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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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l'instrument.«
    Nach der Vorstellung war ich in dem Bistro. Ich nahm mir nicht die Zeit mich hinzusetzen. Ich stand hinter der Glastür mit meinem Calvados und starrte auf die Bühnentür. Warum hatte ich damals nicht versucht, sie wiederzusehen? Ich wußte es nicht mehr. Es kam wohl anderes dazwischen. Draußen verhandelten die Huren des Quartiers in den abgedunkelten Straßen mit den wenigen zugelassenen abgeblendeten Fahrzeugen, die gespenstisch vorüberhuschten, mit den Landsern. Schrill drangen ihre Stimmen bis zu mir: »Komm deutscher Soldat, komm fick - fick ... Camerade gut Fick ...«
    Ich sah sie aus der Bühnenpforte kommen, über die Straße eilen ... ich trat aus der Tür des Bistros und stürzte ebenfalls auf die Straße. Wir trafen uns in der Mitte, genau vor dem Kühler eines kurz gebremsten Wehrmachtswagens, mit einem sächsisch schimpfenden Fahrer. »Du hältst die ganze deutsche Kriegsmaschinerie auf«, sagte ich. Wir gingen eng umschlungen zur Metrostation. Wir sprachen kaum, drückten uns nur aneinander. Man sprach damals nicht laut in der Metro. Sie hatte meine Rosen im Arm. Wir gingen zu ihr. Sie wohnte wie eine Pariserin wohnt, die nicht schlecht gestellt ist, aber auch nicht im Luxus lebt. Einige schöne Stilmöbel, die unvermeidliche Seidentapete, etwas verwohnt. Im Wohnzimmer ließ sie mich allein. Mein erster Blick suchte den Bücherbord. Wenn man einen Menschen nicht genau kennt, verrät, ja entlarvt ihn seine Lektüre. Proust, die »Recherche ...« Einige Sprachlexika (noch immer Sprachstudentin, Gilberte?). Ach ja, Vercors »Le silence de la mer« (ein Geheimdruck), Romane des Amstel- und Querido-Verlages... deutsche Emigrantenliteratur ... Aber hier: Hitlers »Mein Kampf« und Goebbels »Die Zeit ohne Beispiel« (Tarnobjekte?). Sie kam. Sie hatte nur einen Morgenrock an und bemühte sich gar nicht, ihn geschlossen zu halten. Sie war - bis auf die schwarzen Strümpfe - nackt. Nur der Hüftgürtel mit den Strumpfhaltern setzte seine beziehungsvollen Zeichen. Wir hielten uns nicht lange auf. Sie zog mich ins Schlafzimmer.
    Unbeschreibliche Liebesnächte sind immer unbeschreibbar. Nur soviel: Hier gab es kein erotisches Spiel, keine Lockung und Verführung sondern nur (nur?) leidenschaftlich angespannte Kraft. Auch die intimste Zärtlichkeit war nicht amourös. Alles Gefühl setzte sich unmittelbar in eine funktionsvolle Kinetik um, die atemberaubend war. Verlangen und Begierde wurden zu einem Motor, der mit höchster Tourenzahl lief. Kann eine klingende Stahlfeder erotisch vibrieren? Sie kann, Gilberte konnte. Der Trieb wurde zum Antrieb. Das war eine andere, eine ungewohnte Lust, fern von allen schwülstigen Lustvorstellungen, von Rausch und Benebelung, sachlich, aber nicht seelenlos, frei von kopflastiger Sentimentalität oder Gefühlsüberschwang. Es war Sexualität, aber saubere, chemisch gefilterte, tausendfach raffinierte Sexualität, die keines erotischen Gleitöles als Stimulanz bedurfte: eine Sexualität des zwanzigsten Jahrhunderts. Sie war wirklich ein Instrument, dessen Schönheit in dem Zwecke lag, für den es geschaffen war. Sie hatte recht, als sie sagte, sie sei eine professionelle Frau, ein Geschlechtswesen aus Beruf und Berufung.
    Zwischendurch kam Luftalarm. Ich fuhr hoch, aber sie zog mich wieder in sich. »Das gilt nicht uns«, flüsterte sie heiser, »das sind heute die Fabriken in Billancourt.« Sie biß sich auf die Lippen. Aber ich hatte nichts bemerkt. Zu dem Zeitpunkt jedenfalls nicht.
    Es gab wohldisponierte Pausen. Wir rauchten gemeinsam eine Zigarette.
    »Nun«, fragte ich, »hast du inzwischen einen echten Nazi kennengelernt?«
    »Doch, ja«, sagte sie leise, »es ließ sich leider nicht vermeiden.« »Sie blickte mich einen Augenblick forschend an. »Wir gastieren oft auf Fliegerhorsten, bei Kommandostellen, in Offizierskasinos ... aber sei beruhigt, man wird mir nicht den Kopf kahl scheren, wenn der Krieg einmal zu Ende ist, eher ...« Sie brach ab, begann aber sofort wieder in leichtem Tone zu sprechen. »Und deine Kleine, die hast du natürlich inzwischen doch gehabt. Was macht sie?«
    Ich erzählte ihr, daß sie zwar kein Star sei, aber als vielfach verwendbare Lustspielsoubrette Erfolg gehabt hätte. Jetzt ginge es ihr schlecht, sie habe große Schwierigkeiten.
    »Mit Goebbels?«
    »Auch mit Goebbels. Da soll eine Liebesgeschichte gewesen sein, mit einem Offizier, der wegen angeblichen Hochverrates verhaftet wurde. Sie soll ziemlich in der Tinte

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