Lippen und nickte. Mikar schien damit nicht zufrieden zu sein, aber er schwieg, als ein Geräusch hinter ihnen erklang. Das ferne Klappern von Hufen löste sie voneinander. Der Rhythmus der Schritte war jedoch anders als bei Mikar. Zwei Hufe klangen nicht wie vier. Aus dem Schatten des Tempels löste sich eine mächtige und pechschwarze Silhouette. Hörner ragten aus einem Schädel, der auf einem breiten Nacken saß. Die Spitzen der Hörner waren nach unten geneigt. Der Schemen näherte sich.
    »Cendrine, es tut gut, dich zu sehen!«, grollte es aus den Tiefen einer eindrucksvollen Brust. Thanasis trug seinen roten Rock und die goldene Schärpe, die ihn als Herrn des Schwarzen Labyrinths auswiesen. Seine Haut war so schwarz, das schwache Sternenlicht vermochte sie nicht zu erhellen. Die roten Augen glitzerten jedoch lebendig und tief in einem Gesicht, das beinahe menschlich war, wären Nase und Kinn nicht gar so stattlich gewesen.
    »Thanasis. Es ist zu lange her! Obol zollt dir Respekt«, sagte sie und trat neben Mikar, dessen Kentaurenleib aufragte wie ein felsgrauer Berg aus Knochen und Muskeln.
    »Es ist mehr als das. Ich habe das Orakel vernommen. Die Welt wird sich wandeln. Meine Rolle als Herr des Labyrinths endet. Neue Aufgaben sind zu meistern.«
    Cendrine sah Mikar an und er streichelte ihr über die Wange, musterte

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