Das Feuer und die Rose
heute erlebt haben. Ich möchte, dass Sie in der heutigen Nacht und am kommenden Morgen über das Erlebte meditieren. Ich muss dasselbe tun.«
»Ja, Meisterin«, bestätigte Spock.
»Ich werde Sie dann am Nachmittag zu mir rufen«, sagte sie. »Jetzt kehren wir in den Altarraum zurück.«
Zusammen machten sie sich auf den Weg zurück zum Akrelt-Refugium. Währenddessen leuchteten die ersten Sterne am Himmel auf. Sie sprachen in dieser Nacht kein weiteres Wort und trennten sich kaum eine Stunde später vor dem Altar.
Zurück in seinem Zimmer entzündete Spock eine Kerze. Nachdem er sich aufs Bett gelegt hatte, presste er die Fingerspitzen aneinander. Vorsichtig holte er einige Ereignisse und Gefühle, die er heute erneut durchlebt hatte, in sein Bewusstsein zurück. Er dachte darüber nach, was er Meisterin T’Vora alles hatte offenbaren können. Dann wurde ihm plötzlich klar, wieso es ihm so leichtgefallen war, sich die vormals mühsam unterdrückten Emotionen wieder ins Gedächtnis zu rufen. Es lag daran, dass er sich nicht zum ersten Mal wieder an diese Gefühle erinnerte und sie durchlebte. Seit Jims Tod kam vieles davon in seinen Träumen vor.
SIEBZEHN
1930
»So hat sich die Geschichte nach McCoys Eingriff weiterentwickelt«, sagte Spock. Kirk saß neben ihm in der Mitte des Zimmers. Die beiden beugten sich über den Trikorder, der noch immer auf dem Nachttisch stand. Spock deutete auf den kleinen Bildschirm, auf dem eine Gruppe von Leuten zu sehen war. Die traditionellen Cable Cars im Hintergrund ließen vermuten, dass die Szene in San Francisco angesiedelt war; die Fahrzeuge fuhren dort auch im dreiundzwanzigsten Jahrhundert noch. »Hier, Ende der Dreißigerjahre entstand eine Pazifistenbewegung, was zur Folge hatte, dass sich die USA vorerst nicht am Zweiten Weltkrieg beteiligten.« Die Szene auf dem Bildschirm veränderte sich. Nun war ein großer, eleganter Raum zu sehen, in dem einige Männer offenbar debattierten. »Während die Friedensgespräche nur schleppend vorankamen, hatte Deutschland Zeit, seine Schwerwasserexperimente abzuschließen.«
»Deutschland«, wiederholte Kirk, der versuchte, sich an die Geschichte der Erde zu erinnern. Gleichzeitig vermied er jeden Gedanken an Edith. »Der Faschismus«, fuhr er fort. »Hitler.« Passend zu seinen Überlegungen, veränderte sich die Szenerie auf dem Bildschirm erneut. Nun waren Faschisten zu sehen … Nazis … die in großer Anzahl und salutierend durch die Straßen marschierten. Kirk hörte, wie jemand ihren Schlachtruf ausrief:
Sieg Heil! Sieg Heil! Sieg Heil!
Deutschland und Hitler … »Er gewann den Zweiten Weltkrieg«, schloss er.
»Nur weil die Deutschen es in dieser Zeitlinie als Erste schafften, die Atombombe zu entwickeln«, bestätigte Spock und deutete auf den Bildschirm.
Kirk atmete tief aus, als ihn die Erkenntnis traf.
Und Edith …
»Irrtum ausgeschlossen«, meinte Spock. »Ich spiele es noch mal ab.« Er betätigte einen Mechanismus am Trikorder, dann erschien ein weiterer Zeitungsartikel. Kirk las die Bildüberschrift: A NFÜHRERIN DER P AZIFISTEN SPRICHT IN A TLANTA . »Edith Keeler«, sagte Spock. »Gründerin einer Friedensbewegung.«
»Dann hatte sie also recht«, meinte Kirk und erinnerte sich an die jüngere Vergangenheit, die vielen Errungenschaften, die der Frieden der Menschheit nach dem Dritten Weltkrieg beschert hatte. »Frieden
war
der Weg.«
»Stimmt, sie hatte recht«, räumte Spock ein, »aber zur falschen Zeit.«
Kann es eine »falsche Zeit« für Frieden geben?
, überlegte Kirk, der die Antwort darauf aus eigener Erfahrung geben konnte. Frieden
war
der Weg, doch manchmal musste man als letzten Ausweg Gewalt anwenden.
»Mit seinen V2-Raketen«, fuhr Spock fort, »die mit Atombomben bestückt waren, eroberte Deutschland die ganze Welt.«
»Nein«, sagte Kirk. Die Qual in seiner Stimme war deutlich zu vernehmen. Würde Zefram Cochrane überhaupt geboren werden, wenn der Nationalsozialismus die Welt beherrschte? Und wenn dem so wäre, würde er dann immer noch den ersten Warpantrieb der Menschheit entwickeln? Gäbe es überhaupt einen ersten Kontakt mit den Vulkaniern? Würde es eine Föderation geben?
»All das nur«, erklärte Spock, »weil McCoy hierher kam und Edith Keeler vor einem tödlichen Verkehrsunfall bewahrte, der ihr eigentlich widerfahren wäre.«
Sie hätte sterben sollen
, dachte Kirk. Wie konnte das sein? Wie konnte es vorherbestimmt sein, dass eine so wundervolle, hinreißende Person
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