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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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zu bringen ...«ich brach recht schroff ab und ärgerte mich über mich selbst, »ich will Ihrer Schönheit - obwohl sie es verdiente - hier keinen Psalm singen, wie König David der seiner Buhle. Ich bedauere die fatalen Umstände unter denen ich Sie hier treffen mußte ... aber ich bin trotzdem froh, Sie hier gesehen zu haben. Vorhin beschimpfte ich mich selbst wegen meiner unverbesserlichen Neugier auf Menschen -ein Erb-Laster meines Berufes -, das mich diese ... diese Verabredung einhalten ließ ... Auch ich bin kein Engel, Gilberte, aber daß Sie mich für einen Boche hielten ...«
    Sie umklammerte meine Hand. »Sie leben in diesem erwachten Deutschland ... erwacht aus Musik und Dichtung und Humanität ...?
    »Ich bin dort höchstens noch geduldet.«
    »Sie sind Nationalsozialist?«
    »Wo denken Sie hin. Ehemaliger Kulturbolschewist, wenn Sie verstehen, was Adolf damit meint. Vom staatlichen Theater gefeuert ... in den Unterhaltungsfilm emigriert. Aber dann hatte ich das Pech, daß meinem Führer ein harmlos romantisch-ironisches Filmchen höchst mißfiel, es wurde verboten und ich zum Dialogregisseur degradiert. Es hätte schlimmer kommen können ... einflußreiche Freunde setzten sich für mich ein, und so bin ich hier ... nein, ich bin kein. Nationalsozialist ...«
    Das Spurenelement eines spöttischen Lächelns kam in ihre Mundwinkel. »Ich möchte endlich einen echten Nazi kennenlernen, aber anscheinend existieren diese nur in den Wochenschauen, da aber in Massen. Offenbar hat die Ufa eine zahlreiche bezahlte Komparserie. - Erzählen Sie mir von meinem persönlichen Freund Goebbels.«
    »Wie, Sie kennen ihn?«
    »Nur flüchtig. Mein Vater gehörte zur Besatzungsarmee 1923 im Ruhrgebiet. Ich war damals ein kleines Kind und ging mit meinen Eltern spazieren. Ein junger Student wollte meinem Vater wohl ins Gesicht spucken - er hinkte und traf schlecht... nur mein Gesicht. Er wurde verhaftet und wieder freigelassen ... ich werde sein haßverzehrtes Gesicht nie vergessen ...«
    Sie lag da, rank und schlank wie eine kühle Venus von Giorgone - allerdings mit Seidenstrümpfen und Hüftgürtel. Ich sagte es ihr. Sie lächelte. Ihre Tränen waren versiegt. Sie hatte einen Mund, der zu allem bereit schien.
    »Sie können mich jetzt haben, Monsieur«, sagte sie leise.
    »Nein, Gilberte«, sagte ich, »ich finde, wir sollten nicht die Fantasien Ihrer Auftraggeber so pflichtgemäß ausführen wie Regimentsbefehle, auch, wenn es mir verdammt schwer fällt ... ich mag Sie, Gilberte, sehr sogar, und gerade deswegen ... lassen Sie uns als Freunde auseinandergehen und nicht als saturiertes Liebespaar nach einer mehr als zufälligen Seance ...«
    Sie schnurrte wie eine Katze.
    »Ihr Deutschen seid komische Heilige ... erst wollt Ihr immer alles haben - selbst den Himmel - und wenn Ihr einen kleinen Himmel haben könnt, dann wird alles ins Transzendente, ins Metaphysische entrückt... Richard Wagner ... Erlösungszauber und Liebesverzicht... Aber vielleicht hat Parsival recht, wenn er die sündige Kundry zurückweist... Embrasse moi, mon ami.«
    Wir küßten uns lange, und ich merkte, worauf ich verzichtete. Ich riß mich los. »Gilberte, Sie müssen ins Theater! Sie müssen fort, bevor ich mich einen verfluchten Narren nenne.« Sie sah mich lange an und verschwand danach schnell ins Bad. Es dauerte einige Zeit, bis sie angekleidet und zurechtgemacht wieder zurückkam. Sie warf sich an meine Brust.
    »Ich habe versagt - als Frau - und dabei kam ich mit den besten Vorsätzen her ... ich wollte wirklich eine gute Geliebte sein ...« sie strich an meinen Hüften entlang. »Ich habe jämmerlich versagt.« Ich bewies ihr durch eine Geste das Gegenteil. Mein Verlangen hatte an Spannung nichts eingebüßt.
    »Ich danke Ihnen, mon ami - nein, begleiten Sie mich nicht, ich nehme ein Taxi ...« Sie war an der Tür und drehte sich noch einmal um. »Ich habe ein schlechtes Gewissen - das Geld kann ich Ihrem Paar leider nicht zurückgeben, ich habe es nicht mehr.« Ich winkte ärgerlich ab. Aber immer noch zögerte sie, zu gehen.
    »Das Leben ist ein seltsamer Handel: da spuckt ein Herr Goebbels ein kleines Mädchen an ... Sie schicken ihm sein Protektionskind zurück, verpflichten sich eine kleine Ostpreußin, deren Freund kauft Ihnen das Mädchen, das eine Frau geworden ist - und einer von Goebbels armen Emigranten bekommt dadurch den fehlenden Rest für seine Schiffspassage nach Amerika. Das nennt man Kettenreaktion. Das Leben ist

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