Das Feuer von Konstantinopel
von Flocke!“, sprach der Kardinal und deutete mit dem roten Finger auf Felix.
Der schwieg und ging einen Schritt auf den Mann zu.
„Nun, ich höre, du kleine Kröte! Oder hast du dir schon in die Hose gemacht?!“ Der Kardinal war sich nicht sicher, was der Junge genau im Schilde führte.
Auch Felix deutete mit dem Finger und forderte laut:
„Geben Sie Baptist frei!“
Der Kardinal riss seine Augen weit auf, dann lachte er wie der Teufel und Donner und Blitz fuhren auf die Erde nieder, als hätten sie sich mit ihm verbündet. Er schrie:
„Niemals! Niemals, du Narr! Niemals!“
Felix war nicht einzuschüchtern.
„Wenn Sie ihn freigeben, mache ich mit!“ Er hielt dem Kardinal die Zeitung mit der Schlagzeile über Das Feuer von Konstantinopel hin, die sogleich vom Regen durchnässt wurde.
„Sie kriegen den Rubin und ich kriege Baptist. Nur so wird es gehen!“
Langsam bewegte sich der Kardinal auf Felix zu. Der Junge hatte keine Angst. Er wusste, dass der Mann auf den Handel eingehen würde. Und so war es auch: Der Kardinal streckte ihm die Hand mit dem roten Handschuh entgegen. Für einen kurzen Moment zögerte Felix, dann schlug er ein.
„Wir sind Partner, Felix von Flocke. Du kannst ihn haben, sobald ich den Stein in meiner Hand halte. Wenn etwas schiefgeht, siehst du Baptist in deinem Leben nie wieder!“
„Wir sind Partner, Kardinal!“, gab Felix zurück und schüttelte die Hand mit dem roten Handschuh, während der Regen quer über den Kanal peitschte.
Otto Watzke quollen beinahe die Augen aus dem Kopf, als er sah, wie der Kardinal mit Felix an seiner Seite die ‘Neue Welt’ betrat. Was hatte das zu bedeuten?
„Der war eingesperrt, gefangen, ganz bestimmt...!“, wimmerte er.
Der Kardinal schob den Wirt wortkarg zur Seite.
„Keiner rührt ihn an!“, kommandierte er ohne eine weitere Erklärung.
Watzke verstand die Welt nicht mehr. Schwieg aber.
„Es läuft alles wie am Schnürchen“, sagte der Kardinal. „Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Der Plan vom Palast ist in der blauen Reisetasche, mit der Felix aus Konstantinopel gekommen ist.“
Watzke schreckte zusammen, wie ein Kaninchen vor der Schlange.
„Und wo ist diese verdammte Tasche jetzt? Ich hab’ sie nicht aus dem Haus geholt. Mir hat keiner was gesagt!“, jammerte er, pure Todesangst in der Stimme.
„Das ist wohl auch besser so. Stell’ dir vor, die Polizei hätte dich damit erwischt!“, antwortete der Kardinal und sah Watzke hämisch an. „Der Plan wäre weg. Alles umsonst. – Nein, mir kam eine viel bessere Idee. Ich brauchte einen Boten, der völlig unverdächtig ist. Niemand bringt ein Kinderfräulein in den Zusammenhang mit einen Juwelenraub... kapierst du jetzt?! Wir brauchen die Tasche nur noch in der Giraffe abholen und wir haben den Plan, in dem die Gänge und Zimmer und Türen und Fenster und Kamine des Schlosses feinsäuberlich aufgezeichnet sind.“
Watzke nickte gierig zu jedem Wort des Kardinals und grinste dabei, obwohl er nicht ganz verstand, was der wirklich meinte.
Unvermittelt packte der Kardinal mit seinem roten Handschuh Watzke am Kragen.
„Ein kleines Problem ist da dann aber doch aufgetaucht: Hast du die alte Dolly gesehen? Sie ist weg. Nicht, dass sie uns mit ihrem kranken Verstand einen Strich durch die Rechnung macht!“
Watzke zuckte mit seinen massigen Schultern. Aber so leicht ließ ihn der Kardinal nicht los.
„Vielleicht weiß Baptist etwas. Knöpf’ ihn dir vor. Der Bengel lügt uns schon wieder an. Erteil’ ihm eine Lektion!“, schnauzte der Kardinal den zitternden Watzke an. Dabei sah er zu Felix. Den wollte er mit seiner Drohung gegen Baptist aus der Reserve lockten. Und dieser Plan ging auch prompt auf.
„Halt!“, rief Felix. „Ich weiß wo Madame Dolly steckt!“ Baptist durfte auf keinen Fall etwas geschehen.
Der Kardinal ließ Watzke los und lächelte Felix an.
„Na dann mal los. Ich bin schon gespannt, was du uns zu erzählen hast!“
In einem alten Buchladen mitten in Konstantinopel war es, dort hatte der Kardinal unter Stapeln von Büchern und Schriften den Architekturplan des Kaiserlichen Schlosses in Berlin gefunden. Jedes Zimmer war genauestens eingezeichnet, jeder Gang, jede Türe und jedes Fenster, die Dicke der Mauern und die Höhe der Zimmerdecken. Mit diesem Plan war es ein Leichtes, sich in dem riesigen Gebäude zurechtzufinden. Ein gefährliches Stück Papier, wenn es in die falschen Hände geriet.
Der Ladenbesitzer, ein Christ
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