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Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingmar Gregorzewski
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hinauswarf! Ich sollte das Schloss für immer verlassen. Ich sollte verbannt werden. Vielleicht nach Afrika, vielleicht in die Südsee, was weiß ich? Aber ich würde dieses Schloss niemals verlassen. Solange ich lebe. Und weißt du auch warum?“
    Felix schüttelte den Kopf.
    „Es ist wegen dem Prinzen. Er ist krank. Jemand muss nach ihm sehen, wenn alle schlafen. Er ist mir so ans Herz gewachsen. Ohne ihn wäre mein Leben sinnlos. Und ich habe Angst um ihn.“
    Giacomo machte eine kleine Pause, die er mit einem großen Seufzer füllte. Dann sprach er weiter:
    „Diese geheimen Gänge sind längst vergessen. Niemand benützt sie mehr. Also habe ich mich hier eingerichtet. Des Nachts, wenn alles ruhig und verlassen ist, bade ich im Badeparadies. Bei Herrn de Carcanac schneide ich mir ab und an die Haare. In der Küche finden sich die herrlichsten Leckereien – bitte sage jetzt nichts, ich weiß, ich sollte endlich Diät halten. Tja, und bei den beiden Schneidern finde ich Kleidung. Ausruhen kann ich mich in richtigen Betten, davon gibt es genug im Schloss.“
    Giacomo sah sich vorsichtig um, als würde sie jemand belauschen. Er senkte seine ohnehin schon leise Stimme. „Finden die anderen am Tag meine Spuren, erzählen sie, es gäbe Geister im Schloss!“ Er lachte krächzend.
    „Eine tolle Sache!“, lobte Felix voller Anerkennung. „Aber warum wollen Sie mir helfen?“
    „Dio mio!“, sagte Giacomo und machte ein trauriges Gesicht. „Es ist diese wundervolle Geschichte von dem einäugigen Wolf. Du hast sie einmalig schön erzählt. Sie ist mir zu Herzen gegangen, wie nie etwas zuvor. Sie ist so wahrhaftig und voller Menschlichkeit... Wenn du wüsstest, was sonst in diesem Schloss geredet wird. Immer die gleiche Niedertracht... Milliarden von mehr oder weniger sinnlosen Worten! Der Prinz mag dich, er mag dich sehr. Also mag ich dich auch.“
    Plötzlich verstummte Esthers Geigenspiel. Felix erschrak.
    „Entschuldigung, aber ich...!“, druckste er herum.
    „Natürlich, Felix, du hast es eilig. – Also, wie kann ich dir helfen?“, fragte Giacomo voller Begeisterung.
    „Haben Sie Baptist irgendwo gesehen?“, fragte Felix zurück.
    Giacomo nahm seinen Hut und schwenkte ihn einmal in der Enge. Staub wirbelte auf.
    „Was für eine Frage? – Folge mir, Felix von Flocke, es ist mir eine Ehre, dir mein Reich zu zeigen. – Schön vorsichtig, immer leicht den Kopf geduckt halten... kann nichts schaden!“
    Felix’ Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit in den Mauern gewöhnt. Überall konnte er kleine schimmernde Lichtpunkte ausmachen. Denn aus den Zimmern hinter den Wänden drangen kleinste Lichtpartikel durch das Gemäuer, wie durch einen porösen Stoff. Zwar nicht viele, aber genug, um auf Felix wie ein funkelnder Sternenhimmel zu wirken.
    Voller Hoffnung folgte er dem bunten Harlekin, immer weiter hinein in das glänzende Firmament der Schlossmauern, wie ein Sternenfahrer.

 
    18 .
     
    Stell’ dir vor, du kommst noch einmal auf die Welt. In einer Nacht wie dieser wirst du noch einmal geboren. Stell’ dir vor, wie du zum ersten Mal auf die Menschen triffst, in der Dunkelheit unter dem Sternenzelt. Du erkennst die Güte und die Grausamkeit, die sie in ihren Herzen tragen, selbst wenn sie schlafen. Was mag dir erst der Tag bringen? Was passiert mit dir, wenn die Nacht vorbei ist? Du weißt noch nicht, dass, wenn du den Bosporus überqueren willst, du die eine Seite des Ufers verlassen musst. Der Abschied fällt schwer. Auch auf ihn triffst du zum ersten Mal. Er macht Angst. Aber mit der Angst kommt der Mut. Und wir alle brauchen Mut.
    Bald werde ich euch verlassen. Ich werde die Fähre wechseln. Denn mich zieht es wieder zurück auf die Seite des Bosporus, von der ich kam. Doch vorher sollt ihr wissen, wer ich bin. Ich will euch nicht länger im Ungewissen lassen. Seht mich genau an. Es gibt Reisende, die erschrecken vor mir. Wenn sie mich auf dem Schiff entdecken, flüstern sie, blicken weg. Sie fürchten, ich brächte der Überfahrt nichts als Unglück. Sie fürchten, ich könnte Stürme und Wolkenbrüche heraufbeschwören und Blitz und Donner würden sie treffen. Sie fürchten, ich könnte sie zur Hölle fahren lassen, mit herausgerissenem Herzen und ohne Augenlicht. Sie fürchten, ich könnte sie auf ewig verfluchen, tot umfallen lassen, auf immer von allen vergessen. Vielleicht fürchten sie, dass ich ihnen all das antue, weil ich erkenne, dass sie einen Freund betrogen, ihren Bruder ins

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