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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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ich den Schlüssel umsteckte und abschloß, fest, wie selbstverständlich sie sich kurz im Raum umsah, Besitz von ihm nahm, sich mit einer verblüffenden Gelassenheit und Sachlichkeit entkleidete, ohne daraus eine pikante Schau zu machen. Ihre Disinvoltura ging so weit, daß sie sogar flüchtig das Bidet benützte, ohne Zweifel nur, um sich als Frau letzte Sicherheit zu verschaffen. Es war ernüchternd, hatte aber seinen Reiz, da es jeder schwülstigen und gemachten Erotik entriet. Sie sprach nun leicht, schnell, pausenlos, als fürchte sie zwischendurch aufkommende Vertraulichkeiten. Ja, das war es, sie schuf mit ihrem direkten Gebaren eine Art Distanz.
    »Monsieur, ich fürchte, ich habe Ihnen einen falschen Eindruck von mir vermittelt. Ich bin kein Engel, aber ich bin auch keine Hure. Ich bin eine selbständige Frau. Ich liebe Jobs, ausgefallene Jobs, und dieser ist, vraiment, ausgefallen. Ich bin als Double engagiert. Nicht ich prostituiere mich - wenn ich auch stellvertretend die Arbeit mache -, sondern Ihre angeblich so skrupelhafte kleine Schauspielerin. Sie ist feige, haßt Konsequenzen und wählte den bequemeren Weg, der den Vorzug der kitzelnden Frivolität hat. Sie wissen besser als ich, daß man ein Double für etwas engagiert, das für den Star zu gefährlich ist und ein Risiko einschließt - oder wofür er nicht befähigt ist. Ich bin stolz darauf, ein Profi zu sein, o nein, nicht wie Sie denken - ich bin gerne und leidenschaftlich Frau, Frau von Beruf und ich mag Männer. - Als artistisches Double, wenn man es so nennen will, als weiblicher Stuntman, ist es mein Ehrgeiz/gute Arbeit zu leisten. Sie sollen gute Arbeit bekommen - ich will ehrlich erbringen, was man von mir erwartet, ›allez hop‹ und ›Voilà‹, den dreifachen Salto kann man nicht mit verblasenen Gefühlen machen. - Warum lachen Sie?«
    »Weil Ihre Geschäftstüchtigkeit, Gilberte, aufs Haar der burlesken Szene Ihres Programmes im ›Tabarin‹ entspricht, in der man die Liebespaare aller Nationalitäten vor, bei und nach dem Akt parodiert: die eilige Französin, vite, vite, rasch aus den Kleidern, das geflügelhafte faire l'amour, das rasche Anziehen, das flinke ›merci, mon p'titchou, au revoin. - Müßten Sie mir nicht die deutsche Frau vorspielen, die stramm steht und meldet: ›Gebärfreudige Frau zum Beischlaf angetreten, Heil Hitler?‹ Nein, diese Rolle paßt nicht zu Ihnen.«
    Sie war einen Moment konsterniert und verzog ihr Gesicht zu einem schmalen Lächeln. Sie war bis auf die langen Strümpfe entkleidet und wollte sie gerade ausziehen. »Nein, behalten Sie sie an - und legen Sie auch den Hüftgürtel wieder an. Sie sind dann noch erregender«, bat ich und hatte einen trockenen Hals.
    »Sieh da, ihr Deutschen - ihr könnt eure entschwundene Marlene nicht vergessen, und da sagt ihr, wir Franzosen seien dekadent und degeneriert.« Sie stand vor mir, aufreizend in der Pose des »Blauen Engels«. Dann warf sie sich plötzlich auf das Bett, öffnete leicht die Schenkel und sagte fast lautlos: »Alors, Monsieur, faites votre jeu ...« -
    Aber als ich mich ihr näherte, drehte sie den Kopf zur Seite. Ich setzte mich an den Rand des Bettes.
    »Warum spielen Sie diese Rolle, Gilberte«, sagte ich behutsam. »Sie glauben doch nur, sie spielen zu können. Haben Sie im Ernst gedacht, ich würde diese hirnverbrannte, billige Gelegenheit wahrnehmen? Hielten Sie mich wirklich für so primitiv? Das alles, was Sie hier aufgeführt haben, sind Sie doch gar nicht. Es war bemühtes, aber durchschaubares Theater.« Sie antwortete nicht. »Sie sind sehr schön, Gilberte, das wissen Sie natürlich selbst - aber für mich auf eine ganz besondere Weise schön - schöne Frauen gehören zu meinem Beruf und ich verstehe etwas davon ...« Sie wandte mir ihren Rücken zu, der leicht zu zucken begann.
    »Ich habe noch nie einen weiblichen Körper gesehen, der ein so vollkommenes Kunstwerk ist, ein so funktionsgerechtes Instrument, wie der Ihre ... Die Italiener aus Cremona haben so etwas geschaffen mit ihren Meistergeigen, und die Venezianer mit ihren Gondulas ... die vollendete Ästhetik der zweckgebundenen Form ... Ihr schöner Rücken ist wie der Kiel einer Liebesbarke ...«Ich fuhr zart über den hinreißenden Bogen ihres Rückgrats. »Und Ihr sanftgewölbter Bauch ist wie der Schallraum einer kostbaren Amati. Es muß herrlich sein, dieses Instrument, dessen einziger Schmuck die Schönheit des Zweckes ist, für den es geschaffen wurde, zum Klingen

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